Religiöse Friedenswahrung und Friedensstiftung in Europa (1500-1800): Digitale Quellenedition frühneuzeitlicher Religionsfrieden

Antwerpener Religionsfrieden (12. Juli 1578)


Text

Antwerpener Religionsfrieden (12. Juli 1578)

1Religionsfrieden1

2Erstens weiß jeder, dass die tyrannischen Plakate2, die
3seinerzeit in der Sache der Religion durch den Rat und mit Zutun der
4Fremden und insbesondere der Spanischen Nation gemacht wurden, ohne
5die Stände des Landes dazu anzuhören, und die je länger mit umso
6härterer und unerträglicher Unnachgiebigkeit aufrechterhalten wurden, der
7Ursprung aller unserer gegenwärtigen Konflikte und ebenso der Anlass
8dafür sind, dass auf vielerlei Arten Privilegien, Rechte und löbliche Gebräuche
9des Landes missachtet und mit Füßen getreten wurden und schließlich
10ein beklagenswerter Krieg verursacht wurde, der von den Feinden des Vaterlands
11zu unserer äußersten Sklaverei und Verderbnis begonnen wurde. Und da
12es dagegen kein anderes Mittel gab, außer dass die Provinzen der Hiesigen
13Lande3 in einem Bündnis zusammentreten, so ist daraus die Pazifikation von
14Gent4 entstanden, welche nach verschiedenen Beratungen und Konsultationen
15sowohl von den Bischöfen und Theologen als auch vom Staatsrat und
16anderen der Hiesigen genehmigt, bestätigt und durch öffentliche (feierliche)
17Eide beschworen wurde, nicht nur von den geistlichen und weltlichen
18Ständen der gesamten Niederlande im Allgemeinen und im Einzelnen,5
19sondern auch von Herrn Johann von Österreich im Namen Seiner Majestät, der mit den
20vorgenannten Staaten ein Abkommen vereinbarte, um den vorgenannten
21Krieg und alle anderen Beschwernisse zu beenden.6 Und obwohl wir
22gehofft hatten, dass der Aufrechterhaltung dessen von Seiten des
23vorgenannten Herrn Johann kein Abbruch getan würde, dessen ihm übertragenes Amt
24insbesondere die Regierung und gute Leitung der vorgenannten
25Niederlande war, um diese in Ruhe und Frieden zu halten, hat er dennoch,
26im Gegenteil, die vorgenannte Pazifikation in vielerlei Punkten
27gebrochen und durch verschiedene Handlungen – gegen seinen Eid –
28gezeigt, dass er sich daran nicht halten wollte, sodass wiederum der
29vorgenannte Krieg von ihm erneuert wurde,7 was uns gezwungen
30hat, zur Erhaltung unserer natürlichen Freiheit Wehr und Waffen
31gemeinsam wieder aufzunehmen: Wir waren auch dadurch und durch
32die äußerste Not, in die uns der vorgenannte Krieg (Vater8 aller Unordnung
33und Beschwernis) gebracht hat, gezwungen, gegen unseren Willen und unsere
34gute Absicht verschiedene der Religion und dem Gehorsam Seiner Majestät
35gegenüber vorgreifende Dinge zu tun und zuzulassen, an die wir sonst nicht
36hätten denken wollen und die wir gegenwärtig nicht verhindern können,
37wie wir zu verschiedenen Zeiten vor diesem Krieg sowohl durch
38an Seine Majestät und auch an den vorgenannten Herrn Johann gesandte
39Briefe als auch durch Botschafter dargelegt und bezeugt haben,9 obgleich es uns
40weder an Macht noch Willen zu unserer vorgenannten Verteidigung fehlt.
41Wenn also die Unterschiede der Provinzen und menschlichen Meinungen dem10 entgegenstehen,
42so ist zu fürchten, dass weder unser guter Wille noch unsere Macht etwas
43ausrichten werden, es sei denn, dass wir gemeinsam in ein engeres und stärkeres
44Bündnis, eine unverbrüchliche Übereinkunft und Vereinigung, insbesondere
45hinsichtlich der Religion [kommen] können, denn das [gilt] nicht nur aufgrund des
46Krieges, sondern auch aufgrund des unvermeidbar häufigen Besuchs und
47Kontakts der Kaufleute und anderer Einwohner umliegender Reiche und
48Länder wie Frankreich, England und Deutschland und weiterer von der
49(oben genannten) sogenannten reformierten Religion; dieselbe Religion,
50die in verschiedenen Hiesigen Provinzen befolgt und sehr beherzigt wird.11
51So ist sehr zu befürchten, es sei denn, dass man die Freiheit und Ausübung
52dieser, gleichwie der alten Religion, mit einer wohlwollenden Vereinbarung
53und einem Religionsfrieden zulässt – nach dem Beispiel von Deutschland und Frankreich,12
54die durch dieses Mittel gemeinsam übereingekommen sind und in Frieden und Wohlstand
55leben, während sie zuvor einander keineswegs ertragen konnten und
56sich sehr feindlich behandelten – dass bei deren Fehlen große Gefahren,
57Blutvergießen und andere Beschwernisse entstehen würden, wodurch unser
58aller Feinden je länger umso mehr Zugänge und Mittel innerhalb des Landes
59gegeben würden, wohingegen wir uns[, wenn wir] in einer freundschaftlichen Union
60vereinigt und verbunden sind, vor allen bevorstehenden Beschwernissen
61und allen Gräueln schützen können. In Anbetracht all dieser
62Dinge und besonders, weil der Feind nichts mehr fürchtet, als uns
63in der Religion vereinigt zu sehen, um uns unter ihrem Deckmantel
64von allen Seiten in Zwietracht zu bringen und zu halten, und
65sofern es geschieht, dass er mit List oder Waffengewalt ins
66Land fällt, wird er weder Geistliche noch Katholiken13 noch andere schonen;
67auch in Anbetracht dessen, dass die vorgenannten [Anhänger] der sogenannten
68reformierten Religion in verschiedenen Supplikationen sehr inständig
69darum baten,14 dass ihnen die freie Religionsausübung unter
70angemessenen Vorschriften und Ordnungen zugestanden werde, so regeln
71und verordnen wir um allgemeiner Ruhe und Friedens willen nach
72reiflicher Beratung darüber nicht nur mit den Abgeordneten der
73Generalstände, sondern auch im Einzelnen darauf achtend, was die Stände
74jeder Provinz geregelt und verordnet haben, hiermit die nachfolgenden
75Punkte und dies ohne Präjudiz15 für das Bündnis und die Hiesigen
76Provinzen, die aus Anlass dieser Regelung weder einander Veränderung
77aufdrängen noch sich voneinander scheiden dürfen, (zumal)
78niemand gezwungen ist, seine Religion zu ändern noch
79diese Freiheit anzunehmen, wenn er sie nicht gut findet.16

I.

81Erstens, dass alle Missetaten und Injurien17, die seit
82vorgenannter Pazifikation von Gent wegen der Religion geschehen sind,
83vergeben und vergessen sein sollen, als ob sie nicht geschehen wären, so dass
84aus diesem Grund niemand angeklagt oder verfolgt werde; wohlgemerkt,
85dass da überhaupt keine Anzeige oder Untersuchung gemacht werden darf,
86bei Strafe, bei Übertretung als Friedensbrecher und Unruhestifter zur
87Rechenschaft gezogen zu werden.

II.

89Und damit im Anschluss daran wegen der Verschiedenheit der
90Religionen (die mit Gewalt und Waffen weder erhalten, eingeführt,
91noch auch unterdrückt werden dürfen) keine Zwietracht oder kein Streitpunkt mehr
92aufkomme, wird verordnet, dass jeder, was die vorgenannten zwei Religionen18 angeht, frank
93und frei bleiben mag, wie er es vor Gott verantworten will, in solcher
94Weise, dass der eine den anderen nicht störe, sondern dass ein jeglicher,
95er sei geistlichen oder weltlichen Stands, das Seine in Ruhe und Frieden
96innehaben und behalten darf und Gott diene nach dem Verstand, der ihm gegeben
97ist, und so wie er es am Jüngsten Tag verantworten will, zumindest so
98lange und bis zu der Zeit, zu der ein Allgemeines oder Nationalkonzil,
99nachdem beide Parteien frei angehört wurden, deswegen anderes beschließt
100und bestimmt.

III.

102Und damit die vorgenannte Religionsfreiheit auf beiden Seiten
103mit geeigneten und erträglichen Bedingungen zu jedermanns Ruhe und
104Sicherheit geregelt sei, wird angeordnet, dass die Katholische und Römische
105Religion wieder zugelassen werde, sowohl in den Städten von Holland und
106Seeland als auch in anderen Städten und Orten der Hiesigen Lande,
107wo sie verlassen wurde, um dort friedlich und frei ausgeübt zu
108werden ohne jedwede Probleme oder jedwedes Hindernis für diejenigen, die es
109begehren,19 vorbehaltlich, dass sie nicht weniger als hundert
110Haushalte in allen großen Städten oder großen Dörfern sind, wo sie mindestens ein Jahr lang ständig
111ansässig waren und in den kleinen der Großteil der Einwohner ebenfalls ein
112Jahr lang.

IV.

114So soll ebenfalls auch die vorgenannte sogenannte reformierte Religion
115öffentlich an allen Orten der Hiesigen Lande ausgeübt werden
116dürfen, wo dies von den Einwohnern in vorgenannter Zahl begehrt
117wird.

V.

119Wohlgemerkt: Sowohl diejenigen Leute der einen als auch
120der anderen Religion sollen vor dem Magistrat erscheinen,
121wo sie jeweils für sich die Ausübung der jeweiligen
122unterbrochenen Religion begehren sollen, welcher [d.h. der Magistrat]
123ihnen dazu sofort geeignete Plätze zuweisen muss, und
124zwar in Holland und in Seeland für diejenigen der alten
125Religion jene Kirchen und Kapellen, die hierfür [als geeignet] befunden
126werden, und bei Mangel daran, einige Plätze, an denen sie gestanden
127haben, wo die Katholiken ihre Kapellen oder Kirchen
128wieder aufrichten können; und in den anderen
129Provinzen solche geeigneten Plätze, die der Magistrat
130ihnen zuweisen wird, vorausgesetzt, dass sie, wenn möglich, fern
131von katholischen Kirchen gelegen sind, damit durch
132die Nachbarschaft und Lage keine Streitfragen oder
133Konflikte entstehen, wie man es gewöhnlich geschehen sieht; an jenen
134Plätzen soll jeder für sich jeweils Gottesdienste, Predigten,
135Gebete, Gesänge, Taufen, Abendmahl, Begräbnisse,
136Hochzeiten, Schulen und alle anderen Dinge, die der
137jeweiligen Religion zugehören, abhalten, hören und feiern
138dürfen.20

VI.

140Und wo die vorgenannte Ausübung nicht öffentlich geschehen soll, soll gegen
141niemand wegen des Tatbestands der Religion in irgendeiner Weise ermittelt oder jemand
142angeklagt werden auf Grund [dessen], was er in seinem Hause tut.

VII.

144Wir verbieten sehr ausdrücklich bei der vorgenannten Strafe sowohl den Angehörigen
145der einen als auch der anderen Religion, gleich welchen Ranges oder Standes sie seien,
146einander zu belästigen, mit Worten oder Taten eine Störung oder Behinderung
147in der Ausübung der jeweiligen Religion und dem, was dazu gehört,
148zu verursachen, als auch den anderen zu kränken oder zu verärgern.

VIII.

150Aber damit jeder davon Abstand nehme und verträglich ist, wenn er an
151Orte kommt, wo man eine andere als seine Religion ausübt, sei es so, dass er
152sich vor Erregung eines Ärgernisses hüte und sich nach den Statuten und Ordnungen
153der Kirche oder des Gotteshauses, wo er sich befindet, richte, bei vorgenannter Strafe.

IX.

155Dass alle Mönche, Ordensangehörige und andere geistliche Personen
156frei und ohne irgendeine Belästigung oder Behinderung von all ihren
157Gütern, Zehnten und allen anderen Vorrechten Gebrauch machen
158dürfen.

X.

160Dies ohne Präjudiz für die Provinzen Holland und Seeland, die sich,
161bezüglich der dort liegenden geistlichen Güter an den XXII. Artikel der
162genannten Pazifikation von Gent halten sollen,21 bis es von den
163Generalständen anders verordnet wird.

XI.

165Und um alle Irritationen, Bitterkeiten und Streitpunkte zu vermeiden,
166verbieten wir, über die eine wie die andere Seite irgendwelche höhnischen oder
167schmähenden Lieder, Balladen, Kehrreime oder andere Libellen22 oder diffamierenden
168Schriften zu machen, zu singen oder zu veröffentlichen noch zu drucken
169oder zu verkaufen.

XII.

171Wir verbieten auch bei vorgenannter Strafe allen Predigern, Lektoren und
172anderen, die in der Öffentlichkeit sprechen oder predigen, gleich von welcher Religion
173sie sind, Redeweisen oder Ausdrücke zu verwenden, welche sich auf Aufstand oder Aufruhr
174richten, sondern: sie sollen sich geziemend und bescheiden betragen und nichts Anderes
175sagen als das, was der Unterweisung oder Erbauung der Zuhörer dient.

XIII.

177Ferner verbieten wir bei gleicher Strafe allen Soldaten, welcher Religion
178sie auch seien, irgendein Erkennungs- oder Abzeichen zu tragen, wodurch sie
179einander reizen könnten oder Zwietracht oder Streitfragen erregen.

XIV.

181[Wir gebieten,] dass diejenigen der vorgenannten Religion dazu angehalten seien, sowohl in
182Holland und Seeland als auch anderswo, die Gesetze und Bräuche der
183katholischen Kirche für die geschlossenen und zu schließenden Ehen
184bei den Graden und Verhältnissen der Blutsverwandtschaft und
185Schwägerschaft einzuhalten; wohlgemerkt: Die bereits geschlossenen Ehen
186dritten oder vierten Grades von der vorgenannten Religion dürfen nicht behelligt
187werden, noch die Gültigkeit derselben Eheschließungen angezweifelt oder
188die Erbfolge der gezeugten und zukünftigen Kinder vorgenannter Ehen nicht
189anerkannt werden.23

XV.

191Wohlgemerkt: Die geistliche Verwandtschaft24 darf kein Hindernis für die
192Eheschließungen darstellen.

XVI.

194Und es soll kein Unterschied und keine Unterscheidung wegen der
195Religion gemacht werden bei der Aufnahme von allen Schülern, Kranken oder Armen,
196weder in Universitäten, Kollegien, Schulen, Spitälern, Siechenhäusern noch
197bei öffentlichen Almosen oder sonst.

XVII.

199Dass die von der [vorgenannten reformierten] Religion verpflichtet seien, außerhalb
200Hollands und Seelands die Festtage der katholischen
201römischen Kirche zu respektieren und einzuhalten und zwar Sonntage, Weihnachten,
202Aposteltage, Mariä Verkündigung, Himmelfahrt, Lichtmess und Fronleichnam,
203und an denselben Tagen [weder] arbeiten, [etwas] verkaufen noch die
204Läden aufmachen dürfen.

XVIII.

206Dass auch an Tagen, an denen es bei derselben Kirche verboten ist, Fleisch zu
207essen, die Metzgereien geschlossen bleiben, und [es] soll sich jeder öffentlich
208an die Verordnung eines jeden Ortes halten.

XIX.

210Und damit man all die hiesigen Untertanen besser vereinigen kann,
211erklären wir, dass sowohl Anhänger der einen als auch der anderen Religion alle
212Ämter und Stellungen innehaben und ausüben können, für die sie geeignet sind,
213sowohl solche der Justiz als auch andere, ohne dass diejenigen der vorgenannten
214sogenannten reformierten Religion einen anderen Eid leisten müssen
215noch zu anderem verpflichtet sein sollen, als allein gut und getreulich
216ihre Stellungen und Ämter auszuüben und die dafür erlassene Verordnung einzuhalten.

XX.

218Und weil die Verwaltung der Justiz eines der wichtigsten
219Mittel ist, um die Untertanen in Frieden und Eintracht zu erhalten,
220und nichtsdestotrotz dieselbe wegen der Vielzahl der Religionen und
221anderem an verschiedenen Orten mit Füßen getreten wird, zur großen Bedrängnis
222und zum Schaden der Unschuldigen und anderer, die Recht begehren, so ist darum
223hierin, und um allen Verleumdungen abzuhelfen, welche heute so sehr herrschen,
224mit der vorgenannten Strafe sowohl Richtern, Magistraten als auch anderen
225Personen untersagt, fortan jemanden zu ergreifen oder gefangen zu nehmen, ohne die drei
226gebräuchlichen Verfahren zu befolgen, nämlich auf frischer Tat, oder auf Verordnung
227eines Richters hin, auf Grundlage vorangegangener gesetzlicher [Informativ-]Ermittlungen,25 oder aufgrund
228der Eingabe einer bestehenden [Kläger-]Partei, welche die Tat vorher angezeigt hat.

XXI.

230Und die Personen, die durch eines der drei vorgenannten Mittel gefangen
231genommen werden, müssen sofort in die Hände ihres zuständigen Richters
232übergeben werden, welcher von ihren Taten Kenntnis hat und Recht spricht,
233wie es sich gehört.

XXII.

235Und damit nichtsdestoweniger die schlimmen Gerüchte über die Republik
236besser ausgeräumt und vertrieben werden mögen, so ist jedem erlaubt, auch
237ohne eigenes Interesse einen anderen, wer er auch sei, anzuzeigen,
238vorbehaltlich, dass dies durch eine ordentliche Informativschrift26 und
239vor dem zuständigen Richter geschieht, der gehalten ist, nach acht Tagen oder
240eher, den örtlichen Gepflogenheiten gemäß, den Beschuldigten [zu seiner Verteidigung] berichten
241zu lassen und desweiteren darin mit aller Sorgfalt fortzufahren bis zur Verurteilung oder
242bis zum Freispruch; so soll hier gute Gerichtsbarkeit befinden, wie es sich gehört.

XXIII.

244Ohne dass irgendjemandem erlaubt wird, einen anderen zu verleumden
245oder leichtfertig ohne Grundlage zu beschuldigen und seinen Namen oder
246Ruf zu schädigen oder [ihm übel] nachzureden, bei vorgenannter Strafe.

XXIV.

248Und um bei der Ausübung sowohl der Zivil- als auch der Strafgerichtsbarkeit
249jeden völlig zufrieden zu stellen, wird angeordnet, dass fortan alle
250Gesetze und Magistrate der einzelnen Städte, Burggrafschaften, Dörfer und
251Herrschaften der Hiesigen Landen von den vortrefflichsten
252Personen, Liebhabern des Vaterlands ohne Ansehen der Religion gestellt
253und gemacht werden sollen.

XXV.

255Diese Gesetze und Magistrate sollen alleine und umfassend dort
256die Sache der Justiz, Polizei oder Regierung der Städte und
257Orte regeln, wo sie gültig und zuständig sind.

XXVI.

259Ohne dass jemand diese dabei störe, behindere oder sie
260beschäme, noch sie irgendwie darin belaste, gleich auf welche Weise und
261unter welchem Vorwand das sei.

XXVII.

263Und weil die Gesetze überall kürzlich erneuert wurden, sollen
264diejenigen, die man die Achtzehn nennt (oder andere dieser Art in kleinerer oder
265größerer Anzahl),27 allenthalben entlassen werden und es soll ihnen verboten sein, sich
266dort einzumischen oder sich um die allgemeinen Angelegenheiten oder die
267Befestigung und Bewachung der Städte zu kümmern, es sei denn, dass sie durch die vorgenannten
268Gesetze zu derselben Befestigung und Bewachung besonders erwählt und abgeordnet werden.28

XXVIII.

270Und diesbezüglich dürfen sie auch keinerlei wichtige Verordnungen
271machen ohne vorangegangene Verständigung über das Gesetz und mit der jeweiligen
272Stadt, in der sie gestellt wurden und auf deren ausdrückliche Verordnung hin, bei
273der vorgenannten Strafe.

XXIX.

275Und damit diese unsere Verordnung leichter eingehalten werde, sollen
276durch die Kommissare29 und andere Abgeordnete oder durch diejenigen, die zur
277Erneuerung der Gesetze bevollmächtigt sind, vier angesehene und tugendhafte Personen
278bestimmt werden, die gut qualifiziert sind, um bei allen Angelegenheiten von Amts wegen,
279ja auch ohne von einer Partei dazu ersucht worden zu sein, sich über die Verletzung
280und Übertretung der genannten Verordnung zu informieren; diese eingeholte Information
281soll schriftlich abgefasst und von mindestens drei von ihnen unterzeichnet
282sofort dem Magistrat ausgehändigt werden, damit er vom Wesentlichen davon
283Kenntnis nimmt und gegen die Übertreter bei sofortiger Vollstreckung der
284vorgenannten Strafen einen Prozess führt.

XXX.

286Wohlgemerkt: Die Amtszeit der vorgenannten angesehenen und tugendhaften
287Personen soll nicht länger als ein Jahr dauern und sie sollen mit dem vorgenannten
288Magistrat neu bestimmt und ausgewechselt werden.30

XXXI.

290Und da der Ungehorsam einiger hiesiger Städte gegen
291ihre Obrigkeit Anlass zu großem Misstrauen gibt, die zu einem Teil
292bislang die Zulassung und Freiheit der Religion verachtet haben, und
293ohne die Wiederherstellung des vorgenannten Gehorsams keinerlei
294Basis für Sicherheit gefunden werden kann, wird verordnet
295und vereinbart, dass nicht allein alle Magistrate, sondern auch alle
296anderen, von welchem Stand oder welcher Stellung sie seien, fortan
297zu Gehorsam verpflichtet und schuldig sind und allen Verordnungen,
298Plakaten, Mandaten und Befehlen sowohl von Seiner vorgenannten Hoheit als
299Statthalter und Generalkapitän als auch von den vorgenannten Herren
300Generalständen Folge geleistet werde, sowohl um Kriegsvolk und Garnisonen
301auszuheben, zu entlassen, zu unterhalten, anzunehmen und einzustellen oder
302abzumustern, als auch um Geld einzusammeln, zu verwenden oder auszuteilen
303zur Unterhaltung des gegenwärtigen Krieges, und insgesamt in allen anderen
304Dingen, die sich für einen Statthalter und Generalkapitän gewöhnlich zu tun
305oder zu lassen gehören.

XXXII.

307Und was die Gefangenen angeht, welchen Ranges oder welcher Stellung sie
308auch seien und wo sie auch festgehalten werden: Sie sollen ohne jede Ausnahme
309sofort vor ihren ordentlichen Richter zu[r] Recht[ssprechung] gestellt werden
310oder, wenn diese fehlen, unter solche Auflagen, Bedingungen und gegen
311Bürgschaften freigelassen werden [wie] der allgemeinen Ruhe und der Sicherheit jedes
312Einzelnen und des Vaterlands angemessen erscheinen, bei Strafe, dass
313die Rechtsbrecher im Einzelnen und im Allgemeinen als Feinde und Störer der
314allgemeinen Ruhe ausgestoßen werden und ihre Güter zum gemeinen Nutzen ohne
315Präjudiz für diejenigen, die Ansprüche geltend machen,31 verwendet werden.

XXXIII.

317Wohlgemerkt: Falls man wegen irgendeiner redlichen Ursache
318nicht gehalten wäre, den vorgenannten Verordnungen, Mandaten
319und Befehlen sofort nachzukommen, soll ihre Ausführung, sofern dieselbe
320Aufschub dulden kann, vertagt werden bis das Reskript (das
321mit aller Sorgfalt erstellt werden soll) Anderes anordnen wird.32

XXXIV.

323Diesen zwei Verordnungen oder Befehlen muss jeder ohne weitere
324Eingabe oder weiteren Aufschub sofort Gehorsam leisten.

XXXV.

326Alles ohne Präjudiz für die Privilegien und löblichen Sitten oder
327Gebräuche aller vorgenannten Provinzen, welche in ihrer Kraft und
328Geltung von dieser Verordnung unberührt bleiben, mit der wir nicht
329beabsichtigen, den genannten Privilegien irgendwie Abbruch zu tun.33

XXXVI.

331Seine Hoheit und die vorgenannten Generalstände behalten sich34
332die Auslegung, Erklärung, Einschränkung, Erweiterung oder Veränderung dieser
333Verordnung und jedes ihrer Punkte vor, wie zu späterer Zeit für den Wohlstand und Frieden
334des Vaterlands als angemessen befunden wird.35

XXXVII.

336Und damit eine vollkommene Bekräftigung und Versicherung all des zuvor Geschriebenen
337gewährleistet ist, sind mit gutem Wissen und Willen hochgeborene und mächtige
338Fürsten in diesen Vertrag eingeschlossen,
339von welchen ein jeder Garant und Bürge für die Vertragstreue,
340sowohl der einen als auch der anderen Partei, und für
341die ganze Erfüllung und genaue Einhaltung von allem oben
342Ausgeführten mit fürstlichem Wort gelobt und geschworen
343haben bei dem Glauben und Gesetz, das sie in ihrer Taufe
344angenommen haben, die eine wie die andere Seite, die sich hernach
345in ihren Interessen, in welcher Art oder Weise auch immer, durch
346Übertretung oder Verletzung dessen, was verordnet ist, ganz
347oder zum Teil betroffen, geschädigt oder gemindert finden,
348zu schützen, zu garantieren und wiederherzustellen; und die
349Prälaten und andere geistliche Personen und ihr Vermögen
350unter ihrem besonderen Schutz zu haben, damit denselben
351keine Behinderung oder Belästigung ihrer Person,
352der Ausübung ihrer vorgenannten Religion sowie der friedlichen
353Nutzung und des Gebrauchs aller ihrer Güter, sowohl des Zehnten
354als auch anderer, widerfahre.

XXXVIII.

356Solchermaßen sowohl durch den Staatsrat als auch
357durch die Generalstände der Hiesigen Lande entworfen und beraten,
358zu Antwerpen versammelt am 12. Juli 1578.


Sachliche Anmerkungen

1 Der ursprüngliche Titel »Religionsfridt« zeigte bereits durch die Wortwahl die Anlehnung an den Augsburger Religionsfrieden (vgl. Ubachs, Religievrede, S. 46; Kaplan, Equality, S. 105f.). Die Bezeichnung »Religionsfridt« wurde gleichermaßen in niederländischen und französischen zeitgenössischen Dokumenten noch vor der Verabschiedung des Religionsfriedenstextes verwendet (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 83).
2 Bekanntmachtungen der Obrigkeit, aber auch andere Publikationen wurden an öffentlichen Orten ausgehängt (»plakatiert«).
3 Die Hiesigen Landen (»Landen van Herwaartsover«) bezeichnete den Nordteil, »Landen van Derwaartsover« den Südteil der Niederlande.
4 Vgl. den Text der Pazifikation von Gent vom 8. November 1576 in Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 126-132, Nr. 23. In der Genter Pazifikation beschlossen die niederländischen Stände ihre Vereinigung unter Wahrung des religiösen Status quo.
5 In der ersten Union von Brüssel (8. Januar 1577) bekräftigten die niederländischen Provinzen die Genter Pazifikation (8. November 1576). Nach Ansicht der Delegierten von Holland und Seeland waren die Abschnitte über die Religion gegenüber dem Genter Vertrag verändert worden, so dass sie zögerten, die Brüsseler Union zu unterzeichnen (vgl. Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 133f., Nr. 24). Die Schwierigkeiten der Ausdeutung der Pazifikation von Gent sprach der Text der zweiten Union von Brüssel (10. Dezember 1577) an und bekräftigte erneut den Genter Vertrag (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 120-125, Nr. 43; Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 145-148, Nr. 29).
6 Der königliche Statthalter Don Juan de Austria stimmte im Ewigen Edikt (12. Februar 1577) der Genter Pazifikation zu, die er als Sicherung der altgläubigen Religion in allen niederländischen Provinzen auslegte (vgl. Parker, Aufstand, S. 215f.; Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 135). Philipp II. ratifizierte das Ewige Edikt, womit er auch die Genter Pazifikation grundsätzlich anerkannte (vgl. Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 145, Anm. 3). Wilhelm von Oranien und die Staaten von Holland und Seeland verurteilten die Vereinigung der Generalstaaten mit Don Juan in einem Antwortschreiben vom 8. Februar 1577 (vgl. ebd., S. 135).
7 Don Juan begann, nachdem er, politisch unter Druck gesetzt, aus Brüssel geflohen war, erneut aufzurüsten, was zum Bruch mit den Generalstaaten führte. Vgl. hierzu die Einleitung.
8 Im Niederländischen »Mutter«, weil oorlog weiblich ist.
9 Vgl. die Beschwerde der Brabanter Abgeordneten bei den Generalstaaten wegen der Verstöße gegen die Genter Pazifikation (7. April 1578) (vgl. Japikse (Hg.), Resolutiën 2, S. 435f.) oder auch die Beschwerde des Magistrats von Brügge (14. Juni 1578) gegenüber Erzherzog Matthias wegen der Verletzungen des Friedens und seine Antwort an den Magistrat (14. Juni 1578) (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 410, Nr. 169).
10 Sc. der Verteidigung.
11 In Holland und Seeland war die Mehrheit der Bevölkerung reformiert. Abgesehen von den mehrheitlich altgläubigen wallonischen Provinzen waren die meisten anderen Provinzen religiös gespalten, was sich zuvorderst in Brabant und Flandern zeigte (vgl. Kaplan, Equality, S. 105).
12 Vgl. den Text des Augsburger Religionsfriedens, das Januaredikt, das Edikt von Amboise, das Edikt von Longjumeau, das Edikt von Saint-Germain, das Edikt von Boulogne, das Edikt von Beaulieu, das Edikt von Poitiers. Schon in der Supplikation der Dordrechter Synode (22. Juni 1578) war der vorbildhafte Charakter der Lösung der Religionsfrage im benachbarten Heiligen Römischen Reich und Frankreich herausgestellt worden (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 467).
13 Sc. weder Kleriker noch die katholische Bevölkerung.
14 U.a. hatte sich Pfalzgraf Johann Kasimir in einem Brief an Erzherzog Matthias (15. Mai 1578) für einen Religionsfrieden eingesetzt (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 384, Anm. 1). Insbesondere forderte Wilhelm von Oranien gemeinsam mit dem Staatsrat am 9./10. Juni 1578 die Beratung über einen Religionsfrieden, was mit der Mehrheit der Stimmen von den Generalstaaten abgelehnt wurde (vgl. ebd., S. 398-401, Nr. 165). Die von der Dordrechter Synode ausgehende Supplikation an Erzherzog Matthias und den Staatsrat vom 22. Juni 1578 begründete die Notwendigkeit und Umsetzbarkeit eines Religionsfriedens (vgl. ebd., S. 460-471, Nr. 182), für den sie sich erneut am 5. Juli gegenüber dem Staatsrat und Matthias aussprachen (vgl. ebd., S. 480-482, Nr. 188). Die Argumente in der Supplikation der Synode überschnitten sich weitgehend mit denjenigen, welche Wilhelm von Oranien gegenüber den Generalstaaten in seiner Anfrage Anfang Juni vorgebracht hatte (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 84).
15 Sc. rechtlichen Vorgriff.
16 Die Vorrede wurde vermutlich von dem Staatsratsmitglied Johan van de Warcke verfasst. Über die genauere Entstehung ist wenig bekannt (vgl. Prims, Religievrede, S. 71).
17 Kränkungen der Ehre eines Anderen durch Beleidigung, üble Nachrede, Schmähung.
18 Die zwei zuvor benannten Religionen waren zum einen diejenigen »vande Religie gepꝛetendeertgepretendeert gherefoꝛmeerdeghereformeerde« (der sogenannten reformierten Religion) und zum anderen diejenigen »vande oude Religie« (der alten Religion). Ein Bekenntnis, das die unter dem Religionsfrieden Subsumierten genauer benannte, war nicht enthalten. Wer unter dieser recht offenen Bezeichnung in den Frieden eingeschlossen sein sollte, blieb eine Auslegungsfrage. In der Supplikation der Dordrechter Synode war durchgehend von »Protestanten« die Rede (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 460). Während Mitglieder des Konsistoriums der Reformierten Kirche den Antwerpener Frieden vom 29. August 1578 mit unterzeichneten, wurden erst in Reaktion auf die Petition der Anhänger der lutherischen Glaubensrichtung an Erzherzog Matthias und den Staatsrat diese am 6. September 1578 ausdrücklich in den lokalen Religionsfrieden von Antwerpen eingeschlossen. Nachdem die beiden höheren Brabanter Stände (Prälaten und Adel) für die Annahme des Religionsfriedens vom 12. Juli gestimmt hatten, diskutierte der große Antwerpener Rat den Religionsfrieden im Oktober 1578 neu: Die Anhänger der lutherischen Glaubensrichtung waren nicht explizit erwähnt worden und die Bezeichnung »Reformierte« könne nicht auf Anhänger der Augsburgischen Konfession angewandt werden, so die Stadtviertelvorsteher (wardmasters). Die Anabaptisten fanden im Religionsfrieden keine Erwähnung. Neben Antwerpen war Brüssel die einzige Stadt, welche Anhänger der lutherischen Glaubensrichtung in den Religionsfrieden einschloss (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 87-89). Der zwischen städtischem Rat, calvinisch gesinnten Predigern und Vertretern des reformierten Kirchenrats in Brüssel sowie der zentralen Regierung in Antwerpen ausgehandelte lokale Religionsfrieden (18. September 1578) wurde im Mai 1579 de facto auf die Anhänger der lutherischen Glaubensrichtung ausgeweitet (Inbesitznahme einer Kapelle), welche jedoch nicht formal in den Religionsfrieden aufgenommen wurden. Der am 25. Juni 1579 in Brüssel eingeführte neue Religionsfrieden brachte keine grundlegenden Änderungen (vgl. Marnef, Protestantisme, S. 243-246).
19 Diese Zuweisungen von Gottesdienstplätzen durch den Magistrat wurden in Abhängigkeit von der sich wandelnden Größe der lokalen Gemeinden verschiedentlich neu bestimmt (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 87).
20 Bereits in der Supplikation der Dordrechter Synode war die Regelung im Augsburger Religionsfrieden in einigen Städten zwei Religionen, nämlich die Anhänger der alten Religion und die Augsburgischen Konfessionsverwandten, zuzulassen (vgl. Art. 27 des Augsburger Religionsfriedens) als vorbildhaft angeführt worden (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 468). Vereinzelt führte die Zuteilung der Gottesdienstplätze durch den Magistrat auch zur gemeinsamen Nutzung eines Kirchengebäudes durch Anhänger verschiedener Religionen (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 88).
21 Die Genter Pazifikation sah vor, dass Prälaten und anderen Geistlichen mit Besitz in Holland und Seeland dieser zurückerstattet werden sollte. Mönche (religieusen) und andere Geistliche, welche aus den beiden Provinzen emigriert waren, sollten entschädigt werden oder die Besitzungen zurückerhalten (vgl. Kossmann (Hg.) u.a., Texts, S. 126-132, Nr. 23, bes. S. 131).
22 Schmähschriften.
23 Nach kanonischem Recht galt die Ehe in gerader Linie der Blutsverwandtschaft und in der Seitenlinie bis in den vierten Grad als ungültig. Auch Schwägerschaft war ein Ehehindernis (vgl. Weigand, Ehe, Sp. 1623).
24 Geistliche Verwandtschaft bezeichnete nach kanonischem Recht ein Verwandtschaftsverhältnis, das u.a. durch Taufpatenschaft hergestellt wurde (vgl. Jussen, Verwandtschaft, Sp. 1597, 1599).
25 Sc. auf Veranlassung des Amtmanns, der die Fakten zu dem Fall erhob (Hinweis von Susanne Friedrich).
26 Sc. der Ermittlungsbericht in einem processus informativus, in dem neben Indizien auch Informationen aus Zeugenbefragungen zulässig waren (Hinweis von Susanne Friedrich).
27 Die Achtzehn, die u.a. in Gent, Brüssel und Antwerpen eingesetzt worden waren, formierten sich als calvinisch gesinnte und zugleich antispanische Gruppe, die Einfluss auf die städtische Regierung ausübte. Teilweise wurden die altgläubigen Stadtväter ersetzt (vgl. Prims, Religievrede, S. 43f.; Parker, Aufstand, S. 225f.). Im Oktober 1577 formierte sich in Brüssel ein für militärische Angelegenheiten zuständiges Sonderkomitte der Achtzehn, dem zum Teil auch Handwerker angehörten (vgl. Parker, Aufstand, S. 221). Mit der Stärkung des städtischen Magistrats und der Absage an die Achtzehn grenzte sich der Religionsfriedenstext von dieser gewaltbereiten Bewegung ab (vgl. hierzu Wittman, Gueux, S. 215).
28 Die acht Antwerpener Obristen, welche im Februar 1578 vom städtischen Magistrat bestimmt worden waren, übten beträchtlichen Einfluss in politischen und religiösen Belangen aus: So brachten die Antwerpener Obristen und Kapitäne der städtischen Miliz selbst das Anliegen eines Religionsfriedens gegenüber Erzherzog Matthias wie auch den Generalstaaten im Juli und August 1578 vor und übten auf die Brabanter Adligen und Prälaten Druck aus, um sie zur Annahme des Religionsfriedens zu bewegen (vgl. Marnef, Multiconfessionalism, S. 85f.).
29 Kommissare wurden als Vertreter in den Regierungskollegien auf Provinzial- und Generalitätsebene, darunter Generalstaaten und Staatsrat, von Ritterschaft und Städten entsandt (vgl. Gabriëls, Patrizier, S. 48).
30 Diese Kommission wurde nur in Antwerpen umgesetzt und dort nach dem Ewigen Frieden (12. Juni 1579) dann mit einem Altgläubigen, einem Anhänger der calvinischen und einem Anhänger der lutherischen Glaubensrichtung besetzt (vgl. Ubachs, Religievrede, S. 53; Marnef, Multiconfessionalism, S. 92).
31 Im Zuge der Besitzbeschlagnahmungen bestand die Möglichkeit, Ansprüche und Ausgleichsforderungen, welche gegenüber dem als Rechtsbrecher Verstoßenen bestanden, geltend zu machen.
32 Zu der gesetzlichen Regelung in einem bestimmten Sachverhalt konnten Anfragen oder Eingaben an den Gesetzgeber gerichtet werden. Die schriftliche, rechtlich bindende Antwort erfolgte als Reskript.
33 Aus dem französischen Vorschlag war ein hiernach folgender längerer Absatz über die Verbindlichkeit des Religionsfriedens nicht in die verabschiedete Fassung übernommen worden. In diesem Absatz wurden alle politischen, militärischen und kirchlichen Amts- und Funktionsträger aufgefordert, die Einhaltung des Religionsfriedens zu beschwören, seine Durchsetzung zu gewährleisten und Verstöße zu ahnden. Die lokalen Autoritäten sollten binnen acht Tagen einen Bürgereid abnehmen und für die Publikation des Friedens sorgen, worüber binnen vierzehn Tagen an Erzherzog Matthias oder den Staatsrat Bericht erstattet werden sollte (vgl. Schrevel (Hg.), Recueil 1, S. 448-459, Nr. 181, hier bes. S. 457, Z. 33-S. 459, Z. 3 [Zählung von AS]).
34 Reflexiv verwendete Form des Personalpronomens der dritten Person.
35 Trotz dieses Vorbehalts, dass Seine Hoheit und die Generalstaaten sich die Interpretation des Friedens und Änderungen vorbehielten, entschieden de facto die Provinzen und Städte über die Annahme und Konditionen des Friedens. Erzherzog Matthias, dem Staatsrat und auch den Generalstaaten fehlten die Möglichkeiten zur Durchsetzung einer übergreifenden Regelung. Daher war der Absatz über die Verbindlichkeit des Friedens aus dem französischen Entwurf nicht in die vorliegende beschlossene Fassung des Antwerpener Religionsfriedens übernommen worden (vgl. oben Anm. #). Eine umfassende Dokumentensammlung zu den Schwierigkeiten der Etablierung des Religionsfriedens bietet: ebd., ab S. 504 und Schrevel (Hg.), Recueil 2.

Bibliographie

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Wittman, Tibor , Les gueux dans les »bonnes villes« de Flandre (1577-1584), Budapest 1969.

Juan de Austria
Anm.: Statthalter der Niederlande
weiterführende Informationen
Wilhelm I. von Nassau-Oranien , Prinz
Anm.: Statthalter der Niederlande
weiterführende Informationen
Matthias, Kaiser
Anm.: Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, Erzherzog von Österreich, Generalstatthalter der Niederlande.
weiterführende Informationen
Johann Casimir Pfalz , Pfalzgraf
weiterführende Informationen
Jan van de Warcke
Anm.: Pensionär von Middelburg