- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Die Ausgangslage
- 1.2 Die Friedensinitiative Joachims von Brandenburg
- 1.3 Die Verhandlungen in Frankfurt
- 1.4 Rezeption und Bedeutung des Frankfurter Anstands
- 2. Unterzeichner und Unterhändler
- 2.1 Unterzeichner
- 2.2 Unterhändler
- 3 Inhalt
- 4. Überlieferung und Textvorlage
- 4.1 Handschriften
- 4.2 Druck
- 4.3 Textvorlage
- 5. Literatur
- 5.1 Editionen
- 5.2 Forschungsliteratur (Auswahl)
Historischer Kontext↑
Die Ausgangslage
Der im Nürnberger Anstand vom 24. Juli 1532 vereinbarte befristete Frieden zwischen den Religionsparteien erwies sich als recht fragil. Bei der Auslegung des Vertragstextes blieb vor allem die Frage umstritten, welche der Prozesse gegen evangelische Stände vereinbarungsgemäß zu sistieren seien, weil sie Glaubensangelegenheiten beträfen.1 Außerdem war strittig, ob der Nürnberger Anstand auch für jene Anhänger der Confessio Augustana gelten solle, die damals nicht zu den Unterzeichnern des Anstands gehört hatten.2 Diese Frage war bereits bei den Verhandlungen im Vorfeld des Nürnberger Anstands diskutiert worden, ohne dass dabei eine Einigung erzielt werden konnte.3
Im Jahr 1538 drohte der Konflikt zwischen den Religionsparteien zu eskalieren. Am 10. Juni wurde auf Betreiben des Reichsvizekanzlers Matthias Held der Nürnberger Bund als altgläubiges Gegenstück zum Schmalkaldischen Bund gegründet. Die Mitglieder des Nürnberger Bundes verpflichteten sich, einander beizustehen, falls andere Reichsstände oder die eigenen Untertanen die hergebrachte kirchliche Ordnung im Territorium eines Mitglieds gewaltsam umstürzen wollten.4 Die Spannungen verschärften sich weiter, als das Reichskammergericht am 9. Oktober 1538 in einem Prozess gegen die Stadt Minden, den der Schmalkaldische Bund als Religionsprozess ansah, die Acht verhängte.5 Daraufhin warnte der Schmalkaldische Bund in einem öffentlichen Ausschreiben vom 13. November 1538 vor der Exekution des seiner Ansicht nach nichtigen Urteils und kündigte an, der Stadt Minden notfalls militärischen Beistand zu leisten.6
Die Friedensinitiative Joachims von Brandenburg
Den entscheidenden Anstoß zu einem neuen Versuch, den Religionskonflikt durch Verhandlungen beizulegen, gab Kurfürst Joachim II. von Brandenburg bereits Ende Mai 1538 bei einem Treffen mit König Ferdinand in Bautzen. Der Kurfürst legte dar, dass die unbedingt notwendige Mithilfe der evangelischen Stände bei der Abwehr der »Türken« nicht durch ein vom Papst ausgeschriebenes Konzil erreicht werden könne, weil diese Stände ein solches nicht anerkennen würden. Joachim von Brandenburg bot sich daher als Vermittler an und schlug vor, einen Frieden zu vereinbaren und anschließend in Verhandlungen, an denen auch päpstliche Gesandte beteiligt sein sollten, die religiöse Einheit im Reich wiederherzustellen. König Ferdinand informierte seinen Bruder Kaiser Karl V. in einem Brief vom 3. Juni über die Vorschläge des Kurfürsten und empfahl dem Kaiser nachdrücklich, umgehend Reunionsverhandlungen vorzubereiten.7 Als das Schreiben Ferdinands am 24. Juni bei Karl V. in Genua eintraf, standen der Kaiser und Papst Paul III. bei ihren dortigen Verhandlungen über das Konzil vor dem Problem, dass sich der französische König Franz I. weigerte, ein Konzil zu beschicken, bevor zwischen ihm und Karl V. ein endgültiger Frieden geschlossen wurde. Der Kaiser und der Papst griffen daher den Vorschlag bereitwillig auf, die religiöse Einheit unabhängig von einem Konzil durch Verhandlungen unter Beteiligung päpstlicher Gesandter wiederherzustellen.8 Schon am 28. Juni beschloss die Kardinalskongregation auf Wunsch des Papstes, das Konzil bis Ostern 1539 zu suspendieren.9
Nach dem Treffen mit König Ferdinand in Bautzen leitete Joachim von Brandenburg umgehend Sondierungsverhandlungen mit dem Schmalkaldischen Bund ein. Dabei erwähnte er allerdings den geplanten Reunionsversuch nicht, sondern sprach nur davon, dass König Ferdinand einen beständigen Frieden vereinbaren wolle, der die Mithilfe der protestantischen Stände bei der Türkenabwehr sicherstellen solle.10 Den Gesandten Joachims von Brandenburg teilten die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes am 5. August 1538 auf ihrem Bundestag in Eisenach mit, sie seien zu Verhandlungen bereit; ihre Bedingungen für einen Friedensschluss würden sie aber erst dann bekannt geben, wenn König Ferdinand vom Kaiser eine Verhandlungsvollmacht erhalten habe.11 Als König Ferdinand Kurfürst Joachim in einem Brief vom 19. Oktober nochmals darum gebeten hatte, ihm die Forderungen der evangelischen Stände zu übermitteln, da der Kaiser auf dieser Grundlage über die Aufnahme weiterer Verhandlungen entscheiden wolle,12 ließ Joachim von Brandenburg selbst Friedensartikel zusammenstellen, die er den Hauptleuten des Schmalkaldischen Bundes, Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen, mit der Bitte um Stellungnahme übersandte.13 Diesen Artikeln zufolge sollte der Nürnberger Anstand bestätigt werden und für alle Stände gelten, die Anhänger der Confessio Augustana seien oder geworden seien;14 die verwendete Formulierung ließ dabei bewusst offen, ob auch zukünftige Anhänger der Confessio Augustana unter dem Schutz des Anstands stehen sollten.15 Außerdem sollten am Reichskammergericht keine Religionsprozesse eröffnet und die begonnenen eingestellt werden. Zur Klärung der Frage, ob es sich jeweils um Religionsprozesse handle, sollte ein besonderes Verfahren vereinbart werden.16 Schließlich erfuhren die Hauptleute des Schmalkaldischen Bundes am Schluss der Artikel erstmals davon, dass sich Joachim von Brandenburg nach dem Friedensschluss Verhandlungen zur Wiederherstellung der religiösen Einheit erhoffte.17 Johann Friedrich von Sachsen und Philipp von Hessen wollten der Meinungsbildung der anderen Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes nicht vorgreifen, übersandten Kurfürst Joachim im Dezember 1538 aber dennoch eine überarbeitete Fassung seiner Artikel und teilten ihm mit, sie seien nach einem Friedensschluss mit Reunionsverhandlungen einverstanden.18 Bei der Überarbeitung der Artikel stellten sie unter anderem klar, dass der Nürnberger Anstand auch für künftige Anhänger der Confessio Augustana gelten solle, und fügten die Forderung hinzu, dass bis zur Wiederherstellung der religiösen Einheit jeder Reichsstand über die Form des Gottesdienstes und die Verwendung der Kirchengüter in eigener Verantwortung entscheiden dürfe.19
Inzwischen hatte Kaiser Karl V. seine Bedingung, er müsse zunächst genau über die Forderungen der evangelischen Stände informiert werden, fallen gelassen und am 25. November 1538 Johann von Weeze, den Erzbischof von Lund, sowie den Reichsvizekanzler Matthias Held als seine Kommissare zu Verhandlungen mit den Protestanten bevollmächtigt.20 Die Kurfürsten Joachim von Brandenburg und Ludwig von der Pfalz hatte er gebeten, bei den Verhandlungen als Vermittler zu fungieren.21 Die kaiserliche Instruktion für Johann von Weeze vom 30. November benannte die Wiederherstellung der religiösen Einheit als Hauptziel der Verhandlungen, hielt es aber für wahrscheinlich, dass dieses Ziel nicht rasch erreicht werden könne. Für diesen Fall gab die Instruktion die Anweisung, zunächst einen Frieden mit möglichst kurzer Laufzeit zu vereinbaren, ohne dabei gravierende Zugeständnisse zu machen.22 Im Januar 1539 empfing König Ferdinand ein Schreiben Joachims von Brandenburg, dem die kursächsisch-hessische Überarbeitung von dessen Artikeln beilag.23 Ferdinand hielt diese Vorschläge für überzogen, hoffte aber auf einen akzeptablen Kompromiss.24 Entsprechend dem von den Hauptleuten des Schmalkaldischen Bundes gebilligten Plan Joachims beschloss Ferdinand ohne nochmalige Anfrage beim Kaiser, die Reunionsverhandlungen gegen den Willen der päpstlichen Gesandten vorerst zurückzustellen und zunächst nur einen politischen Frieden anzustreben.25
Die Verhandlungen in Frankfurt
Auf dem Schmalkaldischen Bundestag, der am 14. Februar 1539 in Frankfurt am Main begann, sprachen sich Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen dafür aus, für den Fall, dass die bevorstehenden Friedensverhandlungen scheitern würden, bereits jetzt einen militärischen Präventivschlag zu beschließen, um einem befürchteten Angriff der altgläubigen Stände zuvorzukommen. Dieser Vorschlag fand keine Zustimmung; die beiden Hauptleute des Bundes erhielten aber weitere Mittel für Rüstungen bewilligt.26
Nachdem Johann von Weeze als kaiserlicher Gesandter, zwei königliche Kommissare sowie die Vermittler Joachim von Brandenburg und Ludwig von der Pfalz in Frankfurt eingetroffen waren, begannen am 25. Februar 1539 die Verhandlungen über einen Frieden,27 die nicht direkt zwischen den Parteien, sondern stets über die beiden Vermittler geführt wurden.28 Am 1. März übergaben die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes den Vermittlern ein Schriftstück mit ihren Forderungen. Es baute auf den Artikeln auf, die die Bundeshauptleute im Dezember 1538 an Kurfürst Joachim gesandt hatten, und erweiterte sie. Die evangelischen Stände verlangten einen Frieden, der nicht bis zu einem Konzil oder einem Reichstag befristet sein, sondern bis zur endgültigen Beilegung der Glaubensstreitigkeiten gelten sollte, die Einstellung aller begonnenen und das Verbot aller zukünftigen Religionsprozesse, auch derer, die Kirchengüter betreffen, die Annullierung aller bisher in Religionssachen ergangenen Urteile und die Einrichtung eines paritätisch besetzten Schiedsgerichts zur Klärung der Frage, ob der jeweilige Prozessgegenstand eine Religionssache sei. Alle Reichsstände sollten das Recht erhalten, unter dem Schutz des Friedens in ihren Territorien die Reformation einzuführen. Außerdem sollten andersgläubige Untertanen ein Auswanderungsrecht erhalten und geduldet werden, solange sie keinen äußerlichen Anstoß erregten.29
Der kaiserliche Orator Johann von Weeze und die königlichen Kommissare wollten hingegen nur einen einjährigen Frieden und ein Religionsgespräch innerhalb der nächsten drei bis vier Monate bewilligen. Falls es bei dem Religionsgespräch zu keiner Einigung komme, sollte nach dem Auslaufen des Friedens der Nürnberger Anstand weitergelten. Der kaiserliche Orator und die königlichen Vertreter boten an, die anhängigen Religionsprozesse und die bereits ergangenen Urteile zu suspendieren. Die evangelischen Stände sollten sich im Gegenzug dazu verpflichten, keine religiösen Neuerungen vorzunehmen sowie Güter und Einkommen der Geistlichen nicht anzutasten. Außerdem sollten sie die Mitglieder, die dem Schmalkaldischen Bund erst nach dem Nürnberger Anstand beigetreten waren, aus dem Bund ausschließen und keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen.30
Da die Positionen der beiden Parteien weit voneinander entfernt waren, drohten die Verhandlungen trotz der unablässigen Bemühungen der Vermittler mehrmals zu scheitern.31 Johann von Weeze kam den evangelischen Ständen im Wesentlichen nur in den folgenden Punkten entgegen: Er gestand zu, dass der Frieden nicht nur für die Unterzeichner des Nürnberger Anstands, sondern für alle Stände gelten sollte, die inzwischen Anhänger der Confessio Augustana geworden waren.32 Des Weiteren billigte er, dass das Verbot von religiösen Neuerungen weggelassen und das Verbot von Säkularisationen33 sowie die Verpflichtung, keine weiteren Mitglieder in den Schmalkaldischen Bund aufzunehmen, auf die Geltungsdauer des Friedens begrenzt wurden.34 Schließlich akzeptierte er doch noch die Regelung, dass auch der Nürnberger Bund während der Laufzeit des Friedens keine weiteren Mitglieder aufnehmen dürfe.35 Allerdings gestand er dies nur deshalb zu, weil die Laufzeit des Friedens auf zunächst sechs Monate verkürzt wurde.36 Sie sollte nur dann auf 15 Monate verlängert werden, wenn der Kaiser dem Bündniserweiterungsverbot zustimmen und zudem die Forderung der evangelischen Stände erfüllen würde, die Klausel zu streichen, dass nach dem Auslaufen des nun vereinbarten Anstands der Nürnberger Anstand nur für die jetzigen Anhänger der Confessio Augustana gültig sein sollte.37 Obwohl der Schmalkaldische Bund, insbesondere was die garantierte Laufzeit des Friedens betraf, im Vergleich zu seinen ursprünglichen Forderungen recht wenig erreichen konnte,38 unterzeichneten seine Vertreter am 19. April 1539 den sogenannten Frankfurter Anstand,39 um wenigstens etwas Zeit zu gewinnen.40
Rezeption und Bedeutung des Frankfurter Anstands
Der Frankfurter Anstand trug dazu bei, die damals akute Gefahr eines Religionskriegs vorübergehend zu bannen.41 Die Vereinbarung, ungefähr zum 1. August 1539 zu einem Religionsgespräch einzuladen,42 hielt Kaiser Karl V. aber vor allem wegen des Widerstands der Kurie nicht ein.43 Außerdem ratifizierte er den Anstand nicht, sodass dieser lediglich sechs Monate in Geltung blieb.44 Der Text der Vereinbarung wurde nach gegenwärtigem Kenntnisstand auch nur ein Mal gedruckt.45 Mittelfristig stabilisierte der Frankfurter Anstand die Geltung des Nürnberger Anstands, da er die Regelung enthielt, dass dieser Anstand unverändert weitergelten sollte, falls der neu vereinbarte Anstand bereits nach sechs Monaten auslaufen würde.46
Ohne ausdrücklich auf den Frankfurter Anstand Bezug zu nehmen, erfüllte Karl V. am 18. April 1540 schließlich mit einiger Verspätung doch noch die Vereinbarung, zu einem Religionsgespräch zu laden.47 Bei den Gesprächen in Hagenau, Worms und Regensburg in den Jahren 1540/41 kam es aber zu keiner Einigung.48
Im Frankfurter Anstand wurde erstmals reichsrechtlich festgelegt, dass evangelische Stände nur dann Schutz genießen, wenn sie Anhänger der Confessio Augustana (»Augsburger Konfessionsverwandte«) sind.49 Diese Regelung war richtungsweisend und wurde dann auch in den Augsburger Religionsfrieden übernommen.50
Unterzeichner und Unterhändler↑
Unterzeichner
Als Kommissar Kaiser Karls V. Johann von Weeze; als Kommissare König Ferdinands Melchior von Lamberg und Dr. Jakob Frankfurter; als Vermittler Kurfürst Joachim II. von Brandenburg und Kurfürst Ludwig V. von der Pfalz; im eigenen Namen und im Namen aller anderen Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes Kurfürst Johann Friedrich I. von Sachsen, Landgraf Philipp von Hessen sowie Bürgermeister und Rat der Stadt Frankfurt am Main.
Unterhändler
Neben den oben genannten Unterzeichnern waren an den Verhandlungen beteiligt:51 Herzog Johann Ernst von Sachsen; Herzog Franz von Braunschweig-Lüneburg, auch im Namen von Herzog Ernst von Braunschweig-Lüneburg; als Gesandter Markgraf Johanns von Brandenburg-Küstrin Dr. Konrad Metsch; als Gesandte Herzog Ulrichs von Württemberg Bernhard Göler, Wilhelm von Massenbach und Christoph von Venningen; als Gesandte Herzog Philipps von Pommern-Wolgast und Herzog Barnims IX. von Pommern-Stettin Rüdiger von Massow und Dr. Balthasar vom Walde, Kanzler; als Gesandter Graf Albrechts VII. von Mansfeld-Hinterort Graf Kaspar von Mansfeld-Hinterort; als Gesandter Graf Philipps II. von Nassau-Saarbrücken Georg von Teutleben; als Gesandte der Stadt Straßburg Jakob Sturm, Ulman Böcklin von Böcklinsau, Batt von Duntzenheim und Michel Han, Sekretär; als Gesandte der Stadt Augsburg Joachim Langenmantel und Dr. Konrad Heel; als Gesandte der Stadt Ulm Georg Besserer, Bürgermeister, und Daniel Schleicher, auch im Auftrag der Städte Biberach, Isny und Kempten; als Gesandter der Stadt Konstanz Joachim Maler, Syndikus, auch im Auftrag der Stadt Lindau; als Gesandte der Stadt Frankfurt am Main Georg Weiß, Johann von Glauburg und Ort zum Jungen; als Gesandter der Stadt Esslingen Johann Machtolf, Stadtschreiber; als Gesandter der Stadt Reutlingen Jost Weiß, Bürgermeister; als Gesandte der Stadt Schwäbisch Hall Michael Schley, Stadtmeister, und Matern Wurzelmann, Stadtschreiber; als Gesandte der Stadt Heilbronn Hans Riesser, Bürgermeister, und Hans Keller; als Gesandter der Stadt Memmingen Balthasar Funk, Bürgermeister; als Gesandte der Stadt Bremen Dietrich Vasmer, Segebat Freitag, Arnold Esig, Dr. Jost Mon und Jost Jerde, Sekretär; als Gesandte der Stadt Hamburg Johann Rodenberg, Bürgermeister, Joachim Moller und Johann Rugenberger, Sekretär; als Gesandter der Stadt Goslar Johann Hardt, Sekretär; als Gesandte der Stadt Magdeburg Jakob Gericke, Bürgermeister, Dr. Levin von Emden und Anton Moritz; als Gesandte der Stadt Braunschweig Albrecht Kalm und Dietrich Preuß, Stadtschreiber; als Gesandte der Stadt Hannover Anton Berghauser, Bürgermeister, und ein weiterer Gesandter52; als Gesandte der Stadt Minden Bruno Rülfing und Georg Scheffel, Sekretär.
Um die Verhandlungen mit den Vermittlern und ihren Räten zu vereinfachen, wählten die Mitglieder des Schmalkaldischen Bundes einen Ausschuss, dem folgende Personen angehörten:53 die Kanzler von Kursachsen und Hessen, Dr. Gregor Brück und Dr. Johann Feige, der lüneburgische Rat Balthasar Klammer, Dr. Konrad Heel aus Augsburg, Dr. Levin von Emden aus Magdeburg und Jakob Sturm aus Straßburg.
Inhalt↑
Der Frankfurter Anstand beginnt mit einer knappen Schilderung der Vorgeschichte der Vereinbarung. Der anschließende Hauptteil gliedert sich in drei Artikel sowie in einen Schlussabschnitt. Im ersten Artikel findet sich die befristete kaiserliche Friedenszusicherung. Die beiden folgenden Artikel enthalten verschiedene Regelungen in eher loser Reihung. Der Schlussabschnitt macht die Geltungsdauer des Friedens von der nachträglichen Zustimmung des Kaisers zu zwei strittigen Punkten abhängig.
Einleitend skizzieren die Kurfürsten Joachim von Brandenburg und Ludwig von der Pfalz die Vorgeschichte der Vereinbarung: Als es bei der Auslegung des Nürnberger Anstands zu Meinungsverschiedenheiten kam, bewilligte Kaiser Karl V. Verhandlungen in Frankfurt, um ein Religionsgespräch zur Wiederherstellung der religiösen Einheit vorzubereiten, das Misstrauen zwischen den Ständen des Reichs zu beseitigen und die Türken besser abwehren zu können.
Dem ersten Artikel zufolge sichert der Kaiser all den Ständen, die jetzt Anhänger der Confessio Augustana sind, einen auf 15 Monate befristeten Frieden zu, der am 1. Mai 1539 beginnen soll.
Der zweite Artikel enthält folgende Bestimmungen: Der Nürnberger Anstand und das kaiserliche Mandat für einen allgemeinen Frieden im Reich vom 3. August 1532 sollen während des jetzt vereinbarten Anstands in Geltung bleiben. Kommt es während der Laufzeit dieses Anstands zu keiner endgültigen Wiederherstellung der religiösen Einheit, so sollen der Nürnberger Anstand und das genannte kaiserliche Mandat für diejenigen Stände, die jetzt Anhänger der Confessio Augustana sind, bis zum nächsten Reichstag, der nach Ablauf des jetzt vereinbarten Anstands abgehalten wird, oder bis zu einer allgemeinen Reichsversammlung weitergelten. Während der Geltungsdauer des jetzt vereinbarten Anstands und des Nürnberger Anstands sollen alle in einer übergebenen Liste enthaltenen Prozesse sowie die über die Stadt Minden verhängte Acht suspendiert und keine Prozesse in ähnlichen Angelegenheiten angestrengt werden. Die Stände, die der Confessio Augustana anhängen, dürfen während des jetzt vereinbarten Anstands niemand der Religion wegen angreifen und kein neues Mitglied in ihr Bündnis aufnehmen. Der Kaiser wird veranlassen, dass auch die altgläubige Partei während des Anstands niemand in ihr Bündnis aufnimmt. Des Weiteren dürfen die der Confessio Augustana anhängenden Stände während des jetzt vereinbarten Anstands weder Einkünfte noch Besitz der Geistlichen antasten.
Im dritten Artikel wird Folgendes ausgeführt: Auf den 1. August 1539 soll der Kaiser eine Ständeversammlung nach Nürnberg ausschreiben. Auf ihr sollen die Anhänger der römischen Kirche und diejenigen der Confessio Augustana in Verhandlungen einvernehmlich die religiöse Einheit wiederherstellen. Der Vorschlag der Vermittler, dem Kaiser freizustellen, zu dieser Versammlung auch päpstliche Vertreter einzuladen, wurde von den der Confessio Augustana anhängenden Ständen abgelehnt. Außerdem sollen beide Religionsparteien ihre Kriegsvorbereitungen einstellen, sofern diese nicht einer notwendigen Selbstverteidigung dienen. Die Täufer und alle anderen religiösen Gruppierungen, die weder der Confessio Augustana noch der römischen Kirche anhängen, sollen vom Anstand ausgeschlossen sein und von keinem Stand geduldet werden. Die der Confessio Augustana anhängenden Stände sollen sich an der Abwehr der Türken beteiligen und eine Versammlung in Worms beschicken, die entsprechende Maßnahmen beschließen soll.
Wie im Schlussabschnitt ausgeführt wird, konnte in zwei Punkten keine Einigung erzielt werden: Die der Confessio Augustana anhängenden Stände wollten die im zweiten Artikel enthaltene Einschränkung nicht akzeptieren, dass der Nürnberger Anstand und das kaiserliche Mandat für einen allgemeinen Frieden im Reich vom 3. August 1532 nach dem Auslaufen des nun vereinbarten Anstands nur für die jetzigen Anhänger der Confessio Augustana gültig sein sollte. Der kaiserliche Orator wollte den Kaiser nicht für längere Zeit dazu verpflichten, eine Erweiterung des altgläubigen Bündnisses zu unterbinden. Deshalb wurde auf Vorschlag der Vermittler vereinbart, dass der Anstand in der vorliegenden Form zunächst nur sechs Monate gelten soll. Stimmt der Kaiser während dieser Frist der von den Anhängern der Confessio Augustana geforderten Auslassung der Einschränkung und dem Erweiterungsverbot für das altgläubige Bündnis zu, soll der Anstand in dieser Gestalt 15 Monate gelten. Andernfalls soll nach Ablauf der sechs Monate der Nürnberger Anstand unverändert weitergelten.
Überlieferung und Textvorlage↑
Handschriften
- 1) Frankfurt a. M., Institut für Stadtgeschichte, Reichssachen Urkunden Nr. 449, fol. 3r-7v [Ausfertigung].
- 2) Wien, HHStA, Reichsakten in genere, Fasz. 13a, Konv. 1, fol. 166-186 [Ausfertigung].
- 3) Frankfurt, Institut für Stadtgeschichte, Reichssachen II Nr. 869, fol. 125r-134v [Kopie].
- 4) Nürnberg, StA, Fürstentum Brandenburg-Ansbach, Religionsakten,
Tomus 22, fol. 8r-15r [Kopie].
- 5) Ebd., fol. 548r-555v [Kopie].
- 6) Wien, HHStA, Reichsakten in genere, Fasz. 10, Teil 1, fol. 158r-159v [unvollständige Kopie].
- 7) Ebd., fol. 160r-168r [Kopie].
- 8) Ebd., fol. 170r-177r [Kopie].
- 9) Ebd., fol. 178r-182v [Kopie].
- 10) Ebd., fol. 197r-201v [unvollständige Kopie].
Druck
- Der fridliche anſtand: || Zuͦ Franckfurt aufgericht im
Apꝛilen || Anno. M. D. XXXIX.54
[Straßburg: Prüß, Johann d.J. 1539], 8 Bl., 4° (VD16 ZV 13933).
Benutztes Exemplar: Freiburg, UB, Sign. H 1222 [Digitalisat].
An den wenigen Stellen, an denen dieses Exemplar beschädigt ist, wurde ergänzend folgendes Exemplar benutzt: Heidelberg, UB, Sign. I 6812-4 RES.
Textvorlage
Als Textvorlage dient der oben genannte Druck. Die handschriftliche Überlieferung wird in der vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in Ganzer (Hg.) u.a., Akten 1,2, S. (1071)1072-1078, Nr. 390 kollationiert wird. Dieser Edition liegt die oben genannte Handschrift 1 zugrunde.55 Da die genannte Edition zahlreiche Transkriptionsfehler enthält, wurden alle Lesarten durch einen Vergleich mit der Handschrift geprüft und gegebenenfalls korrigiert.
Literatur↑
Editionen
- 1) Neuser, Wilhelm Heinrich (Hg.), Die Vorbereitung der Religionsgespräche von Worms und Regensburg
1540/41, Neukirchen-Vluyn 1974 (TGET 4),
S. 75-84, Nr. 1.
- 2) Ganzer, Klaus / zur Mühlen, Karl-Heinz (Hg.), Akten der deutschen Reichsreligionsgespräche im 16. Jahrhundert,
Bd. 1: Das Hagenauer Religionsgespräch (1540),
Teilbd. 2, Göttingen 2000,
S. (1071)1072-1078, Nr. 390.
Forschungsliteratur (Auswahl)
- Fuchtel, Paul, Der Frankfurter Anstand vom Jahre 1539, in: ARG 27 (1930), S. 145-206.
- Lies, Jan Martin, Zwischen Krieg und Frieden. Die politischen Beziehungen Landgraf Philipps des Großmütigen von Hessen zum Haus Habsburg 1534-1541, Göttingen / Bristol (Conn.) 2013 (VIEG 231), S. 397-427.
- Luttenberger, Albrecht P., Glaubenseinheit und Reichsfriede. Konzeptionen und Wege konfessionsneutraler Reichspolitik 1530-1552 (Kurpfalz, Jülich, Kurbrandenburg), Göttingen 1982 (SHKBA 20) [Digitalisat], S. 185-199.
- Luttenberger, Albrecht P., König Ferdinand I., der Frankfurter Anstand (1539) und die Reunionspolitik Karls V., in: Edelmayer, Friedrich u.a. (Hg.), Plus ultra. Die Welt der Neuzeit. Festschrift für Alfred Kohler zum 65. Geburtstag, Münster 2008, S. 53-84.
- Schlütter-Schindler, Gabriele, Der Schmalkaldische Bund und das Problem der causa religionis, Frankfurt a. M. / Bern / New York 1986 (EHS.G 283), S. 165-175.
- Wohlfeil, Rainer, Frankfurter Anstand, in: Krause, Gerhard / Müller, Gerhard (Hg.), TRE, Bd. 11, Berlin / New York 1983, S. 342-346.
Vollständige Bibliographie
Fußnoten
Anm.: Gesandter König Ferdinands
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Anm.: Obervogt von Vaihingen; württembergischer Rat
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Anm.: Philipp III. von Nassau-Weilburg
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Anm.: Nassauischer Rat
Anm.: lüneburgischer Rat, seit 1540 lüneburgischer Kanzler
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