Religiöse Friedenswahrung und Friedensstiftung in Europa (1500-1800): Digitale Quellenedition frühneuzeitlicher Religionsfrieden

Kuttenberger Religionsfrieden (1485) - Einleitung


Einleitung

Kuttenberger Religionsfrieden (1485) - Einleitung
Bearbeitet von Alexandra Schäfer-Griebel unter Mitwirkung von Tomáš Havelka (Kollation und Übersetzung) und Jana Kocková (Übersetzung)

Historischer Kontext

Die politisch-religiöse Ausgangslage in Böhmen um 1400

Das Königreich Böhmen gehörte zum Länderverband der Böhmischen Krone, zu der auch die Markgrafschaft Mähren, die Grafschaft Glatz sowie das Herzogtum Schlesien und die Markgrafschaften Niederlausitz und Oberlausitz zählten. Die einzelnen Länder verfügten über selbständige Regierungsorgane und waren über Lehnsbeziehungen an den Herrscher gebunden.1

Im ausgehenden 14. Jahrhundert formierte sich eine kirchen- und gesellschaftskritische Reformbewegung in Böhmen. Teile des Klerus, der Prager Universität sowie des Adels, der Stadträte, der Landesbeamten und Mitglieder des Kronrats kritisierten, unter Berufung auf den englischen Reformer John Wyclif, insbesondere die sittlich-moralische Situation in der Kirche und ihren umfangreichen Grundbesitz in Böhmen.2 Auf dem Konstanzer Konzil (1414-1418) stand auch diese, als Häresie gebrandmarkte böhmische Bewegung zur Debatte. Der Prager Prediger Jan Hus, auf dessen Gedanken die böhmische Reformbewegung im Wesentlichen fußte, und dessen Kritik am päpstlichen Primat und Forderung des Laienkelches auf scharfe kirchliche Opposition traf, wurde nach Konstanz vorgeladen, 1415 auf dem Konzil als Ketzer verurteilt und dann verbrannt.3
Nach dem Konstanzer Konzil verbreitete sich die hussitische Bewegung in Böhmen. 1420 einigten sich die Vertreter der Bewegung auf ein Programm, die vier Prager Artikel: In ihnen wurden die Freiheit reformorientierter Predigt, der Laienkelch, die Besitzlosigkeit und der Verzicht auf weltliche Herrschaftsrechte des Klerus sowie die Bestrafung von öffentlichen Todsünden gefordert.4 Trotz dieser gemeinsamen Grundlage blieb die böhmische Reformbewegung vielgestaltig: Neben den Utraquisten, die vor allem eine Abendmahlspraxis unter beiderlei Gestalt (sub utraque), d.h. mit Brot und Wein, verlangten, standen radikalere Strömungen, die weitergehende Reformen einforderten, wie die Taboriten.5 Diese beriefen sich auf das biblische Schriftprinzip, lehnten Priesteramt, liturgische Gewänder und Zeremonien ab, reduzierten die Zahl der Sakramente und pflegten in den Anfangsjahren eine apokalyptische Naherwartung. Die 1457 ebenfalls aus der hussitischen Bewegung hervorgehenden Böhmischen bzw. Mährischen Brüder hatten mit ihnen viele Reformansätze gemeinsam.6
Ab Mitte der 1430er Jahre konsolidierte sich der Utraquismus als gemäßigte Strömung,7 die nur durch die Forderung nach dem Laienkelch mit der römischen Kirche im Konflikt stand.8 Für sie wurde der Kelch zum zentralen Symbol; man nannte sie deshalb auch Kalixtiner (lat. calix: Kelch).9

Kämpfe um religiöse und politische Dominanz

Die römische Kirche unter Papst Martin V. trat der Verbreitung der hussitischen Bewegung in Böhmen nach der Verbrennung von Jan Hus mit Bann und Interdikt entgegen. Der böhmische König Wenzel begann ab 1418 in Prag und den königlichen Städten verschärft gegen die neue Abendmahlspraxis und die Priester, welche die Kommunion in beiden Gestalten spendeten, vorzugehen.10 Die Verteidigung des Laienkelchs einte die hussitische Bewegung bei aller inneren Unterschiedlichkeit. Zudem war ihnen gemeinsam, dass sie nach dem Tod des böhmischen Königs Wenzel 1419 den Habsburger Sigismund als Nachfolger nicht annehmen wollten, weil man ihm wegen seines gebrochenen Geleitversprechens gegenüber Hus beim Konstanzer Konzil eine Mitschuld an dessen Tod gab und weil Sigismund strikt die Kelchforderung ablehnte.11
Die folgenden sog. Hussitenkriege (1419-1436) zwischen hussitisch gesinnten Interessengruppen und der altgläubigen Seite unter Führung von Sigismund begannen mit einem Aufstand in Prag 1419. Letztlich konnte sich aber keine Seite militärisch durchsetzen.12 Daher wurden Verhandlungen angestrebt; das in Basel tagende Konzil (1431-1449) sollte die Vermittlung übernehmen. Vertreter des Basler Konzils handelten mit einer böhmisch-mährischen Delegation, bestehend unter anderem aus Vertretern der Stadt Prag, der Taboriten und des Adels, die sog. Basler Kompaktaten (1433) aus. Papst Eugen IV. war an deren Zustandekommen nicht beteiligt.13 In diesen Verträgen wurden hinsichtlich der Forderungen, die in den vier Prager Artikeln niedergelegt waren, nur wenige Zugeständnisse gemacht, aber die Kommunion unter beiderlei Gestalt zugelassen. Für die Utraquisten lag die Bedeutung der Basler Kompaktaten in ihrer Interpretation als offizielle Anerkennung des Utraquismus durch die römische Kirche.14 Die Bestätigung der Basler Kompaktaten durch König Sigismund und ihre Konkretisierung erfolgte in den Iglauer Kompaktaten (1436), welche ein Majestätsbrief Sigismunds ergänzte.15 Die römische Kurie verweigerte jedoch die Bestätigung der Kompaktaten.16

In der zweiten Phase der Hussitenkriege (1466-1478) verband sich der Streit um die unterschiedliche Abendmahlspraxis mit der Konkurrenz verschiedener Dynastien um die Böhmische Krone und dem Konflikt um den Einfluss der Stände. Der Utraquist Georg von Podiebrad, der seit 1458 als böhmischer König regierte, wurde von den Päpsten Pius II. und Paul II. mit dem Kirchenbann belegt. Podiebrad stützte sich auf die Mehrheit der Ritter und Städte, welche für die Abendmahlspraxis sub utraque eintraten, aber sah sich einer hochadligen Opposition der böhmischen Barone gegenüber, die in ihrer Mehrheit der Abendmahlspraxis sub una specie, d.h. ohne die Austeilung des Kelchs, anhingen. Podiebrads Nachfolger ab 1471, Vladislav Jagellonský, hing zwar selbst dem alten Glauben an, konnte aber zunächst nicht die Anerkennung des Papstes und des böhmischen Hochadels erlangen. Dieser unterstützte den ungarischen König Matthias Corvinus als Kandidaten für die böhmische Krone (1469 Wahl zum König von Böhmen).17
Im Frieden von Buda und Olmütz (1478/1479) wurde der Konflikt beigelegt, Vladislav als Herrscher in Böhmen und Matthias Corvinus in den anderen zur Böhmischen Krone gehörenden Gebieten bestätigt.18 Nach dem Friedensschluss stützte sich Vladislav, der den Ausgleich mit dem Papst suchte, auf den zuvor oppositionellen, mehrheitlich altgläubigen Hochadel, der wieder integriert werden sollte. Die Utraquisten wurden in der Folge immer mehr zurückgedrängt. König Vladislav setzte romfreundliche Amtsträger ein, utraquistische Prediger wurden behindert und Pfarreien zur alten Abendmahlspraxis zurückgeführt.19 Zudem herrschte bei den Utraquisten Priestermangel, weil das Erzbistum Prag vakant war und die italienischen Bischöfe, die zur Weihe der utraquistischen Priester bereit waren, von Rom daran gehindert wurden.20
Im August 1478 beschlossen die utraquistischen Stände auf einer Synode im Prager Collegium Carolinum verschiedene Maßnahmen, um ihre Interessen zu wahren: ein ständeübergreifendes Bündnis, die Wiederbesetzung des vakanten Prager Erzbistums und die Erarbeitetung einer Kirchenverfassung.21 In der Folge wurden wechselnde ständeübergreifende Bündnisse als Druckmittel gegenüber dem König eingesetzt, um Behinderungen der Abendmahlspraxis sub utraque und Festnahmen von Utraquisten entgegenzutreten, aber auch, um die Freiheiten von Rittern und Städten gegenüber den Herren zu sichern.22 Am 25. Juli 1482 nahmen fast alle utraquistischen Stände in Nimburg den italienischen Titularbischof Augustino Luciano von Santorin als neues geistliches Oberhaupt an.23

Auf dem Weg zum Kuttenberger Religionsfrieden

Dem Kuttenberger Religionsfrieden gingen verschiedene Regelungsversuche voraus: Im September 1479 wurden auf dem Sankt-Wenzels-Landtag in Prag die Barone wieder als Ständemitglieder und königliche Untertanen aufgenommen. Die Gültigkeit der Basler Kompaktaten wurde bestätigt und mit der Forderung verbunden, Schmähungen oder Gewalt gegenüber der jeweils anderen Religion nicht zuzulassen.24 Im Juli 1481 wurden auf dem Sankt-Jakobs-Landtag in Prag bereits zahlreiche Regelungen gegenseitiger Anerkennung schriftlich fixiert: etwa, dass die Untertanen die Gemeinde, in der sie die Kommunion empfangen wollten, selbst frei wählen dürften, dass die Priester den Gläubigen die Sakramente nach deren Brauch spenden sollten, dass Anhängern einer abweichenden Abendmahlspraxis nicht das Begräbnis verweigert werden dürfe, dass Behinderungen der Gläubigen durch Geistlichkeit oder Obrigkeit nicht zulässig seien, dass Schmähungen unterlassen werden sollten und die vertriebenen Priester in ihre früheren Pfarreien zurückkehren dürften. Allerdings wurden die Bestimmungen vielfach nicht in die Praxis umgesetzt.25
Bei der Zusammenkunft der utraquistischen Ständevertreter in Schlan im Oktober 1482 gelang es dem Oberkanzler Johann von Schellenberg im Namen von König Vladislav, eine Delegation wählen zu lassen, die mit einer Abordnung der Anhänger der Abendmahlspraxis sub una über einen Religionsfrieden verhandeln sollte.26 Fünf Herren, vier Ritter und ein Städtevertreter wurden von Seiten der Utraquisten bestimmt. Sie führten mit einer Abordnung aus fünf Herren und fünf Rittern der altgläubigen Seite in Prag Präliminarverhandlungen für einen künftigen Religionsfrieden (13.-17. Januar 1483).27 Während von Seiten der Utraquisten seit den Verhandlungen 1482 eine unbefristete Lösung präferiert wurde, schlugen die Vertreter der Gegenseite eine Befristung auf acht Jahre vor, da sie nicht bereit waren, einen unbefristeten Vertrag ohne Zustimmung der römischen Kurie einzugehen.28 Doch die Verhandlungen über den Religionsfrieden scheiterten vorläufig.

Ein religiös motivierter Aufstand in Prag kam hinzu: Am 24. September 1483 erhoben sich die drei Prager Städte, die Altstadt, die Neustadt und die Kleinseite,29 gegen ihre Ratsherren und setzten eine neue Stadtregierung ein. Während des Aufstands wurden auch Klöster gestürmt und Mönche sowie Prediger, welche die Abendmahlspraxis sub una vertraten, vertrieben.30 Prag schloss sich nun dem ständeübergreifenden oppositionellen Bündnis an (November 1483).31 Erst im September 1484 einigten sich der König und die Prager Städte auf einen Vertrag, der allerdings nicht überliefert ist.32 Vladislav II. scheint darin die politischen Ergebnisse des Prager Aufstands weitgehend akzeptiert zu haben.33 Mit dem Prager Aufstand war endgültig klar geworden, dass die Anhänger der Abendmahlspraxis sub una sich nicht gegen die Utraquisten, die als ständeübergreifendes Bündnis agierten, würden durchsetzen können.34

Der böhmische Adel und König Vladislav ergriffen nach 1483 größere Initiativen, um zwischen beiden Seiten Frieden zu stiften.35 Auf dem Landtag in Prag in der zweiten Jahreshälfte 1484 schlossen die Ständevertreter einen Religionsfrieden, der auf 32 Jahre befristet war. Der Religionsfrieden stützte sich auf die Kompaktaten, einschließlich des Vertrags mit Kaiser Sigismund, und auf den Beschluss des Sankt-Jakobs-Landtags von 1481, der die Abendmahlspraxis in den Pfarrkirchen geregelt und auch bereits die freie Wahl der Abendmahlspraxis durch die einzelnen Untertanen festgelegt hatte. Zur Durchsetzung der Bestimmungen wurde ein königliches Schiedsgericht mit paritätischer Besetzung eingerichtet.36 Der ausgehandelte Religionsfrieden sollte auf dem kommenden Landtag in Kuttenberg bekräftigt werden, und die in Prag Abwesenden sollten diesem beitreten.37

Verabschiedung und Geltung des Kuttenberger Religionsfriedens

Kuttenberg war nach Prag nicht nur die bedeutendste Stadt in Böhmen und zeitweilige Residenzstadt König Vladislavs, sondern auch ein ruhiger Veranstaltungsort für den Landtag, da die Stadt sich nach einer kurzen Rebellion im Anschluss an den Prager Aufstand schnell wieder König Vladislav unterworfen hatte.38 Auf dem Landtag, der vom 13. bis 20. März 1485 in der Pfarrkirche St. Jakob tagte, nahmen die böhmischen Stände den auf dem Prager Landtag verhandelten Religionsfrieden mit einer Laufzeit von 31 Jahren an und beschlossen dessen Ausfertigung.39 Die ursprünglich avisierte Geltungsdauer von 32 Jahren hatte sich daraus ergeben, dass bei der Sitzung in Prag 1483 noch eine Befristung auf acht Jahre festgesetzt und diese im späten September 1484 auf das vierfache verlängert worden war. Diese Frist wurde dann um ein Jahr verkürzt, denn auf der Sitzung im März 1485 berief man sich darauf, dass bereits im September 1484 das erste Geltungsjahr der Regelung angelaufen sei.40
Über den Ablauf der Verhandlungen und die einzelnen Teilnehmer ist wenig bekannt, da von der Sitzung in Kuttenberg außer dem Landtagsbeschluss selbst keine Quelle erhalten ist.41 Der Friedenstext legt die Annahme nahe, dass zunächst König Vladislav II. die Bestimmungen präsentierte, über die zuvor eine Übereinkunft erzielt worden war; dazu gehörten die Laufzeit des Religionsfriedens und die Stellung zu den Kompaktaten, bevor die anwesenden Stände dann über den Religionsfrieden entschieden.42
Die im Anschluss ausgefertigten Urkunden wichen in einigen Punkten von den vorherigen Beratungen ab.43 Insbesondere wurde das Anliegen der Anhänger der communio sub una, beim Papst für eine Bestätigung der Kompaktaten einzutreten, in den ausgefertigten Urkunden nicht mehr erwähnt.44 Die Utraquisten hielten eine Bestätigung der Kompaktaten durch den Papst für unnötig, weil diese bereits durch ihrer Ansicht nach höherstehende Autoritäten, nämlich das Basler Konzil und Kaiser Sigismund abgeschlossen und bekräftigt worden seien.45
Der Religionsfrieden bezog sowohl die Anhänger der römischen Kirche als auch die Utraquisten ein. Die Ständevertreter sicherten sich gegenseitig zu, beide Arten, das Abendmahl zu feiern, anzuerkennen.46 Bestandsveränderungen in den Gemeinden wurden ausgeschlossen,47 den Untertanen aber zugesichert, dass sie eine Gemeinde wählen dürften, in der sie das Abendmahl ihrer Überzeugung gemäß empfangen wollten.48 Die Anerkennung der Autorität des Landrechts, die Beendigung der utraquistischen Sonderbünde und die vorläufige Aufteilung der zwischen Herren und Rittern umkämpften Landesbeamten- und Beisitzerstellen am Landgericht schufen in Kuttenberg den politischen Rahmen für die Regelung des religiösen Zusammenlebens.49

Die Brüderunität50, deren Reformbestrebungen über die Abendmahlspraxis der Utraquisten hinausreichten, waren nicht in den Schutz des Kuttenberger Religionsfriedens eingeschlossen. Die Böhmischen Brüder bemühten sich jedoch um die Anerkennung ihrer Glaubensgemeinschaft. Man sah deshalb eine Disputation vor, die die Brüder sowohl mit utraquistischen Magistern als auch Magistern der römischen Kirche führen sollten, aber sie wurde immer wieder verschoben und kam letztlich nicht zustande.51 Die Verfolgungen, die schon mit der Formierung der Brüderunität in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts begonnen hatten, setzten sich auch nach dem Religionsfrieden von 1485 fort.52

Annahme, Umsetzung und Rezeption des Kuttenberger Religionsfriedens

Nach der offiziellen Ausfertigung auf dem Pfingstquatember-Landtag (22. Mai 1485) in Prag verpflichteten sich alle Stände und die beiden Seiten, sowohl die utraquistisch gesinnte als auch die altgläubige,53 den Kuttenberger Religionsfrieden als Bestandteil des Landtagsbeschlusses einzuhalten. Dies wurde am Sankt-Wenzelstag (28. September 1485) rechtskräftig.54 Alle Stände hatten die Abschrift zu unterzeichnen, welche die eine Seite der anderen sodann gesiegelt und mit beigefügten Bestätigungsurkunden aushändigte.55 Zuwiderhandlungen und Überschreitungen sollte der König gemeinsam mit einem paritätisch besetzten Ausschuss von zwölf Räten ahnden.56 Die Herren und Ritter, die nicht persönlich in Prag einen Schwur zur Einhaltung des Friedens gegenüber dem König geleistet hatten, mussten dies innerhalb eines Monats nachholen.57

Zwar waren im Kuttenberger Religionsfrieden die Anhänger der Abendmahlspraxis sub una und die Utraquisten als gleichberechtigt und rechtlich gleichgestellt anerkannt worden, doch wurde nach 1485 ein Teil der religionspolitischen Auseinandersetzung im politischen und wirtschaftlichen Machtkonflikt zwischen Vladislav II. und den Ständen sowie den Ständen untereinander fortgeführt.58 Nichtsdestoweniger bestätigte der Landtag im Jahr 1497 nochmals den Kuttenberger Religionsfrieden.59 Obwohl das böhmische Recht seit dem 15. Jahrhundert eine Aufnahme der Landtagsbeschlüsse in die Landtafeln vorsah, erfolgte erst 1501 die Registrierung. Gedruckt wurde der Friedenstext sogar erst 1513 im Rahmen einer Sammlung von Landtagsabschieden, nachdem der Prager Landtag am 28. April 1512 die ewige Geltung des Kuttenberger Religionsfriedens, noch bevor dessen Befristung abgelaufen war, beschlossen hatte.60
Mit der Aufspaltung des Utraquismus um 1500 in die an Rom orientierten Alt-Utraquisten und die Neu-Utraquisten, welche sich später dem Einfluss der Wittenberger Reformation öffneten, veränderte sich die religiöse Gemengelage in Böhmen aufs Neue. Hierzu trat noch der Einfluss Calvins.61 1575 einigten sich die reformatorischen Gruppen auf ein gemeinsames Bekenntnis (Confessio Bohemica), das an der Confessio Augustana von 1530 orientiert war und dabei zugleich die Kontinuität zu den Utraquisten herausstellen und die Böhmischen Brüder einschließen sollte. Auf Grundlage der Confessio Bohemica sicherte Rudolf II. 1609 in einem Majestätsbrief den Protestanten in Böhmen die freie Religionsausübung zu.62 Obgleich der Kuttenberger Religionsfrieden nicht mehr die religionspolitischen Verhältnisse widerspiegelte,63 wurde seine ewige Gültigkeit noch in allen Landesordnungen bis 1627 weiter bekräftigt.64

Unterzeichner und Unterhändler

Unterzeichner

König Vladislav II. auf beiden Urkunden; alle Fürsten, Herren, Ritter und königlichen Städte, die einer der beiden Seiten anhingen, auf der Urkunde, die der jeweils anderen Seite ausgehändigt wurde.
Für diejenigen, die der Abendmahlspraxis sub una anhingen, im Druck namentlich benannt: die Fürsten von Münsterberg, Heinrich der Ältere und Heinrich der Jüngere, sowie Wok von Rosenberg.

Unterhändler

Nicht namentlich bekannt.

Inhalt

Der Kuttenberger Religionsfrieden wurde als Teil des Landtagsabschieds von 1485 beschlossen. Der Friedenstext besteht aus drei Teilen. Im ersten Teil werden die Beschlüsse der Generalständeversammlung über die Artikel des Religionsfriedens festgehalten. Der zweite Teil besteht aus jeweils einer Urkunde, welche zur Aushändigung an die jeweils andere Seite bestimmt war. Im dritten Teil erfolgt nach der offiziellen Ausfertigung der Urkunden des Religionsfriedens die Verpflichtung der Stände und beider Seiten auf das Landrecht, das den Rahmen für den Religionsfrieden vorgibt.

Im genannten ersten Teil erklärt König Vladislav auf dem Kuttenberger Landtag (13.-20. März 1485) einleitend, dass er zum Lob Gottes und für den gemeinen Nutzen auf der Generalversammlung der Fürsten, Herren, Ritter und Städte in Kuttenberg den dann folgenden Religionsfrieden geschlossen hat.
In der Frage der Kommunion unter einer oder beiderlei Gestalt sollen jegliche Schmähungen und Unterdrückungen untersagt sein. Die Fürsten, Herren, Ritter und Städte dürfen ihre Untertanen, die auf andere Weise als sie selbst die Kommunion zu empfangen pflegen, nicht belästigen oder behindern; ebenso wenig dürfen sie Priester beim Spenden der Kommunion oder bei der Predigt behelligen. Beides soll frei sein. Hierauf sollen sich beide Seiten bei Unkündbarkeit dieser Vereinbarung für 31 Jahre verpflichten.
Des Weiteren bleiben die Basler Kompaktaten in Geltung. Beide Seiten haben das Recht, sich an den Papst zu wenden, um eine unbegrenzte Gültigkeit dieser auf dem Konzil geschlossenen Vereinbarung zu erreichen. Auch der König will sich für eine Entscheidung des Heiligen Vaters einsetzen, die den Frieden unter den Untertanen ermöglicht. Damit die Anordnungen eines früheren Vertrags65 nun umgesetzt werden, werden die folgenden Bestimmungen fixiert. Die Anerkennung des Religionsfriedens hat bis zum Pfingstquatember-Landtag (22. Mai 1485) durch beide Seiten zu erfolgen.
Bezüglich des Vertrags zwischen der Stadt Prag und dem König, der nach dem Prager Aufstand 1483 geschlossen wurde, soll bis zum Sankt-Wenzelstag (28. September 1485) durch die Fürsten, Ritter und Städte, welche die Kommunion unter einer Gestalt zu empfangen pflegen, über eine Wiedergutmachung66 verhandelt werden.
In zwei Urkunden wird die Verpflichtung von Fürsten, Rittern und Städten zur Einhaltung des Religionsfriedens auf 31 Jahre festgehalten, wovon beide Seiten eine schriftliche Ausfertigung am Pfingstquatember-Landtag (22. Mai 1485) erhalten. Bis dahin versprechen beide Seiten gegenüber dem König, den Frieden einzuhalten.

Der zweite Teil, der die Friedensartikel als ausgefertigte Urkunden enthält, beginnt mit einem Rückblick auf den Streit um die Abendmahlspraxis. Wegen des Streits sei eine Generalversammlung einberufen worden, um die Kontroversen zu schlichten. Dies geschehe unter Rückgriff auf die Kompaktaten (1433/1436). Im Anschluss daran erklären Herren, Ritter und Städte beider Seiten, diese Schlichtung für 31 Jahre ab dem Datum der Urkunde einzuhalten, woran weder der Tod eines der Unterzeichner noch irgendein anderer Grund etwas ändern soll.
Jeder darf seinem Glauben und seiner Abendmahlspraxis entsprechend allein dem eigenen Gewissen folgend, das Sakrament empfangen, ob in Städten, Kleinstädten oder allen anderen Orten. Die Priester sollen das Abendmahl nach der in der jeweiligen Pfarrei herrschenden Gewohnheit austeilen und neue Priester, der bestehenden Abendmahlspraxis entsprechend, in den Gemeinden eingesetzt werden. Weder dürfen die Priester Zwang ausüben oder schmähen, noch selbst in Fragen der Kommunion und der Predigt behindert oder belästigt werden. Die Obrigkeit soll in ihrem jetzigen und künftigen Besitz keinerlei Zwang ausüben. Untertanen, welche einer anderen Abendmahlspraxis anhängen als in der jeweiligen Gemeinde praktiziert wird, dürfen wählen, wo sie das Abendmahl empfangen möchten.
Bis zum Sankt-Wenzelstag (28. September 1485) soll der bereits geschlossene Vertrag zwischen beiden Seiten vollständig umgesetzt werden. Was Prag angeht, belässt man es bei dem Status quo67, den der Vertrag des Königs mit den Prager Städten etabliert hat, damit dort ein Vergleich ausgehandelt werden kann. Sollte kein Ausgleich erzielt werden, behalten die Vertreter der Abendmahlspraxis sub una sich vor, nach eigenem Ermessen zu verhandeln.
Es folgt die Strafklausel. Die Stände (Fürsten, Herren, Ritter und Städte) verpflichten sich selbst und für ihre Familienverbände und Nachkommen durch Unterschrift und Siegel gegenüber dem König und seinen Nachfolgern auf den Frieden und sichern die Verteidigung dieses Religionsfriedens zu. Alle, die nicht vor Ort unterschrieben haben, sollen der Niederschrift Bestätigungsurkunden beifügen. Eine Verweigerung der Anerkennung oder der Bruch des Friedens werden durch den König und einen Rat, der sich aus Vertretern beider Seiten zusammensetzt, geahndet. Wer keine Wiedergutmachung für die Verletzung des Religionsfriedens leistet, wird als Störer des gemeinen Nutzens aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Die Gültigkeit der Regelung bestätigt König Vladislav durch Unterschrift und Siegel.

Im dritten Teil folgt auf dem Prager Landtag (22. Mai 1485) nach der offiziellen Ausfertigung des Religionsfriedens die Verpflichtung auf das Landrecht. Die Fürsten, Herren und Ritter beider Seiten sollen persönlich dem König mit Handschlag einen Eid auf die Einhaltung und Verteidigung des Landrechts und der Beschlüsse des Adelsgerichts leisten. Sollten sie nicht in Prag zur Bestätigung des Friedens präsent gewesen sein, soll die Eidesleistung binnen vier Wochen nach Versammlung des Gerichts in Prag erfolgen. Andernfalls wird der König gemeinsam mit allen Ständen den Verstoß ahnden. Den Eid haben auch die Bürgermeister und Schöffen aus Prag sowie die sonstigen Städtevertreter zu schwören.
Beide Seiten verpflichten sich, keine Schmähungen und Unterdrückungen in Glaubensfragen und anderen Dingen zu dulden und Verstöße zu bestrafen. In Religionsangelegenheiten soll das althergebrachte Recht, dem der Betroffene unterliegt, angewendet werden. Alle Beschlüsse der Stände müssen, um Rechtsgültigkeit zu haben, durch den König während der Tagungsperiode des Landgerichts begutachtet werden. Den Vertrag mit den Pragern soll der König aber unverändert belassen.

Überlieferung und Textvorlage

Handschriften

  • 1) Prag, Bibliothek des Nationalmuseums, Sign. I A 1, fol. 299r–302v [Talmberg Manuskript] [Digitalisat].
  • 2) Křivoklát, Fürstenberg Bibliothek, Sign. I d 13, fol. 245r–253r [Fürstenberg Manuskript].
  • 3) Prag, Bibliothek der Kreuzritter, Sign. XXII A1 und XXII A2, S. 310–318 [Old Czech Chronicles (Staré letopisy české, Křižovnický rukopis)].
  • 4) Prag, Nationalbibliothek der Tschechischen Republik, Sign. XVII A 16, fol. 102r–111r [Memoiren von Jan Jiří Račovský, handschriftliche Kopie aus dem frühen 17. Jahrhundert].

Druck

  • Toto na ſniemu obecznėm králem geho miłoſti, in:
    Przedmłuwa z kterëž ſe pokłādā· yak ſú przyſſła
    Compaktata: a ktery geſt gich vžytek·
    68
    Prag: Severýn z Kapí Hory, Pavel 1513, 110 S., 8°, fol. F7v-G5r (Knihopis Nr. 1578).
    Benutztes Exemplar: Wien, Österreichische Nationalbibliothek, Sign. 1010-B.

Textvorlage

Der Edition liegt der oben genannte Druck des Religionsfriedens als Teil der Landtagsabschiede zugrunde. In diesem Druck gehen dem Text des Kuttenberger Religionsfriedens 92 Textseiten voraus; der Religionsfrieden, der keinen eigenen Titel trägt, ist auf Blatt F7v-G5r abgedruckt.
Der Druck wurde mit den maßgeblichen Editionen des Kuttenberger Religionsfriedens von František Palacký auf Basis des Talmberg und Fürstenberg Manuskripts kollationiert. Die im textkritischen Apparat verzeichneten Lesarten der Edition auf der Basis des Talmberg Manuskripts wurden zusätzlich mit der online zugänglichen Handschrift abgeglichen und Abweichungen vermerkt.
Die letzten fünf edierten Artikel sind nur im Fürstenberg Manuskript enthalten. Daher wurde für die abschließenden Artikel Handschrift 2 der Edition zugrundegelegt. Abweichungen in der Edition des Fürstenberg Manuskripts von František Palacký wurden im textkritischen Apparat vermerkt.

Literatur

Editionen

  • 1) Šimek, František / Kanák, Miloslav (Hg.), Staré letopisy české z rukopisu Křižovnického, Prag 1959, S. 295-300.
  • 2) Zápis sněmu Kutnohorského o pokoji a swobodě náboženstwí w Čechách. Na Hoře Kutné, 1485, 13. Mart. (Z rkp. Talmb. f. 299), in: Palacký, František (Hg.), Archiv český, Bd. 4, Prag 1846, S. 512–516, B. IX., Nr. 28 [= Talmb.] [Digitalisat].
  • 3) Zápis Kutnohorského sněmu o pokoji a swobodě náboženstwí, též o zřizeni a zasedáni zemského saudu a jiných nařizenich. Na Horách Kutnách, 13-20 Mart. 1485. (Z rkp. Fürstenb. w Praze.), in: Palacký, František (Hg.), Archiv český, Bd. 5, Prag 1862, S. 418-427, Nr. 31 [= Fürstenb.] [Digitalisat].

Forschungsliteratur (Auswahl)

  • Eberhard, Winfried, Der Kuttenberger Religionsfriede (1485), in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellońskiego. Prace Historcyczne 199 (1992), S. 101-118.
  • Eberhard, Winfried, Konfessionsbildung und Stände in Böhmen 1478-1530, München 1981, bes. S. 56-60.
  • Eberhard, Winfried, Zu den politischen und ideologischen Bedingungen öffentlicher Toleranz. Der Kuttenberger Religionsfrieden 1485, in: Studia Germano-Polonica 1 (1992), S. 101-118.
  • Just, Jiří, Der Kuttenberger Religionsfrieden von 1485, aus dem Tschech. übers. von Martin Rothkegel, in: Bahlcke, Joachim / Rohdewald, Stefan / Wünsch, Thomas (Hg.), Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, Berlin 2013, S. 838–850.
  • Palacký, František, Geschichte von Böhmen. Größtentheils nach Urkunden und Handschriften, Bd. 5: Das Zeitalter der Jagelloniden, Abt. 1: König Wladislaw II: von 1471-1500, Neudr. d. Ausg. 1844-1867, o.O. 1968, bes. S. 272-275.
  • Tomek, Václav Vladivoj, Dějepis města Prahy, Bd. 10, Prag 1894, bes. S. 69-75.
Vollständige Bibliographie
  • Bahlcke, Joachim, Geschichte Tschechiens. Vom Mittelalter bis zur Gegenwart, München 2014.
  • Benrath, Gustav Adolf (Hg.), Wegbereiter der Reformation, Bremen 1967 (KlProt 1).
  • Eberhard, Winfried, Der Kuttenberger Religionsfriede (1485), in: Zeszyty Naukowe Uniwersytetu Jagiellońskiego. Prace Historcyczne 199 (1992), S. 101-118.
  • Eberhard, Winfried, Konfessionsbildung und Stände in Böhmen 1478-1530, München 1981.
  • Eberhard, Winfried, Zu den politischen und ideologischen Bedingungen öffentlicher Toleranz. Der Kuttenberger Religionsfrieden 1485, in: Studia Germano-Polonica 1 (1992), S. 101-118.
  • Gill, Joseph, Konstanz und Basel-Florenz, Mainz 1967 (GÖK 9).
  • Heymann, Frederick G., The Hussite-Utraquist Church in the Fifteenth and Sixteenth Century, in: ARG 52,1/2 (1961), S. 1-16.
  • Hoensch, Jörg K., Geschichte Böhmens. Von der slavischen Landnahme bis zur Gegenwart, 3., aktual. u. erg. Aufl., München 1997.
  • Hrdlička, Josef, Religiöse (In-)Toleranz im Spannungsfeld zwischen Obrigkeit, Kirche und Untertan. Eine Fallstudie zum frühneuzeitlichen Böhmen, in: Hüchtker, Dietlind / Kleinmann, Yvonne / Thomsen, Martina (Hg.), Reden und Schweigen über religiöse Differenz. Tolerieren in epochenübergreifender Perspektive, Göttingen 2013, S. 209-235.
  • Just, Jiří (Hg.), Rothkegel, Martin, Confessio Bohemica, 1575 / 1609, in: Mühling, Andreas / Opitz, Peter (Hg.), Reformierte Bekenntnisschriften, Bd. 3,1: 1570-1599, Neukirchen-Vluyn 2012, S. 47-176.
  • Just, Jiří, Der Kuttenberger Religionsfrieden von 1485, aus dem Tschech. übers. von Martin Rothkegel, in: Bahlcke, Joachim / Rohdewald, Stefan / Wünsch, Thomas (Hg.), Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, Berlin 2013, S. 838–850.
  • Just, Jiří, Jan Hus, in: Bahlcke, Joachim / Rohdewald, Stefan / Wünsch, Thomas (Hg.), Religiöse Erinnerungsorte in Ostmitteleuropa. Konstitution und Konkurrenz im nationen- und epochenübergreifenden Zugriff, Berlin 2013, S. 637-648.
  • Krzenck, Franz, Hussiten, in: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Version vom 22.08.2013 [Online].
  • Macek, Josef, Víra a zbožnost jagellonského věku. Každodenní život, Bd. 9, Prag 2001.
  • Machilek, Franz, Böhmische Brüder (Böhmische Brüderunität), in: Krause, Gerhard / Müller, Gerhard (Hg.), TRE, Bd. 7, Berlin / New York 1981, S. 1-8.
  • Machilek, Franz, Hus / Hussiten, in: Müller, Gerhard u.a. (Hg.), TRE, Bd. 15, Berlin / New York 1986, S. 710-735.
  • Molnár, Amedeo, Der Hussitismus als christliche Reformbewegung, in: Seibt, Ferdinand (Hg.), Bohemia Sacra, Düsseldorf 1974, S. 92-109.
  • Palacký, František (Hg.), Archiv český, Bd. 3, Prag 1844.
  • Palacký, František (Hg.), Archiv český, Bd. 4, Prag 1846.
  • Palacký, František (Hg.), Archiv český, Bd. 5, Prag 1862.
  • Palacký, František, Geschichte von Böhmen. Größtentheils nach Urkunden und Handschriften, Bd. 5: Das Zeitalter der Jagelloniden, Abt. 1: König Wladislaw II: von 1471-1500, Neudr. d. Ausg. 1844-1867, o.O. 1968.
  • Peterka, Otto, Rechtsgeschichte der Böhmischen Länder in ihren Grundzügen dargestellt, Neudr. d. Ausg. 1928-1933, Aalen 1965.
  • Pánek, Jaroslav, The question of tolerance in Bohemia and Moravia in the age of the Reformation, in: Grell, Ole Peter / Scribner, Bob (Hg.), Tolerance and intolerance in the European Reformation, Cambridge 2002, S. 231-248.
  • Rhode, Gotthold, Böhmen von Georg Podiebrad bis zur Wahl und »Annahme« Ferdinands als König (1458-1526), in: Schieder, Theodor (Hg.), HEG, Bd. 3, Stuttgart 1971, S. 1118-1134.
  • Seibt, Ferdinand, Die hussitische Revolution als europäisches Modell, in: Šmahel, František (Hg.), Jan Hus und die Hussiten in europäischen Aspekten, Trier 1987 (Schriften aus dem Karl-Marx-Haus, Trier 36), S. 29-41.
  • Seibt, Ferdinand u.a. (Hg.), Europa im Hoch- und Spätmittelalter, Stuttgart 1987 (HEG 2).
  • Tomek, Václav Vladivoj, Dějepis města Prahy, Bd. 10, Prag 1894.
  • Wüst, Marcus, Utraquisten, in: Online-Lexikon zur Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa, Version vom 30.10.2014 [Online].
  • Zeman, J.K., The Rise of Religious Liberty in the Czech Reformation, in: Central European History 6 (1973), S. 128-147.
  • Šimek, František / Kanák, Miloslav (Hg.), Staré letopisy české z rukopisu Křižovnického, Prag 1959.
  • Šmahel, František, Die »große« Geschichte kleiner Völker. Die hussitische Revolution in drei Akten, in: Bahlcke, Joachim (Hg.), Konfessionelle Pluralität als Herausforderung. Koexistenz und Konflikt in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Leipzig 2006, S. 183-200.
  • Šmahel, František, Pax externa et interna. Vom Heiligen Krieg zur erzwungenen Toleranz im hussitischen Böhmen (1419-1485), in: Patschovsky, Alexander / Zimmermann, Harald (Hg.), Toleranz im Mittelalter, Sigmaringen 1998 (VKAMAG 45), S. 221-273.
  • Šmahel, František, Pražské povstání 1483, in: Pražský sborník historický 19 (1986), S. 35-102.

Fußnoten

1 Vgl. Seibt u.a., Europa, S. 509-511.
2 Vgl. Molnár, Hussitismus, S. 92-95.
3 Vgl. Just, Jan Hus, S. 639f.
4 Vgl. Zeman, Rise, S. 132f.; Pánek, Question, S. 232. Auszüge in deutscher Übersetzung: Benrath (Hg.), Wegbereiter, S. (367)368-371.
5 Vgl. Krzenck, Hussiten. Für einen Überblick zu den verschiedenen Strömungen in der Reformbewegung vgl. Heymann, Hussite-Utraquist Church, S. 2-4.
7 Vgl. Wüst, Utraquisten. Nach den Basler Kompaktaten vereinten sich altgläubige und utraquistische Adlige gegen radikalere Strömungen wie die Taboriten. In der Schlacht bei Lipany 1434 setzte sich die gemäßigte Strömung durch (vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 148).
12 Vgl. Šmahel, Geschichte, S. 187; Just, Jan Hus, S. 640; Bahlcke, Geschichte Tschechiens, S. 36f. Die Versuche, den deutschen Einfluss in Böhmen zurückzudrängen, waren Teil des Konflikts (vgl. Peterka, Rechtsgeschichte, T. 2, S. 47f.). Hierzu auch bereits das königliche Kuttenberger Dekret von 1409, das das Verhältnis der nationes an der Prager Universität grundlegend veränderte, vgl. Bahlcke, Geschichte Tschechiens, S. 34.
13 Vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 148. Text der Basler Kompaktaten in Palacký (Hg.), Archiv český 3, S. 398-412, Nr. 4 [Digitalisat]. Die Basler Kompaktaten in deutscher Übersetzung: Gill, Konstanz, S. 400-404, Nr. 16.
15 Text der Iglauer Kompaktaten in Palacký (Hg.), Archiv český 3, S. 442-444, Nr. 18 [Digitalisat]. Text des Majestätsbriefs von Sigismund ebd., S. 427-431, Nr. 12 [Digitalisat].
17 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 46f.; Eberhard, Bedingungen, S. 108f., 112; Bahlcke, Geschichte Tschechiens, S. 39. Zur europäischen Dimension des Konflikts vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 164.
18 Vgl. Šmahel, Pax, S. 270; Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 842. Beim Tod eines der beiden Könige sollten die Länder der Böhmischen Krone unter dem anderen noch lebenden König wieder vereinigt werden (vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 164).
19 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 47f.; Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 165; Heymann, Hussite-Utraquist Church, S. 5f., 8. Vladislav bemühte sich in Rom um seine Anerkennung als böhmischer König, erreichte sie aber erst 1487 durch Innozenz VIII. (vgl. Rhode, Böhmen, S. 1126). Die Barone, die der Abendmahlspraxis sub una anhingen, besetzten in ihren wiedererlangten Grundherrschaften als Inhaber des Patronatsrechts die Pfarrstellen mit Geistlichen ihrer eigenen Überzeugung (vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 47f.).
21 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 49f.; Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 839. Ein Konsistorium aus acht Priestern und vier Laien unter Führung des Administrators Václav Koranda wurde als geistliche Kirchenleitung eingesetzt sowie drei Adlige, zu denen drei weitere Barone kamen, als ständische Kirchenleitung bestimmt (vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 50).
23 Vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 244; Eberhard, Konfessionsbildung, S. 52. Die gegenüber Vladislav loyalen Prager Städte und Kuttenberg verweigerten dem Bischof die Zustimmung (vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 244).
24 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 47, 50. Auch im Herrschaftsbereich von Matthias I. wurden die Kompaktaten bestätigt sowie weitere Bestimmungen zur religiösen Koexistenz auf Landesebene getroffen (vgl. Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 842).
25 Vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 233f.; Eberhard, Konfessionsbildung, S. 51f.; Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 839f. Abdruck des Landtagsbeschlusses vom Juli 1481 in Palacký (Hg.), Archiv český 4, S. 504f., Nr. 25 [Digitalisat].
27 Vgl. Macek, Víra, S. 393; Palacký, Geschichte 5,1, S. 246f.
29 Prag bestand bis 1784 aus vier rechtlich selbständigen Städten, der Altstadt, Neustadt, Kleinseite und dem Hradschin (d.h. der Burgstadt), die auch jeweils über eine eigene städtische Verwaltung verfügten.
32 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 55; Palacký, Geschichte 5,1, S. 265. Just setzte den Friedensschluss bereits auf September 1483 an (vgl. Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 840).
33 Vgl. Eberhard, Bedingungen, S. 114; Palacký, Geschichte 5,1, S. 264f. Die Forderungen der Prager sind abgedruckt in Palacký (Hg.), Archiv český 4, S. 506-508, Nr. 26 [Digitalisat]. Einige Regelungen blieben einem nicht näher bezeichneten Gremium überlassen, worauf der Kuttenberger Religionsfrieden zurückkam (vgl. den Text des Kuttenberger Religionsfriedens).
38 Vgl. Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 840. Zum Aufstand vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 256f., 259.
40 Vgl. Macek, Víra, S. 396; Palacký, Geschichte 5,1, S. 273, Anm. 209.
41 Vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 273f.; Šmahel, Pax, S. 271.
42 Vgl. Šmahel, Pax, S. 271.
50 Die Böhmischen Brüder wurden 1457/1458 in Ostböhmen gegründet, formierten sich rund um den Eremiten Petr Chelčický, bestimmten ihre eigenen Priester und lehnten jegliche säkulare Kontrolle ab. Über die Frage der apostolischen Sukzession der Priester erfolgte 1468 der Bruch mit den Utraquisten (vgl. Zeman, Rise, S. 139; Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 165). Für einen Überblick über die Entwicklung der Böhmischen Brüder vgl. Machilek, Böhmische Brüder.
52 Vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 57f.; Šmahel, Pax, S. 272. Insbesondere mit der Erneuerung des Ketzerdekrets 1461 und dem Sankt-Jakobs-Mandat Vladislavs II. von 1508 waren die Böhmischen Brüder Verfolgungen ausgesetzt. Sie wurden jedoch von einigen der Grundherren, ob Utraquisten oder Altgläubige, protegiert und vor Verfolgung in Schutz genommen (vgl. Eberhard, Bedingungen, S. 117; Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 165; Zeman, Rise, S. 139).
53 Die Stände dominierten die beiden vertragsschließenden Seiten, machten sie aber nicht zur Gänze aus. Der Klerus war in Böhmen seit der »Hussitischen Revolution« nicht mehr als Stand auf dem Landtag vertreten (vgl. Seibt, Revolution, S. 33; Bahlcke, Geschichte Tschechiens, S. 38).
56 Vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 166; Rhode, Böhmen, S. 1126. Laut Palacký umfasste der Ausschuss insgesamt 24 Mitglieder (vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 273). Über die konkrete Umsetzung der Bestimmungen in den adligen Grundherrschaften sowie den Adelsherrschaft unterstehenden Städten ist bislang wenig bekannt (vgl. Hrdlička, (In-)Toleranz, S. 216).
58 In der Landesverwaltung und am Hof bauten die Herren, welche der Abendmahlspraxis sub una anhingen, ihre Machtstellung aus, wobei ihre außenpolitischen Kontakte, ihre wirtschaftlich potente Stellung und die mit König Vladislav II. geteilten religiösen Interessen ihren Aufstieg beförderten. Neben den an den Rand gedrängten anderen Adligen, die sich nun verstärkt in den utraquistischen Ständebündnissen engagierten, wurden auch die utraquistischen Städte als politische und wirtschaftliche Konkurrenz in ihrem Einfluss zu beschränken versucht. Nach 1485 widmeten sich zudem die Herren verstärkt dem Ausbau ihrer Grundherrschaften, wobei sie das Prinzip der Vereinheitlichung auch auf die religiöse Frage ausdehnten. Es sollte verhindert werden, dass sich die Untertanen durch die Möglichkeit der freien Wahl der Pfarrkirchen von der Grundherrschaft entfremdeten (vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 56f., 59f.). Die zumindest vorübergehende Befriedung im Inneren ermöglichte Vladislav II. sich im Konflikt zwischen Kaiser und Ungarn zu positionieren: Im September 1486 wurde über Koalitionspläne zwischen Matthias und Vladislav mit Frankreich, Polen und den oberitalienischen Städten gegen Kaiser Friedrich III. in Iglau beraten. 1490 wurden mit dem Tod von Matthias die böhmischen Länder unter Vladislav vereint, der zudem als König von Ungarn gewählt wurde und danach kaum noch in Prag residierte (vgl. Hoensch, Geschichte Böhmens, S. 169f.).
60 Vgl. Just, Kuttenberger Religionsfrieden, S. 843; Palacký, Geschichte 5,1, S. 273, Anm. 209; Zeman, Rise, S. 138. Zu den Unruhen, die der Erneuerung und Verewigung des Kuttenberger Religionsfriedens 1512 vorausgingen vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 78-102.
61 Vgl. Just (Hg.) u.a., Confessio Bohemica, S. 50, 55. Ausführlich zur Reformation in Böhmen vgl. Eberhard, Konfessionsbildung, S. 121-261.
64 Vgl. Palacký, Geschichte 5,1, S. 273, Anm. 209.
65 Vermutlich ist der auf dem Sankt-Jakobs-Landtags 1481 geschlossene Friedensvertrag gemeint (vgl. Anm. # im Text des Kuttenberger Religionsfriedens).
66 Vermutlich geht es hier um die Restitution für die Anhänger der Abendmahlspraxis sub una, die während des Prager Aufstands 1483 die Stadt hatten verlassen müssen. Ihre Güter waren von den Aufständischen eingezogen worden. Der Friedensvertrag der drei Prager Städte (Altstadt, Neustadt und Kleinseite) mit König Vladislav aus dem Jahr 1484 sah die Rückkehr der Ausgewiesenen und Geflohenen vor. Da sich das Vertragsdokument nicht erhalten hat, ist unklar, welche genauen Bestimmungen getroffen wurden.
67 Hier ist wohl die Koexistenz der Anhänger der Abendmahlspraxis sub utraque und der Praxis sub una, die mit dem Friedensvertrag 1484 wieder in den Prager Städten zugelassen wurde, gemeint.
68 Einheitssachtitel auf fol. A2r. Moderne Übersetzung: Vorwort, in dem erklärt wird, wie die Kompaktaten entstanden sind und welchen Nutzen sie haben.
John Wyclif
Anm.: Englischer Theologe, Kirchenreformer
weiterführende Informationen
Jan Hus
Anm.: Tschechischer Theologe
weiterführende Informationen
Martin V., Papst
Anm.: Oddo Colonna
weiterführende Informationen
Wenzel IV. Böhmen , König
Anm.: Römisch-deutscher König
weiterführende Informationen
Sigismund, Kaiser
Anm.: Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, Böhmischer König.
weiterführende Informationen
Eugen IV., Papst
Anm.: Condulmer, Gabriele
weiterführende Informationen
Georg Böhmen , König
Anm.: Georg von Podiebrad
weiterführende Informationen
Pius II., Papst
Anm.: Piccolomini, Enea Silvio de
weiterführende Informationen
Paul II., Papst
Anm.: Pietro Barbo
weiterführende Informationen
Vladislav II. Böhmen , König
Anm.: Vladislav Jagellonský
weiterführende Informationen
Matthias I. Ungarn , König
Anm.: Matthias Corvinus
weiterführende Informationen
Sixtus IV., Papst
Anm.: Della Rovere, Francesco
weiterführende Informationen
Innozenz VIII., Papst
Anm.: Cibo, Giovanni Battista
weiterführende Informationen
Václav Koranda
Anm.: Administrator der utraquistischen Kirche in Böhmen
Augustino Luciano de Bessariis,
Anm.: Titularbischof Augustin Lucian von Santorin; Weihbischof für die Utraquisten in Prag (1482-1493)
Johann (Jan) Schellenberg (Šelenberka), Freiherr
Anm.: Böhmischer Kanzler
Petr Chelčický
Anm.: Böhmischer Theologe
weiterführende Informationen
Friedrich III., Kaiser
Anm.: Kaiser des Heiligen Römischen Reichs
weiterführende Informationen
Jean Calvin
Anm.: Reformator
weiterführende Informationen
Rudolf II., Kaiser
Anm.: Kaiser des Heiligen Römischen Reichs.
weiterführende Informationen
Heinrich Münsterberg (Minstrberka) , Herzog
Anm.: Heinrich der Ältere (Jindřich starší)
weiterführende Informationen
Heinrich Münsterberg (Minstrberka) , Herzog
Anm.: Heinrich der Jüngere (Jindřich mladší); Heinrich von Podiebrad (Hynek z Poděbrad)
weiterführende Informationen
Wok II. (Vok II.) Rosenberg (Rožmberka)
Anm.: Landeshauptmann von Böhmen
Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
weiterführende Informationen
Santorini, Bistum
Münsterberg, Herzogtum
weiterführende Informationen
Mähren, Markgrafschaft
weiterführende Informationen
Ober- und Niederschlesien, Herzogtum
weiterführende Informationen
Niederlausitz, Markgrafschaft
weiterführende Informationen
Oberlausitz, Markgrafschaft
weiterführende Informationen
Lipany (Heute Ortsteil der Gemeinde Vitice)
weiterführende Informationen
Kuttenberg (Kutná Hora)
weiterführende Informationen
Frankreich, Königreich
weiterführende Informationen