- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Die verfassungsrechtliche Ausgangslage
- 1.2 Der Religionskonflikt in der Schweiz
- 1.3 Der Ausbruch des ersten Kappeler Krieges
- 1.4 Die Friedensverhandlungen
- 1.5 Rezeption und Bedeutung des Ersten Kappeler Landfriedens
- 2. Unterzeichner und Unterhändler
- 2.1 Unterzeichner
- 2.2 Unterhändler
- 3 Inhalt
- 4. Überlieferung und Textvorlage
- 4.1 Handschriften
- 4.2 Textvorlage
- 5. Literatur
- 5.1 Edition
- 5.2 Forschungsliteratur (Auswahl)
Historischer Kontext↑
Die verfassungsrechtliche Ausgangslage
Die Schweizer Eidgenossenschaft war ein lockerer Bund von 13 sogenannten Orten, die durch die Bundeszugehörigkeit ihre Eigenständigkeit in inneren und äußeren Angelegenheiten sichern wollten. Zu den Orten zählten die Städte Zürich, Bern, Luzern, Glarus, Zug, Freiburg im Üechtland, Solothurn, Basel und Schaffhausen sowie die Länder Uri, Schwyz, Unterwalden und Appenzell.1 Durch die regelmäßige Neubeschwörung der Bundesverträge sicherten sie einander Loyalität zu.2 Gemeinsame Belange wurden auf Versammlungen, den Tagsatzungen, beraten, wobei nur einstimmige Beschlüsse von allen Orten ausgeführt wurden. Kleine Minderheiten beugten sich in nicht prinzipiellen Fragen aber oft der Mehrheit.3 Mit den eidgenössischen Orten vertraglich eng verbunden waren die sogenannten Zugewandten Orte, die nicht über den Status als voll berechtigte Orte verfügten und nur zum Teil Zutritt zur Tagsatzung hatten.4 Neben den eidgenössischen Orten und den Zugewandten Orten gab es im Bereich der Eidgenossenschaft auch die Gemeinen Herrschaften. Bei diesen handelte es sich um Untertanengebiete, die von mehreren eidgenössischen Orten gemeinsam regiert wurden. Die regierenden Orte stellten abwechselnd die Landvögte und trafen Entscheidungen nach dem Mehrheitsprinzip.5
Der Religionskonflikt in der Schweiz
In den Jahren 1522 bis 1525 führte der Prediger Huldrych Zwingli in Zürich die Reformation durch.6 Innerhalb der Schweizer Eidgenossenschaft blieb die Stadt mit ihrer durch den Rat gestützten Einführung der Reformation zunächst isoliert.7 Für ein besonders entschiedenes Vorgehen gegen reformatorische Bestrebungen traten die sogenannten Fünf Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug ein. Am 8. April 1524 kamen ihre Boten in Beckenried zusammen und beschlossen, dass die Fünf Orte beim alten Glauben bleiben und die reformatorische Lehre in all ihren Herrschaftsgebieten ausrotten würden.8 Daraufhin fassten am 20. April auf einer Tagsatzung alle Orte mit Ausnahme von Zürich und Schaffhausen den Entschluss, den alten Glauben beizubehalten und Priesterehe, Fastenbruch sowie andere reformatorische Neuerungen zu bestrafen.9 Als die Verhandlungen mit Zürich, die seit Februar 1524 auf Betreiben gesprächsbereiter Orte stattgefunden hatten, zu keiner Einigung führten,10 erklärten die Fünf Orte zusammen mit Freiburg am 16. Juli 1524, dass sie mit Zürich nicht mehr gemeinsam tagen wollten, sofern die Stadt nicht von der Reformation Abstand nehme.11 Bei der turnusmäßigen Beschwörung der Bundesverträge im Sommer 1526, die eigentlich bereits 1525 fällig gewesen wäre, aber wegen des Glaubensstreits um ein Jahr verschoben worden war, weigerten sich die Fünf Orte sowie Freiburg und Solothurn, dem ihrer Ansicht nach irrgläubigen Zürich den Eid zu leisten.12 Auf Wunsch der altgläubigen Orte, die eine Initiative Johannes Ecks aufgriffen,13 fand vom 19. Mai bis 8. Juni 1526 im Rahmen einer Tagsatzung in Baden eine Disputation zwischen altgläubigen und reformatorischen Theologen statt.14 Im Nachwort der im Mai 1527 erschienenen Druckausgabe des Disputationsprotokolls erklärten dann die Fünf Orte sowie Freiburg, Solothurn, Glarus und Appenzell, Zwingli und seine Anhänger seien nun als unter dem Kirchenbann stehende Ketzer anzusehen. Die genannten Orte verpflichteten sich daher, bei der alten Lehre zu bleiben und Verstöße gegen diese zu bestrafen.15
Besonders konfliktträchtig war die Situation in den Gemeinen Herrschaften, in denen Zürich zu den regierenden Orten gehörte. Die altgläubigen Orte gingen auch dort gegen reformatorische Bestrebungen vor und beriefen sich dabei darauf, dass in Angelegenheiten der Gemeinen Herrschaften die Mehrheit der regierenden Orte entscheide. Zürich hingegen wollte in der Glaubensfrage keinen Mehrheitsbeschluss der regierenden Orte akzeptieren und forderte schließlich, dass die Gemeinden in den Gemeinen Herrschaften das Recht erhalten sollten, die Reformation einzuführen, wenn sich die Mehrheit der Gemeindemitglieder dafür ausspreche.16
Seit Ende 1527 konnte die bisher isolierte Stadt Zürich Bündnispartner gewinnen. Im Dezember 1527 schloss Konstanz ein Verteidigungsbündnis mit Zürich, das Christliche Burgrecht.17 Anfang 1528 verschoben sich dann die politischen Machtverhältnisse deutlich zugunsten Zürichs, als Bern, eine der bedeutendsten Städte, nach einer Disputation offiziell die Reformation einführte18 und sich durch Verträge mit Konstanz (31. Januar 1528)19 und Zürich (25. Juni 1528)20 dem Christlichen Burgrecht anschloss. Bis zum Sommer 1529 traten dann noch die zur Reformation übergegangenen Städte St. Gallen, Biel, Mülhausen und Basel dem Bündnis bei.21 Um die stark geschwächte Machtposition der altgläubigen Orte wieder zu stärken, schlossen die Fünf Orte am 22. April 1529 ein Verteidigungsbündnis mit Erzherzog Ferdinand von Österreich, die Christliche Vereinigung.22
Der Ausbruch des ersten Kappeler Krieges
Im Frühjahr 1529 verschärften sich die Spannungen zwischen den altgläubigen und evangelischen Orten zunehmend. Als der Fürstabt von St. Gallen am 23. März gestorben war, versuchte der Schirmhauptmann der Fürstabtei, der turnusgemäß von Zürich entsandt worden war, diese Gelegenheit zu nutzen, um das Kloster und das geistliche Fürstentum aufzuheben. Die zwei altgläubigen Schirmorte Luzern und Schwyz widersetzten sich diesem Rechtsbruch; Glarus, das neben den beiden genannten Orten und Zürich der vierte Schirmort der Abtei war, blieb unentschieden.23 Zudem eskalierte der schwelende Konflikt zwischen Unterwalden und Bern: Im Oktober 1528 waren 800 Mann aus Unterwalden in Berner Gebiet eingedrungen, um die Revolte im Haslital gegen das Berner Reformationsmandat zu unterstützen.24 Die Berner Obrigkeit war zunächst an einer Entspannung der Lage interessiert und deshalb geneigt, einen am 1. Februar 1529 von Schiedleuten aus neutralen Orten vorgelegten Vermittlungsvorschlag anzunehmen, demzufolge Unterwalden den Einmarsch der 800 Männer als Unrecht anerkennen sollte.25 Gesandte Zürichs erreichten aber dann am 28. April 1529, dass Bern einen Frieden mit Unterwalden von der Bedingung abhängig machte, dass die Fünf Orte den Kirchengemeinden in den gemeinsam mit Zürich und Bern verwalteten Gemeinen Herrschaften das Recht zur Einführung der Reformation gewährten.26 Auf einer Tagsatzung, die vom 7. bis 13. Mai 1529 in Baden stattfand, lehnten die Fünf Orte diese Bedingung ab.27 Daraufhin versuchten Zürich und Bern, den turnusgemäß im Juni anstehenden Amtsantritt eines Vogtes aus Unterwalden in der Gemeinen Herrschaft Baden zu verhindern.28 Zu einer nochmaligen Verschärfung der Spannungen führte schließlich die Hinrichtung des Zürcher Pfarrers Jakob Kaiser. Nach der Vertreibung des altgläubigen Vorgängers war er zum reformatorischen Pfarrer der Gemeinde Oberkirch bei Kaltbrunn berufen worden, die in der von Glarus und Schwyz verwalteten Gemeinen Herrschaft Uznach lag. Übergangsweise betreute Kaiser seine neue Gemeinde neben seiner bisherigen Gemeinde im zürcherischen Schwerzenbach. Am 22. Mai 1529 ließ ihn Schwyz auf Uznacher Hoheitsgebiet festnehmen und trotz des Einspruchs der Stadt Zürich am 29. Mai als Ketzer verbrennen.29
Angesichts der sich verschärfenden Konflikte rechneten sowohl die Fünf Orte als auch Zürich und Bern mit einem Angriff der Gegenseite und zogen zunehmend einen Präventivschlag in Erwägung.30 Am 28. Mai 1529 kamen die Fünf Orte auf einer Sondertagsatzung überein, möglichst bald, aber nicht übereilt einen Krieg zu beginnen.31 Nachdem am 4. Juni 1529 ermutigende Mitteilungen aus Bern eingetroffen waren,32 erklärte Zürich am 8. Juni den Fünf Orten den Krieg.33 Zürich bot zusammen mit seinen Verbündeten und Unterstützern 30.000 Mann auf; die Fünf Orte konnten hingegen nur 9.000 Mann mobilisieren.34 Von Erzherzog Ferdinand, dem Bündnispartner der Fünf Orte, kam keine militärische Unterstützung.35 Die Hauptstreitmacht Zürichs, unter der sich auch Zwingli befand,36 zog nach Kappel am Albis an der Grenze zu Zug. Jenseits dieser sammelten sich die Truppen der Fünf Orte bei Baar.37
Die Friedensverhandlungen
Als die Hauptstreitmacht Zürichs am 10. Juni vorrücken wollte, verhinderte Hans Aebli, der Landammann von Glarus, den Angriff, indem er sich mit großem Nachdruck als Vermittler anbot. Zunächst wurde nur ein Stillstand von vier bis fünf Stunden vereinbart.38 Da Bern nun von Zürich verlangte, einen Angriff zu unterlassen und eine friedliche Lösung des Konflikts anzustreben,39 begannen längere Friedensverhandlungen, die von Vermittlern aus neutralen Territorien geführt wurden und vor allem in den beiden Heerlagern stattfanden.40 Dabei wurden auch die Truppen in die Verständigungsbemühungen einbezogen: Am 14. Juni sprach eine Gesandtschaft der Fünf Orte vor dem Zürcher Heer, und am 16. Juni trat dann eine Zürcher Gesandtschaft vor das Heer der Fünf Orte.41 Zwischen den einander gegenüberliegenden Truppen kam es während der Friedensverhandlungen zu freundschaftlichen Kontakten und Verbrüderungen, die von den Obrigkeiten missbilligt wurden.42 Am 24. Juni einigten sich die Konfliktparteien schließlich auf einen Friedensvertrag.43 Die Fünf Orte zögerten aber zunächst, die Bündnisurkunde der mit Erzherzog Ferdinand geschlossenen Christlichen Vereinigung wie vereinbart herauszugeben.44 Als die Schiedleute die Bündnisurkunde dann doch erhalten hatten, zerrissen sie sie am 26. Juni um zwei Uhr nachts öffentlich im Kappeler Lager45 und siegelten für beide Konfliktparteien je ein Exemplar der vorläufigen Ausfertigung des Ersten Kappeler Landfriedens.46 In Baden wurden dann die beiden Exemplare der endgültigen Ausfertigung des Friedens erstellt und am 23. Juli den Konfliktparteien übergeben.47
In den Verhandlungen zum Ersten Kappeler Landfrieden war es den evangelischen Orten gelungen, zwei ihrer zentralen Anliegen durchzusetzen: Die Kirchengemeinden in den Gemeinen Herrschaften erhielten nun das Recht, durch einen Mehrheitsbeschluss die Reformation einzuführen.48 Zudem musste die Christliche Vereinigung aufgelöst werden, während das Verteidigungsbündnis der evangelischen Orte, das Christliche Burgrecht, bestehen bleiben durfte.49 Unter dem Einfluss Zwinglis hatte Zürich in den Verhandlungen noch weitere gewichtige Forderungen erhoben: Die reformatorische Predigt solle in der gesamten Eidgenossenschaft, also auch in den Gebieten der Fünf Orte, erlaubt werden. In der gesamten Eidgenossenschaft solle zudem verboten werden, regelmäßige Geldzahlungen auswärtiger Mächte, die sogenannten Pensionen, anzunehmen. Die für das Pensionenwesen Hauptverantwortlichen sollten bestraft werden.50 Da Bern diese Forderungen nicht unterstützte, wurden sie schließlich von der Zürcher Obrigkeit gegen den Willen Zwinglis fallen gelassen.51 Der Erste Kappeler Landfrieden enthielt dann lediglich eine unverbindliche Bitte an die Fünf Orte, die Pensionen abzuschaffen,52 sowie die auf Wunsch der evangelischen Orte in den Vertragstext des ersten Artikels gelangte unpräzise Bestimmung, dass keine Partei gegen den Glauben der anderen vorgehen dürfe.53
Rezeption und Bedeutung des Ersten Kappeler Landfriedens
Der Erste Kappeler Landfriede verhinderte im letzten Augenblick das Blutvergießen, konnte aber den Religionskonflikt in der Schweiz nicht dauerhaft entschärfen. Auf Betreiben Zwinglis versuchte die Zürcher Obrigkeit aus der im ersten Friedensartikel enthaltenen unpräzisen Bestimmung, dass keine Partei gegen den Glauben der anderen vorgehen dürfe, die Verpflichtung der Fünf Orte abzuleiten, die reformatorische Predigt auch in ihren eigenen Territorien nicht zu behindern.54 Umstritten war auch die an die evangelischen Orte zu zahlende Entschädigung für die Kriegskosten, die gemäß dem 13. Artikel des Landfriedens von den Schiedleuten festgesetzt werden sollte.55 Obwohl diese in ihrem Schiedsspruch vom 1. August 1529 die zu entrichtende Summe mit 2.500 Kronen weit niedriger ansetzten, als dies die evangelischen Orte gefordert hatten,56 weigerten sich die Fünf Orte, ihre Zahlungsverpflichtung anzuerkennen.57 Erst nachdem die evangelischen Orte am 12. September 1529 eine Proviantsperre gegen sie verhängt hatten,58 lenkten die Fünf Orte am 24. September ein und sicherten die Zahlung zu.59 Den festgesetzten Zahlungstermin, den 24. Juni 1530, hielten sie dann jedoch nicht ein und verlangten, zuerst müssten die strittigen Fragen bei der Auslegung des Landfriedens geklärt werden.60 Im September und Oktober 1530 verzichteten die einzelnen altgläubigen Orte schließlich auf diese Vorbedingung und entrichteten ihre Anteile an der Kriegskostenentschädigung.61
Der Versuch Zürichs, die Zulassung der reformatorischen Predigt im Gebiet der Fünf Orte mit Zwang durchzusetzen,62 führte schließlich im Oktober 1531 zum Ausbruch des Zweiten Kappeler Krieges, der mit einem militärischen Sieg der altgläubigen Orte endete.63 Der im November 1531 abgeschlossene Zweite Kappeler Landfrieden hob den Ersten Kappeler Landfrieden auf.64
Unterzeichner und Unterhändler↑
Unterzeichner
Der erste Kappeler Landfrieden wurde von den Schiedleuten und den Konfliktparteien gesiegelt.
Als Schiedleute siegelten: Als Vertreter von Glarus Hans Aebli, Landammann, auch im Namen der Ratsherren Konrad Schindler und Fridolin Matthys; als Vertreter von Freiburg Jakob Freiburger, Ratsherr und Bannerherr, auch im Namen des Ratsherrn Hans Lanther; als Vertreter von Solothurn Peter Hebolt, Altschultheiß, auch im Namen von Urs Stark, Säckelmeister, sowie den Bürgern Benedikt Mannsleib, Hieronymus von Luternau und Hans Rudolf Vogelsang; als Vertreter von Schaffhausen Hans Jakob Murbach, Ratsherr, auch im Namen der Ratsherren Hans Kübler, Christoph vom Grüt und Hans Rudolf; als Vertreter von Appenzell Ulrich Eisenhut, Altlandammann, auch im Namen von Ulrich Broger, Altlandammann, Matthias Zidler, Altlandschreiber, und dem Ratsherrn Bastian Törig; als Vertreter des Grauen Bunds im Freistaat der Drei Bünde Martin Seger, Vogt zu Hohentrins, auch im Namen von Konrad von Lumbris, Landammann, N. Moritz, Landammann und Altlandrichter, Thomas Kastelberger, Peter Wolf, Landschreiber, und Simon Arnold, oberstem Kriminalrichter im Veltlin; als Vertreter des Gotteshausbunds im Freistaat der Drei Bünde Gaudenz von Castelmur, Vogt von Fürstenau, auch im Namen von Ulrich Gerster, Altbürgermeister in Chur, Wilhelm Mugli und Zacharias Nutt; als Vertreter des Zehngerichtenbunds im Freistaat der Drei Bünde Ott Vienz, auch im Namen von Ulrich Wolf und Simon Zindel, Richter.
Alle acht siegelnden Schiedleute siegelten außerdem im Namen der folgenden Schiedleute: Als Vertreter von Rottweil Georg von Zimmern, Bürgermeister, und der Ratsherr Ludwig Wernher; als Vertreter von Sargans Hans Gabertüller und Hans Walter; als Vertreter der Reichsstadt Straßburg Jakob Sturm, alter Stadtmeister, und der Ratsherr Konrad Jocham; als Vertreter der Reichsstadt Konstanz Jakob Zeller, Bürgermeister.
Als Konfliktparteien siegelten: Die evangelischen Orte Zürich und Bern mit ihren Verbündeten Basel, St. Gallen, Mülhausen und Biel sowie die altgläubigen Orte Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug.
Unterhändler
An den Verhandlungen waren neben den oben genannten Schiedleuten Vertreter der Konfliktparteien beteiligt. Eine namentliche Auflistung all dieser Vertreter, die im Ersten Kappeler Landfrieden nicht genannt werden, ist nicht möglich, weil eine Auswertung der Akten unter dieser Fragestellung aussteht.
Inhalt↑
Der Erste Kappeler Landfrieden beginnt mit einer knappen Einleitung, in der die Schiedleute die Vorgeschichte des Friedens skizzieren. Der dann folgende Hauptteil ist in 17 Artikel gegliedert, welche die vereinbarten Regelungen enthalten. Im Schlussteil wird die Gültigkeit des Friedens bekräftigt.
In der Einleitung erstatten die Schiedleute kurz über die Vorgeschichte des Friedens Bericht: Aufgrund verschiedener eskalierender Streitigkeiten habe die Stadt Zürich den Fünf Orten Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug den Krieg erklärt. Die Truppen Zürichs und seiner Verbündeten sowie die Truppen der Fünf Orte seien zu Felde gezogen. Als die Obrigkeiten der neutralen Orte und zweier Reichsstädte davon Kenntnis erhalten hätten, hätten sie Schiedleute entsandt, die durch eine friedliche Beilegung des Konflikts die Einheit der Eidgenossenschaft wahren und Blutvergießen vermeiden sollten. Nach mühevollen Verhandlungen sei es ihnen gelungen, mit den Kriegsparteien den vorliegenden Frieden zu verabreden.
Der in 17 Artikel gegliederte Hauptteil enthält die folgenden Bestimmungen:
Die Orte und ihre Bevölkerung sollen wegen des Glaubens nicht genötigt werden. Für die Zugewandten Orte und die Gemeinen Herrschaften soll Folgendes gelten: Wo die Reformation eingeführt wurde, sollen dafür keine Strafen verhängt werden. Wo die bisherigen Zeremonien weiterbestehen, erhalten die Kirchengemeinden das Recht, mit einem Mehrheitsbeschluss selbst darüber zu entscheiden, ob sie die Reformation einführen wollen. Keine Partei darf gegen den Glauben der anderen vorgehen65 (Art. 1).
Das Bündnis der altgläubigen Orte mit Erzherzog Ferdinand von Österreich muss aufgelöst und die Bündnisurkunde umgehend den Schiedleuten übergeben werden. Über das Bündnis der Fünf Orte und Freiburgs mit dem Wallis soll die Tagsatzung beraten. Das Christliche Burgrecht der evangelischen Orte soll hingegen ungehindert weiterbestehen dürfen (Art. 2).
Die Fünf Orte werden gebeten, Solddienste und die Annahme von Zahlungen auswärtiger Mächte, die sogenannten Pensionen, abzuschaffen. Auf jeden Fall sollen sie diejenigen bestrafen, die im Gebiet der evangelischen Städte Söldner anwerben (Art. 3). Solange die Annahme von Pensionen von der Obrigkeit nicht verboten ist, dürfen die für diese Praxis Hauptverantwortlichen nicht bestraft werden (Art. 4).
Angelegenheiten, die die gesamte Eidgenossenschaft betreffen, sollen nicht auf Versammlungen einzelner Orte vorbesprochen werden (Art. 5). Einzelne Orte dürfen zudem nicht im Namen der gesamten Eidgenossenschaft handeln (Art. 6).
Über die Forderung, dass Schwyz den Kindern des von diesem Ort als Ketzer hingerichteten Pfarrers Jakob Kaiser Unterhalt zahlen solle, sollen die Schiedleute entscheiden (Art. 7).
Alle Reformationsmandate und Zusagen der Städte Zürich, Bern, Basel, Sankt Gallen, Mülhausen und Biel sollen uneingeschränkt in Geltung bleiben. Wo reformatorische Veränderungen vorgenommen wurden, darf niemandem die Rückgängigmachung dieser Veränderungen befohlen oder jemand für sie bestraft werden, wobei aber dadurch auch niemand zum Glauben gezwungen werden darf (Art. 8).
Alle diejenigen, die eine der beiden Kriegsparteien unterstützt haben, sollen dafür in keiner Weise belangt werden (Art. 9). Schmähungen wegen des Glaubens sollen auf beiden Seiten unterbunden, Zuwiderhandelnde bestraft werden (Art. 10). Die bisherigen vermögensrechtlichen Ansprüche von Kirchen, in denen die Reformation eingeführt wurde, sollen nicht angetastet werden (Art. 11). Gegen Thomas Murner soll aufgrund der von Zürich und Bern erhobenen Anklage ein Prozess vor den Schiedleuten geführt werden (Art. 12).
Die Schiedleute sollen binnen eines Monats die den evangelischen Orten zustehende Entschädigung für die Kriegskosten festsetzen. Geschieht dies nicht fristgerecht, dürfen die evangelischen Orte gegen die Fünf Orte eine Proviantsperre verhängen (Art. 13). Über den Frieden zwischen Unterwalden und Bern sollen ebenfalls die Schiedleute entscheiden (Art. 14).
Jede der Konfliktparteien soll unbehelligt bei ihrem Glauben bleiben dürfen, so lange sie will. Abgesehen von den Artikeln des vorliegenden Friedens sollen die bisherigen Herrschaftsrechte beider Konfliktparteien ungeschmälert fortbestehen. Die Stadt St. Gallen soll aber in ihren Anliegen von den Schirmorten Zürich, Luzern, Schwyz und Glarus unterstützt werden66 (Art. 15).
In der Gemeinen Herrschaft Thurgau sollen aufgrund der Beschwerde der Thurgauer der Landvogt Jakob Stocker und der Landammann Martin Wehrli ihres Amtes enthoben werden. Über die übrigen Beschwerden der Thurgauer sollen die regierenden Orte auf ihrer nächsten Tagung beraten (Art. 16).
Nach alter Tradition sollen die Bünde unverzüglich mitsamt dem Stanser Verkommnis67 und dem vorliegenden Landfrieden neu beschworen werden (Art. 17).
Im Schlussteil wird bekräftigt, dass nun alle Feindschaft zwischen den Konfliktparteien beendet und alles zwischen ihnen Vorgefallene vergeben sei. Die Vertreter der Konfliktparteien verpflichteten sich im Namen ihrer Obrigkeiten zur Einhaltung des Friedens, der von den Schiedleuten und den Konfliktparteien gesiegelt wurde.
Überlieferung und Textvorlage↑
Handschriften
- 1) Luzern, StA, URK 50/1030zwing
[Archivkatalog] [entsiegelte Ausfertigung].
- 2) Zürich, StA, C I, Nr. 403 c [Archivkatalog] [entsiegelte Ausfertigung].
- 3) Bern, StA, Urkunde Eidgenossenschaft, 25.06.1529 [Archivkatalog] [provisorische Ausfertigung, die als Vorlage
für die definitiven Ausfertigungen diente].
- 4) Ebd., Urkunde Eidgenossenschaft, 26.06.1529 [Archivkatalog], fol. 1r-7v [Kopie].
Textvorlage
Als Textvorlage dient Handschrift 1, da sie weniger Beschädigungen als Handschrift 2 aufweist. Handschrift 2 wurde kollationiert.
Ein zeitgenössischer Druck des Ersten Kappeler Landfriedens ist nicht bekannt.
Literatur↑
Edition
- Kaiser, Jakob (Hg.), Amtliche Sammlung der ältern Eidgenössischen Abschiede, Bd. 4,1,b: Die Eidgenössischen Abschiede aus dem Zeitraume von 1529 bis 1532, bearbeitet von Johannes Strickler, Zürich 1876 [Digitalisat], S. 1478-1483, Beilage Nr. 8.
Forschungsliteratur (Auswahl)
- Haas, Martin, Zwingli und der Erste Kappelerkrieg, Zürich 1965.
- Locher, Gottfried W., Die Zwinglische Reformation im Rahmen der europäischen Kirchengeschichte, Göttingen / Zürich 1979, S. 344-363.
- Meyer, Helmut, Kappelerkriege, in: Historisches Lexikon der Schweiz (HLS), Version vom 12.11.2009 [Online].
- Muralt, Leonhard von, Renaissance und Reformation, in: Handbuch der Schweizer Geschichte, Bd. 1, Zürich 1972, S. 389-570, hier S. 488-500.
- Spillmann, Kurt, Zwingli und Zürich nach dem Ersten Landfrieden, in: Zwing. 12 (1964-1968), S. 254-280 [Digitalisat], 309-329 [Digitalisat] .
- Straub, Franz, Zürich und die Bewährung des ersten Landfriedens (Herbst 1529 bis Herbst 1530), Zürich 1970.
Vollständige Bibliographie
Fußnoten
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