Restitutionsedikt ( 6. März 1629) - Wien, HHStA, RK Religionsakten 33-1
1Wir,
2, von Gottes Gnaden Er-
3wöhlter Römischer Kaiser, zu allen Zeiten
4Mehrer deß in Germanien, zu ,
5, , und Sclavonien etc. Kö-
6nig, Ertzhertzog zu , Hertzog zu ,
7zu , zu , zu , zu , zu
8, zu , ,
9Fürst zu , Marggraff deß
10zu , und , Gefürster
11Graff zu , zu , zu , zu und
12zu , Landgraff in , Herr auff der , zu und zu etc.,
13Embieten N.1 Allen und Jeden Churfürsten, Fürsten, Geist- und Weltlichen, Prae-
14laten, Graven, Freyen Herrn, Rittern, Knechten, Landtvögten, Haubtleuten, Vitzdom-
15ben2, Vögten, Pflegern3, Verwesern4, Ambtleuthen, Landtrichtern, Schulthaissen5, Burgermai-
16stern, Richtern, Räthen, Burgern, Gmaindten und sonst allen andern und deß
17 Underthanen und Getreuen, in was Würden, Standt oder Wesen die seynd,
18Freundtschafft, Gnad und alles Guts.
Und setzen ausser zweiffel, E[uer] L[iebden] A[chtbaren] und Euch
19auch Menniglich6 werde mehr dann zuviel wissent und bekant seyn, in was schädliche Mißhellig-
20keit und Zerrüttung geliebtes nun ein lange zeithero ge-
21schwebt, dessen Mißtrauen und hochgefährlicher Trennung Anfang unnd Brunnenquel ur-
22sprünglich zwar die laidige Spaltung in der Religion gewesen und noch ist, nach derselben aber
23dieses vornemblich, daß gegen den 7, so vornemblich deßwegen auffge-
24richtet, damit die Stände beider Religion gemäß einträchtig sich gegeneinander
25verhalten, auch kein Thail dem andern an seinen Rechten, Gütern, Landt und Leuthen keinen
26eingriff, schaden oder nachthail zufügen solle, nicht allein underschidliche Spolia8 und andere hoch-
27schädliche attentata9 verübet, sonder auch noch darzu under allerhand gesuchten10 schein unnd durch
28hochschädliches disputat11 uber den Religionfriden selbsten gleichsamm derselbe in seinem Inhalt den
29Jenigen, so dagegen gehandlet, zustatten kommen thete, iustificiert12 und verthädigt werden wöllen.
30Auß welchem dann erfolgt, nach dem die Turbatores13 etliche Urthel verlohren, auch Ihrer unrecht-
31messigen Eingriff halber noch fernern Verlusts sich besorgen müssen, daß man zuletzt eines thails
32gegen dem klaren Inhalt deß selbst alß auch anderer deß Abschied kei-
33nen Richter mehr leiden14, sondern den andern Thail zu einem neuen Vertrag, und daß sich derselbe
34under dem schein einer Composition15 alles An- und Zuspruchs gäntzlichen begeben16 möchte, zwin-
35gen wollen; auch zu behaubtung solches unrechtmessigen intents17 anfenglich allerhand verborgene
36Intelligenzen18, heimbliche Verbündnuß, underschiedliche Correspondenzen19 und zu letzt ein
37offentliche Union20, dann, alß dieselbe durch die entstandene 21 ein erwünschten
38Vortheila erlangt zuhaben vermeint, Ihr Vorhaben durchzutringen, noch weittere Confoedera-
39tiones22 und Bündnussen mit Inn- und Außländischen Herrschafften und Communen, Ja deß
40Erbfeinds Christlichen Nammens selbst23, einflechtung24 angestelt, biß entlich durch solche Machina-
41tiones25 daß gantze in ein Flammen und solchen Zustandt, darinnen es noch biß Dato
42mit höchsten seufftzen und weheklagen der nothleidenden Armen Underthanen sich befindet, ge-
43bracht worden.
Ob nun zwar dises Unhail sowohl Unsere Löbliche Vorfahren am
44alß auch vil Fridliebende Ständt und darunter vornemblich deß Churfürsten zeitlichen26
45vorgesehen27 und Ihres thails gern remedieren28 wollen, Alßdann noch Anno Fünffzehenhundert
46Neun und Fünfftzig alß man Erstlich uber und wider den eine vermeinte Clag
47einzuwenden tentirt29,30
weiland Unsers Vorfahren und Anhern Kaisers L[iebden] dieselbe
48Clagen an das Kaiserliche Cammergericht31 remittirt32, darüber aber die Protestirenden damahln
49die Cammer geflohen und die decision von gedachtes33 Unsers Anherrn Kaisers L[iebden] selbst
50begehrt mit diesem andeuten34, daß etliche darunter so lauter und klar, daß Sie einiger weittern auß-
51führung nit bedürfftig, sondern allein auß den schlechten35 Worten deß decidirt wer-
52den möchten. Inmassen ein solche General decision auff folgenden Reichstägen und sonderlich
53noch Anno Fünffzehenhundert Vier und Neuntzig36 gesucht, Alßdann auch damahln deß Admi-
54nistratoris der Chursachsen Hertzog L[iebden]37 solche decision zu besserer praepa-
55ration proponirn38 lassen,39
So ist doch wegen gefährlicher
56und anderer verlengten40 expeditionen die decision differirt41 worden.42
Nichts desto weniger aber
57haben höchstermelte Unsere Löbliche Vorfahren hierzwischen nicht underlassen, den betrangten,
58so bey denselben umb die Iustitz angehalten, Ihrem Kaiserlichen Ambt gemeß so wol an Ihrem
59Kaiserlichen Hoff-43 alß dem Cammergericht zu nach Inhalt deß und der
60allgemeinen Rechten dieselbe zuertheilen44, biß entlich Anno Sechzehenhundert und Dreyzehen
61die Jenige, so sich Correspondirende45 genent, nicht allein solcher rechtmessigen unnd in dem
6246 so wol alß auch in dem selbst außtrucklich fundirten
63process an dem Kaiserlichen Hoff- und Cammergericht neben überraichung neuer Gravaminum47
64sich beschwerdt,48
sonder auch die hiebevorauß obbeschriben selbst vorgeschlagene Kaiserliche
65decision weitter nicht zulassen wollen, sonder auff einen neuen modum eines gütlichen Ver-
66gleichs, so noch auff demselben 49
vorgenommen werden sollen, getrungen; und alß Sy
67damahls mit solcher vorgeschützten Composition50 nicht fortkommen mögen, haben Sy dannoch
68nicht underlassen, wegen eines absonderlichen Composition Tag51 starck in Unsers Vetter unnd
69Vattern - weyland Kaisers L[iebden] - zutringen, welche sich auch, damit nichts, so zu
70widerbringung guten Verstands52 under den Ständen dienen möchte, an Ihrem thail erwinden53
71liessen, einen Composition Tag entlich nicht zuwider seyn lassen.
Alß Sy aber der Catholischen
72Stände rechtmessige beschwer, so Sy bey solchem Mittel54 gehabt, in erwegung gezogen, weiln
73Sy von dem nit künten noch wolten abweichen und daher von Ihren Rechten
74transigendo55 gegen inhalt deß sich nicht wüsten einzulassen, unnd der Ursach
75halber alle handlung nit allein vergeblich, sonder allein zu mehrer verbitterung außschlagen wur-
76den, alß haben Sy solchen weeg alß ein desperirtes56 mittel57 fallen lassen,58
wie dann eines theils
77die protestierenden Stände selbst erkent, daß mit demselben ohne einwilligung deß Catholischen
78Thails schwerlich zugelange; dannenhero59 bald nach obgedachtem
79 neben den Catholischen auch deß und
80 L[iebden] Unsers Vorfahren Kaisers L[iebden] wohlmainent gera-
81then, daß Ihre obbemelten60 Gravaminibus auß Kais[erlichem] Ambt, Ihrer Vorfahren am ,
82Römischer Kaiser Exempel zuvolg, nach Inhalt der Constitutionen Ihre erledigung ge-
83ben sollen; wie dann darüber erstgedachtes61 L[iebden] das folgende Sechzehen-
84hundert und Vierzehende Jahr den Fünfften Martii in Ihrem Schreiben62
weitter erinnert, die
85Nider Sächssische Craiß Stände von der Conjunctur63 mit den Correspondirenden64 neben an-
86dern auß diesem fundament abzumahnen, weil Ihr im Werckh seyn, die Gravamina
87fürderlich zuerledigen.
Wann dann Unsers Kaiserlichen Ambts ermessen, nicht
88allein wie deß widerwertigen65 begegnen und ehegedachts
89widerumben zu rhue stellen, sondern auch zugleich, damit durch ungleiche außlegung und deuttung
90deß die Reichs Stände nicht weitter under einander in Zwitracht und Mißhel-
91ligkeit gerathen, embsiglich vorzusehen, auch der Ursachen halben von dem
9266 auß underthenigist auß treuer vorsorg für deß wohlstandt
93ersucht worden, die allergnedigiste verfügung zuthun, damit zu auffrichtung guten, bestendigen
94vertrauen die zum öfftern von den Ständen eingebrachte und geklagte Gravamina nach In-
95halt der Reichs Constitutionen, auch , so weit und vil darinnen
96submittirt67, erörtert und kain Standt demselben zuwider beleidigt und beschwerdt bleibe.
97Alß haben solche Unserm Kaiserlichen Ambt anhangende Erklärung und Resolution68 dem
98 gemäß, auch nach Inhalt der Reichs Abschieden - vornemblich de
99Anno Fünffzehenhundert Sechs und Sechtzig69
- lenger nicht sollen noch wollen anstehen lassen;
100bevorab70 demnach nicht allein vorgetragen worden, welcher gestalt auff mehrbesagtem71
101 die Protestierende selbst bekhent, daß die
102Gravamina nicht neu, sondern hiebevor offtmals geklagt,72 die Jenigen auch, so dabey interessirt
103zuseyn vermeinen möchten, gnugsamb allbereit73 darüber gehört worden, sonder auch schon
104lengst Anno Fünffzehundert Sechs und Sibentzig erstgemelte Protestierende Stände in Ih-
105ren Unserm Vorfahren Kaisers L[iebden] uberraichten Supplicieren74
umb erledigung Ih-
106rer Gravaminum mit gutem grundt selbst klärlich angedeutet, das unnoth sey, auff deß ai-
107nen oder deß andern theil bewilligung zusehen oder zuwarten, sondern der Kaiserlichen May[estät] alß
108dem Oberhaubt und Handhaber75 aller Ordnung und Gesetze, auch Beschirmer und Beschützer der
109Betrangten alle vollkomene Gewalt und Macht zustehe, Ihr Kaiserlich Ambt zu interponi-
110ren76 und, was zu fortsetzung gemeiner wohlfart und abschaffung alles schädlichen Mißverstandts
111und Unheils im ersprießlich sein mag und vorigen Reichssatzungen gemäß ist,
112zuverordnen.77 Welches Anno Fünffzehenhundertneun und Fünfftzig erstgemelte Protestirende,
113wie auch oben angezogen78, mit disem anhang an offtgedachts79 Anherrn Kaisers
114 L[iebden] mit solchen formalibus gelangen lassen, daß es umb die Gravamina also geschaffen, daß die-
115selbe (alß sich solches in Warheit befindet) auß den klaren Worten der Reichs Constitutionen
116und deß decidirt80 werden können und sollen.81
Ob nun zwar nichts liebers
117gewesen, alß allen solchen Gravaminibus durch Kaiserliche Resolution Ihre abhelffliche
118maß zugeben82, So haben doch vornemblich darauff gesehen, wie auch dessen von dem
119Churfürstlichen Collegio83 erinnert, die Jenige zuerörtern, darüber der Submission84 halber der
120wenigiste zweiffel nicht vorfallen möchte, Als die Jenige Gravamina sein, so auch ohne alle Sub-
121mission in dem klaren Buchstaben deß bestehen und an deren Resolution zu
122widerbringung eines durchgehenden Fridens am maisten und höchsten gelegen; darbey dann
123nit underlassen wollen, auch dem übrigen nachzudencken und bey erster gelegenhait ebenmäs-
124sig, damit sich niemand ferner zubeschweren Ursach habe, zu resolviren85.
125[Art. 1] [Art. 1.1] Diesem nach und damit zu dem Werckh selbsten schreitten, befinden :
126[Art. 1.1.1] Erstlich, das dem und vorigen dißfahls gantz nicht auffgehobenen Reichssa-
127tzungen zuwider in ein gantz unnöthig disputat86 gezogen und dardurch der jetzige Ubelstandt87 im
128 nicht wenig verursacht worden, ob auch die Jenige Stifftungen, Klö-
129ster und Praelaturn88, so unter der Fürsten unnd Ständt Gebieth unnd Pottmässigkeit89 gelegen,
130under dem begriffen90, den Jenigen, welchen die Landsfürstliche und sonsten Ter-
131ritorial Obrigkheit zustehet, Macht gehabt oder noch haben, solche einzuziehen, zu reformiern
132oder in ander weeg zu milten gaben oder sonst ihrem gefallen nach zuverwenden.91
Das nun
133solches nicht sein solle, den Obrigkheiten auch dergleichen eingriff in die Geistliche Güter, ob die
134zwar dem nicht ohne Mittel underworffen, nicht gebüre, darvon besagt
135der klar und außtrucklich im §. »dagegen« etc.92, das die Augspurgische Confes-
136sions Verwandte die andere »deß Stände der alten Religion - Geistliche oder Welt-
137liche - sambt und mit ihren Capituln unnd anderm Geistliches Standts, auch ungeachtet ob
138und wohin Sy ihre residenzen93 verruckt94 hetten, bey ihrer Religion, Glauben, Kirchen ge-
139bräuchen, Ordnung und Caeremonien, auch Ihren Haab, Gütern - ligenden und fahrenden -,
140Landen, Leuthen, Herrschafften, Obrigkheiten, Herrligkheiten95 und Gerechtigkheiten96, Renten97,
141Zinsen, Zehenten unbeschwert bleiben und Sy derselben fridlich und ruhiglich gebrauchen, ge-
142niessen98, unwaigerlich99 folgen lassen und getreulich darzu verholffen seyn, auch mit der that oder
143sonst in ungutem gegen dieselben nichts fürnemmen100, sondern in alleweg nach laut und außweisung
144deß Rechten, Ordnung, Abschieden und auffgerichten Landtfriden Jeder sich gegen
145dem andern an gebürendem, ordentlichen Rechten begnügen lassen101, Alles bey Fürstlichen Ehren,
146wahren Worten und vermeydung der Pöen102 in dem auffgerichten Landfriden begriffen103.«104 Daß
147nun die Wort: »und andern Geistlichen Standts« nicht auff solche Stifft und Klöster,
148so dem immediate underworffen105 und Reichs Ständt seyn, besondern auff die Jenigen, so in
149Ihrer der Augspurgischen Confessions Verwanden Territoriis oder Gebiet gelegen, zuverstehn
150seyn, das weisen106 nicht allein die Reichsacten und Prothocolla, welche über diesen Puncten im
151Fürstenrath gehalten worden, darinnen alles das jenige, was in diesem Paragrapho »von
152Geistlichen und Ihren Stifftern« under einem periodum107 gesetzt, gar underschied-
153lich und in specie108 anfangs von denen Geistlichen, so Reichsstände, darnach von denen, so nicht
154Reichsstände und in anderer territorio gelegen, disponirt109 und außgetruckt110 würdt, sondern
155es gibt auch der Context selber zuverstehen, das den Geistlichen, so Ihre Residentzen111 veruckt,
156eben sowol als wann Sy sich bey derselben noch befinden theten, Ihre Rendten und Einkom-
157men auß der andern territorio und gebieth folgen sollen. Allermeist aber, so ist solches her-
158nach auß dem §. »damit auch« etc.112 vollendt klärlich abzunehmen, in deme darinnen die Geistliche
159Iurisdiction113 wider die Augspurgische Confessions verwandten mit diesem außtrucklichen
160vorbehalt suspendirt114 würdt, daß solche Suspension den Geistlichen Churfürsten, Fürsten
161und Ständten, Collegien, Clöstern und Ordensleuten an Ihren Rendten, Güldt, Zinß
162und Zehenden, Weltlichen Lehenschafften, auch andern Rechten und Gerechtigkeiten, wie ob-
163steht (nemblich in vorangezogenem115 §. »dagegen«), unvergreifflich116 sein soll, Sintemalen117 in disen
164Worten die Jenigen Geistlichen, so Reichsstände - als Collegia118, Clöster und Ordensleut - von
165denen allen eben diß, was von Reichsständen hier und oben gemelt worden, in specie ge-
166setzt und widerholt wird. Alsdann eben dise Satzung sowol von der mittelbahren als unmit-
167telbahren Geistlichen Güetter, Rendten und Zinsen dem
168 §. »und mit etc. et sequentibus«119
allerdings correspondirt120, welcher
169als121 auch andere vorgehende Reichsabschiede, so in dem nicht expresse122 verän-
170dert, noch in seiner würcklichen Krafft123 unwidersprechlich verbleibt. [Art. 1.1.2] So ist auch zum andern
171solches im §. »dieweil aber« etc.124 aber etc. noch mehr zubefinden, dann in demselben würdt versehen125, daß
172die Jenigen Stifft und Clöster, welche nicht Reichsständen zugehörig und deren possession126
173die Geistlichen zur zeit deß 127 oder biß dahin nicht gehabt, sondern von
174den Augspurgischen Confessions verwandten Ständen noch vor dem
175eingezogen worden, Ihnen, den Augspurgischen Confessions verwandten, bleiben und dero-
176wegen weiter nicht mehr sollen angefochten werden. Weilen nun hie die Jenigen Stiffter
177und Clöster, so dem ohne alle mittel underworffen, von den Jenigen, so in
178der andern Territorio gelegen und also nicht unmittelbahre Ständ sein, abgesondert und di-
179sponirt128 würd, daß es mit solchen Mittelbahren Stifft und Clöstern bey der Ordnung, die ein
180jeder Stand vor dem mit solchen eingezogenen und verwendten Güt-
181tern gemacht, gelassen und dieselbe Ständ weder in- noch ausserhalb Rechtens solcher Güt-
182ter halber nicht besprochen129 noch angefochten130 werden sollen, So schleust131 sichs unwidersprech-
183lich, daß die Jenigen Mittelbahre Stifft und Clöster, so nicht vor dem ,
184besondern132 hernach erst und seydhero dem eingezogen, außgenommen und den
185Augspurgischen Confessions verwandten daran gar kein recht, dieselbe zu reformieren oder
186einzuziehen, eingeraumbt, Sondern daß solches nicht zugelassen unnd, da dergleichen gesche-
187hen, den beleidigten133 thailen Ihre Rechten unnd Gerechtigkeiten134 vorzuwenden135 unbenommen136.
188[Art. 1.1.3] Welches zum Dritten auch daher erscheint, daß im Religionfriden nirgents zubefinden, daß
189die Augspurgische Confessions verwandten einige137 Stifft unnd Clöster hinfort mehr einziehen
190dörffen, Sondern, wie gedacht, vilmehr daß Widerspihl138 also gar, daß, wann gleich solches nicht
191außtruckenlich darinnen wer verbotten worden, es dennocht, weil nicht expresse139 zugelassen,
192nach der disposition140 der Allgemeinen Geist- und Weltlichen Rechten, auch deß gemeinen Landt-
193fridens, zu urtheilen wäre, vermög dessen niemandt gebürt, einem andern daß seinige zuent-
194wehren141, weniger dergleichen Geistliche Gestifft und Guetter zuverändern, welche zumahl divi-
195ni Iuris142 und allein Gott und der Kirchen nach inhalt Ihrer fundation143 zugehören und deß-
196wegen in erstgedachtem §. »dieweil aber«144, daß Sie den Ständen, ob dieselbe Güetter zwar
197under Ihrer Pottmässigkeit145 gelegen, nicht zuständig sein146, außtrucklich vorbehalten worden;
198darumb auch die Augspurgische Confessions verwandten sich in dem expres-
199se verwahren lassen, daß Sie für die jenigen mittelbahren Geistlichen Güetter, so Sy schon
200eingezogen, nicht mehr redt noch antwort geben dürfften147. Und irret148 nicht, daß im
201 in § »und damit« etc.149 gesetzet, daß die Augspurgische Confessions verwandte Stände
202bey ihrem Glauben, Caeremonien und Kirchen Ordnung, so Sie in Ihren Fürstenthumben,
203Landen unnd Herrschafften auffgericht oder noch auffrichten möchten, ungehindert sein und
204bleiben sollen; darauß etliche zu schliessen vermainen, daß Sy die darinn gelegne Clöster auch
205zu reformiern macht haben. Dann obwohl dergleichen Clöster in den Weltlichen zugelasse-
206nen150 schuldigkeiten Ihren gebührenden respect dahin tragen, So haben sie doch in den
207fundationen und Geistlichen dingen mit den Landen und Herrschafften nichts zuthuen,
208sondern, wie vorgedacht151, gehören sie Gott und der Kirchen zu, daher sie dann von Weltlichen
209Gebiet und Regiment152 dißfalls exempt153 und frey sein.
Es folgt auch nicht, weil der
210 allein zwischen Reichsständen auffgerichtet, daß deßwegen dergleichen Ordensleuten
211keine process zuerkennen, dann obwohl der allein mit den Ständen deß
212 auffgerichtet, so können doch so gar154 die Underthanen in den bestimb-
213ten fählen sich desselben gebrauchen, und ist offenbahr, daß die in andern Fürstenthumben
214und Landen gelegne Stifft und Clöster mit den Geistlichen Reichsständen in dem
215 begriffen155, desselben und gemainer Rechten fähig, auch derohalben eben sowol bey den
216Ihrigen handtzuhaben156; hingegen aber, wie obgedacht157, an keinem Ort zufinden, daß die Aug-
217spurgische Confessions verwandte Ihnen, den Geistlichen, etwas weitter an Ihren Güetter
218entziehen sollen oder mögen158.
219[Art. 1.2] Nichtweniger ist nunmehr Reichskündig159, daß etliche Protestierende Stände
220gegen den außtrucklichen Buchstaben deß in §. »und nach dem« etc.160, in wel-
221chem mit hellen161 Worten versehen162: »Wo ein Erzbichoff, Bischoffe, Praelat oder ein ander
222Geistliches Stands von Unser Alten Religion abtretten wurde, daß derselbige sein Ertz-
223Bistumb, Praelatur und Beneficia163, auch damit alle Frücht und Einkommen, so Er darvon
224gehabt, alsbald ohne einige widerung164 und verzug, Jedoch seinen Ehren unnachtheilig, verlas-
225sen, auch den Capituln und denen es von gemainen Rechten oder der Kirchen und Stifft ge-
226wohnheiten zugehört, ein Person, der Alten Religion verwandt165, zuwöhlen und zuordnen166 zu-
227gelassen sein, welche auch sambt der Geistlichen Capituln und andern Kirchen bey der Kir-
228chen und Stifft Fundationen167, Electionen168, Praesentationen169, Confirmationen170, alten, her-
229kommen171 Gerechtigkeiten und Güettern - ligent unnd fahrent172 - unverhindert und fridlich ge-
230lassen werden sollen« etc.,173 Dannoch sich understanden, nicht allein nach dem Sy von der Catho-
231lischen Religion abgetretten, Ihre Bistumber, Praelaturn undb praebenden174 zubehalten, sonder
232auch die jenige, welche damit nicht versehen gewesen, nach solchen Bistumben und Praela-
233turn zutrachten, under disem vorgegebnen Schein und Vorwandt gleichsamb dieser paragra-
234phus, welcher Ihnen allzuhell in die Augen geschinen175, kein theil deß sey, da-
235rinn Sy auch niemahln verwilligt, sonder vilmehr dagegen zum öfftern protestirt.176 Dahero
236 dann, was es mit solchem paragrapho, den man in gemain den Geistlichen Vorbehalt
237zunennen pflegt, für eine eigentliche beschaffenheit habe und wie solcher in den
238 kommen (ob zwar der Buechstab deß gnuegsamb sein sollen),
239auß den Reichs Acten fleissig informieren lassen, auß welchen dann befinden: sovil die
240angezogene177 Contradiction178 und nicht einwilligung der Protestirenden anlangt, daß gleichwol
241der so offt gemelte in seinem Inhalt ein anders und dieses mit sich bringt,
242daß derselbe mit der sambtlichen Churfürsten und Stände beydertheil Religionen Rath und
243gueten willen gemacht und beschlossen179, auch also vollzogen und dabey mit Aydt betheuerli-
244chen Worten von allen Ständen zugesagt und versprochen worden, daß Er in allen und je-
245den seinen Puncten, Clausuln und Articuln stät180, fest, unverbrüchlich gehalten und demsel-
246ben im geringsten nicht zuwider noch entgegen gelebt werden solle. und Unsere Vor-
247fahren sein auch in Unserer Wahl- und Crönungs- Capitulation181
uff solchen
248 und desselben Inhalt und begriff182 ohne ainige außnahm und vorbehalt183 gewisen worden,
249zu welchem deß Churfürsten nicht also ohne vorbehalt und underschiedt
250verbunden haben wurden, da in solchem ichtwas184 zubefinden185, zu dessen haltung
251 nicht obligirt186 sein sollen. Neben deme so weisen die Reichs Acta und Prothocolla,
252so uber der behandlung dises Fridens in Unserer Reichscantzley verhanden, daß zwar anfangs
253zwischen den Catholischen und Augspurgischen Confession verwandten uber disen Punct ein
254grosse discrepans187 gewesen und die Augspurgische Confession verwandten in solchen Vorbe-
255halt nicht einwilligen wollen,
Als aber dagegen die Catholischen von demselben nicht weichen
256und eher lieber den miteinander fahren lassen wollen, auch darauff Unser ge-
257liebter Vorfahr Kayser , seeligen Angedenckens, vil wichtige und treffliche Ursa-
258chen den Augspurgischen Confessions verwandten vorhalten lassen, welche Sy auch nicht wi-
259derlegen können, geben mehrgedachten188 glaubwürdige Original Acta und Prothocolla zuvernehmen, wasmassen189 der Abwesen-
261den Augspurgischen Confessions verwandten Chur- Fürst- und Stände- Pottschafften zu Ihren
262Principaln190 ein regress191 gesuecht, der ihnen auch auff Zehen Tag lang gewilliget.192 Nach wel-
263chem Sy den Zwaintzigisten Septembris Ihrer Herren erklärung hierüber eingebracht und,
264als und die Räth nicht weichen wollen, Letztlichen bey solchem Vorbehalt mit disen
265außtrucklichen Worten, daß Sy »hierinnen endtlich keinen form oder maß zuse-
266tzen wusten«193, verbleiben lassen, warauff Sy dann selbsten etliche Clausulas, welche Sy in disem
267Geistlichen Vorbehalt zuscharff zusein beduncket, zulindern, auch andere Correcturn denselben ein-
268zuruckhen194 gebetten, Als insonderheit, 196daß beede theil sich miteinander nit vergleichen195 können, und
269den jenigen, so solcher gestallt von den Stifftern tretten müssen, es an Ihren Ehren unschäd-
270lich sein196, auch diser Vorbehalt künfftiger vergleichung der Religion nicht praeiudiciren197 solte,
271welches ihnen dann von umb gemaines fridens willen und damit derselbige sich nicht
272zerschlagen möchte, bewilligt worden; darauff dieser Vorbehalt in den eben auff
273die Formb und weise, wie Er jetzt darinnen steht, gebracht und folgents den Fünff und Zwain-
274tzigsten Septembris mit dem ohne einig widersprechen publicirt,198 sowohl dem
275Kayserlichen Cammergericht, darnach hinfort zu iudiciren199, insinuirt200 und anbefohlen wor-
276den.
Ob dann wol deß folgenden Jahrs als Anno Fünffzehenhundert Sechs unnd
277Fünfftzig201
wie auch hernach in Anno Fünffzehenhundert Siben unnd Fünfftzig202
unnd
278 Fünffzehenhundert Neun unnd Fünfftzig203
dargegen protestirt werden wollen, ist es doch
279bey dem als einer allbereit geschlossenen und mit Aydtsschwur bekräfftigten
280fundamental Gesatz- und Ordnung, durch welche auch der Catholische Theil allbereit204 ein
281Ius acquisitum205, so ihnen nicht mehr entzogen werden können, erhalten, allerdings verblie-
282ben, wie dann auff solche Protestationes und der Augspurgischen Confession verwandten
283bitten und suchen mehrhochgedachts Unsers Vorfahren Kaysers L[iebden] in underschied-
284lichen Decreten, daß Sy auß dem geschlossenen nicht mehr schreiten köndten,
285mehrmahls bescheiden lassen.
Als auch nach Todtfahl206 Kayser Löbli-
286cher gedächtnuß auffm umb cassi-
287rung207 dises Puncts von den Augspurgischen Confessions verwandten Ständen angelangt208
288worden209,
haben dazu sich so wenig als vorwolgemelter Kayser verstehen
289können.210
Folgendes hat Unser vielgeliebter Herr Vetter, Kayser L[iebden], in Gott ru-
290hent, sich Anno Fünffzehenhundert und Neuntzig den Siben unnd Zwaintzigisten Julii ge-
291gen die drey Weltliche Churfürsten, als Sy abermals disen Vorbehalt angefochten, sich gantz
292Kayserlich dem Exempel211 Ihrer Vorfahren gemäß erklärt, daß Sy in dem
293und dessen begriff212 keinen underschiedt machen köndten »und also auch den Articul deß Geistli-
294chen Vorbehalt under andern für einen Articul und Theil deß halten und
295auß folgenden Ursachen halten müssen, daß nemblich auff diese gantze verfassung, nichts da-
296von außgeschlossen, ein leiblichen213 Aydt geschworen haben, der auch eben die-
297ses alles bey Ihrer May[estät] Königlichen Wahl durch deß
298Churfürsten selbst ohne einige außnahm und reservation214 fürgehalten worden seye, dabey es
299 nunmehr Pflichten halber billich auch verbleiben liessen; dahero dann auch
300die Supplicierende215 Chur- und Fürsten vernünfftiglich abnehmen216 köndten, wie wenig
301 hab gebüren wollen, daß Jenig, was in beyden Stifften und
302diesem Vorbehalt zuwider vorgenommen ist worden,217
gut zuheissen, und daß es auch zu dem
303erfolgten Thathandlungen und weitläufftigkeiten218 nimmer kommen were, da man sich beider-
304seits deß hett erinnern und demselben gestracs219 nachgeben wollen«220.
Auß
305welchem allem dann umb sovil mehr billichmässige221 Ursach haben, diesen Unserer Vor-
306fahren rechtmässigen wolbedachten resolutionibus222 und Decretis nachzusetzen223, je mehr
307auff was stattlichen, festen Grundt dieselbe bestehen, auß den vorgangnen actis und dem
308klaren Buechstaben deß berichten lassen. Dagegen auch die Protesti-
309rende mit bestandt224 nicht fürwenden225 können, daß dieser Vorbehalt Ihren Ehren und gewissen
310hinderlich oder beschwerlich sey, dann der Ehre halben Sy in dem Vorbehalt selbst sich schon
311verwahrt, deß gewissens halben aber noch viel mehr, weil keines theils Religion mitbringt
312oder Ihr Religion darauff fundirt226 ist, daß ein jeder, der derselben zugethan, müste ein Ertz-
313stifft oder Praebenda227 haben, auch die Catholische Geistliche, so aber noch nicht in hoher
314Weyhe, wann Sy sich in den Ehestandt begeben, solche Stifft und praebenden ohne einigen
315nachtheil Ihrer Ehren, weil Sy zu Geistlichen höchern ämbtern nicht mehr qualificirt sein,
316selbst verlassen müssen. Alsdann auch die dem Geistlichen Vorbehalt inserirte228 Wörter,
317welcher sich aber beider Religion Stände nicht haben vergleichen229 kön-
318nen, gegen so klare zusag und Aydliche verbündtnuß der Stände beiderseits Religionen
319uber den gantzen Inhalt deß Religionfridens nichts irren230 können, Sintemahlen eben darum-
320ben, weil beidetheil sich in diesem Punct nicht vergleichen kündten, Sie solchen zu Kayser
321 L[iebden] Außschlag231 gesetzt und, als S[eine] L[iebden] denselben geben und sie hierüber der Kay[serlichen]
322May[estät] sich submittirt232, ist ein solcher dem einverleibt, auch als ein gemaine
323Reichs Constitution und Ordnung von den sambtlichen Ständten deß bekräfftigt und
324publicirt233, wie dann ermelter234 Consens235 und approbation236 auß der subscription237 und versieglung238
325deß als auch obangezogner der Protestirenden Stände haimbstellung239
326gnugsamb dargethan wird und sich mit fügen240 weiters nicht läst disputiren.
327[Art. 1.3] Wann auch entlich und zum Dritten widerumb auff die Pahn gebracht werden will
328(wiewol dem Ersten von gesetzten Puncten fast entgegen, als darinnen man so gar den Geist-
329lichen, welche keine Reichs Stände seyn, kein privilegium Religionis241 geständig seyn wollen),
330gleichsamb auch die Unterthanen der Reichs Stände deß fähig242 und dannen-
331hero243 der Religion halber von ihren Obrigkeiten nicht vertrieben werden köndten, ob zwar dieser
332gravaminum halber die Ständte Augspurgischer Confession nicht einig, zu dessen Ihres vor-
333gebens bescheinung244 Sy auch dem §. »wo aber« etc.245 anziehen246, in welchem disponirt247, da ein Un-
334derthan der Religion wegen »an andere Orth ziehen und sich nider thun wolte, denselben
335solcher ab- und zuzug, auch verkauffung seiner Güetter, gegen zimblichen Abtrag248 der Leib-
336aigenschafft und nachsteur249«250 unverhinderlich zugelassen werden solle- Als auch daß Sy abson-
337derlich hierüber der Underthanen halber, so under den Geistlichen gesessen, und damalen daß
338Exercitium251 Augspurgischer Confession hergebracht von mehrhöchstgedachten Unsers An-
339herrn Kaysers L[iebden] ein Deceret252 eben bey schliessung deß
340 erhalten haben sollen, in welchem der da-
341hin declarirt253, daß solche Underthanen bey Ihrem Glauben von der Geistlichen Obrigkeit un-
342verhindert gelassen werden sollen,
Als haben gleichfals uber diesen Puncten (ob derselbe
343zwar auß dem für sich selbst in dem §. »und damit« etc.254, Item §. »darge-
344gen sollen« etc.255 gantz klar erscheinet, in welchem den unmittelbahren Ständen Ihren Glau-
345ben, Kirchen gebrauch, Ordnung und Coeremonien anzustellen256 erlaubt, auch daß Sie in
346demselben von niemandts verhindert werden sollen, ernstlich gebotten) mit allem fleiß die Acta
347deß under dem uber-
348sehen257 und darauß umbständtlichen258 berichten lassen, was dieses Puncten halben fürge-
349loffen259, auß welchem dann befinden, daß zwar anfangs grosser stritt hierüber fürgefal-
350len und die Augspurgische Confession verwandte starck darauff getrungen, daß der andern
351Stände Underthanen gleichsfals die Augspurgische Confession möchte frey gelassen und
352deßwegen ein sonderbare260 Clausula in gebracht werden. Es haben aber die Ca-
353tholischen dasselbe keines wegs eingehen wollen, Sondern dagegen angezogen261, daß solches zu
354lauterm Auffruhr, Ungehorsamb und Unwillen zwischen Herrschafften und Underthanen
355Ursach gebe, und weil Sy den andern Ständen nicht fürschrieben, wie Sy es mit Ihren
356Underthanen halten sollen, So were es unbillich262, daß Sy dißfals den Catholischen Gesetz
357und Ordnung geben wolten. Sy, die Catholischen, gedachten Ihr Seel sowohl als andere zu-
358versorgen und köndten derowegen nicht gedulden, daß Ihren Underthanen raumb und Lufft
359gegeben wurde, einer andern Religion, als Sy selber weren, anzuhangen, welches Ihnen
360auch mehrwohlbesagter Unser freundtlicher, geliebter Anherr Kayser L[iebden] mit mehrerm
361stattlich263 und beweglich264 zu Gemüth führen lassen, mit dem außtrucklichen Anhang265, daß da-
362fern die handlung solte dahin gemeint sein, daß man auch der Catholischen Underthanen wol-
363te darein ziehen, es einen kurtzen weeg hette266 und gantz unnötig were, ein ander lenger auff-
364zuhalten, dann einmahl267 wurden eher alle handlung zerschlagen lassen.
Als aber die
365Stände Augspurgischer Confession nichts desto weniger die Freyheit deß gewissens starck
366urgirt268, haben Ihnen die Catholische entlich so weit nachgeben, daß den Underthanen frey
367sein solle, auß dem Landt zuziehen; darauff gemelte Ständ die obgedachte Clausul fallen las-
368sen und die Sach mit und den Catholischen verglichen, wie Sy heut zu Tag im
369 stehet in §. »Es soll auch« etc.269, nemblich daß kein Standt den andern noch der-
370selben Underthanen zu seiner Religion tringen270, abpracticiren271, oder wider Ihre Obrigkeiten
371in Schutz und Schirm nehmen, noch verthädigen soll in kein weeg. Item, »wo aber
372272, der Churfürsten, Fürsten und Ständt Underthanen, der Alten Religion
373oder Augspurgischer Confession anhängig, von solcher Ihrer Religion wegen auß ,
374auch der Churfürsten, Fürsten und Stände deß Landen, Fürstenthumben,
375Stätten oder Fleckhen, mit Ihren Weib und Kindern an andere Orth ziehen und sich ni-
376der thuen273 wolten, daß denselben solcher ab- und zuzug, auch verkauffung Ihrer Haab unnd
377Güetter gegen zimblichen billichen Abtrag274 der Leibaigenschafft unnd Nachsteur275, wie eines je-
378den Orths von Altersher üblich herbracht und gehalten worden ist, unverhindert Männig-
379lichs276 zugelassen und bewilligt, auch an Ihren Ehren und Pflichten allerdings unenthalten277
380sein solte.«278 Ja, man ist in diesem Puncten so behütsamb verfahren, daß darüber viel täidtung279
381vorgangen, biß man entlich die gefreyte280 Ritterschafft und Stätte in solchen
382eingeschlossen, als in §. »und in solchem Friden« etc.281 zusehen, dessen es gantz nit bedürfftig, da
383alle und jede Underthanen für sich selbst deß Privilegii Religionis fähig weren. Darauß dann
384offentlich erscheint, daß den Underthanen die Religion nicht frey gelassen, sonder an dersel-
385ben statt ein freyer Abzug eingeraumet worden, und wann Ihnen, den Underthanen, die Reli-
386gion Inhalts und vermög deß frey gelassen, hette es gar nicht bedürfft, daß
387die Augspurgische Confessions verwandte Stände erst durch ein sonderlich Decret282 und dem
388 derogirende283 erklärung dasselbige zuwegen zubringen sich so hefftig bemühet
389hetten.
Demnach aber von diesem nichts im stehet, sonder demsel-
390ben vielmehr zuwider, solches auch dem Cammergericht niemahls insinuirt284, noch irgent eine
391zeit darauff gesprochen und erkendt285, vielweniger ad usum286 gebracht worden, auch ohne bewil-
392ligung der Catholischen Stände, weil es eine derogation287 deß ist, so in
393dem selbsten höchlich verbotten,288 nunmehr kein Krafft haben mag, erstgedachte
394Catholische Stände auch, daß solches jemahlen in ordentliche Reichs berathschlagung gezo-
395gen, vielweniger daß Sy darein gewilligt hetten, nichts wissen wollen; deßwegen dann Un-
396sere Löbliche Vorfahren auff vielfältiges anhalten289 solches Decret oder dessen Inhalt dem
397 nicht einverleiben, noch der Cammer Insinuiren290 lassen wollen, sonder solches
398auff sich selbst stehen, entgegen aber den in allen seinen Clausuln und Articuln
399confirmiren291, bestättigen und beschwören lassen. Als hat es hierbey auch billich sein verblei-
400ben und können auch Unsers theils wegen dieses angezogenen292 Decrets auß dem Inhalt
401deß nicht schreitten.
Vielweniger aber mag auß dem §. »Wo aber« etc.293
402und in demselben gesetzten Wörtern »sich nider thun wolten«294 ichtwas295 beständig gegen
403dem hellen Buchstaben deß und die darüber gepflogene296 Acta publica ge-
404schlossen werden, dann in demselben §. allein dieses, wie auß den Actis klärlich erscheint,
405verordnet und gesetzt würd, wann ein Underthan sich mit seiner Obrigkeit in der Religion
406nicht conformiren297, sonder viel lieber abziehen wolte, daß ihme solches gegen entrichtung üb-
407licher Nachsteur298 befrey stehen, Er auch gegen seinem willen zu der andern Religion nicht ge-
408trungen noch auch deßwegen seiner Güetter verlustigt sein solle.
409[Art. 2] Auß welchem bißhero außgeführten und von nach Inhalt deß
410 und anderer deß Abschiedt, Reichshandlung und actitaten299
411resolvirten300 dreyen Haubt Articuln dann hiemit erkennen und erklären: [Art. 2.1] Erstlich,
412daß die Protestirenden Stände keine Ursach sich zubeklagen und für ein gravamen anzu-
413ziehen301, daß den Ordens Generaln, Abbten, Praelaten und andern Geistlichen Standts, so
414dem nit ohne Mittel underworffen, da Sy wegen Ihrer eingezogenen Stifft und Gütter,
415Hospitalien302 und andern Gottseeligen Stifftungen bey oder Unserm Kayserlichen Cam-
416mergericht umb nothwendige Process angehalten, dieselbe Ihnen ertheilt, auch darüber gar
417zu Urtheil und Execution303 geschritten, sondern daß entgegen die Catholische Stände sich
418billich und rechtmässig beschwert und solcher mediat Geistlichen angenommen, daß den-
419selben Ihre Clöster und Geistliche Gütter, deren sie zu zeit deß 304 oder
420seithero in Besitz gewesen, gegen den klaren Inhalt deß 305 eingezogen, Ihre
421Rendten und Gülten306 auffgehalten, Sy auch noch darüben, als wann Sy deß Religion-
422fridens gar nicht fähig weren, von allen Rechten und Vindicationen307 gäntzlich verstossen, die
423Gütter aber zu eigenthätlicher308 occupation der Obrigkeit gegen die Intention und Mai-
424nung309 der Gottseeligen Fundatorn310 als auch gegen dem hellen311 Buchstaben deß
425 außgesetzt werden wolten.
426[Art. 2.2] Bey dem Andern Articul erkennen ebenmässig, daß die Augspurgische Con-
427fessions verwandte kein Ursach eintziger beschwerung, daß Ihrer Religions verwandte, so
428Geistliche Stifft, Bistumber und dem unmittelbare Reichs Praelaturn innen haben
429oder denselben noch nachtrachten312, nicht wollen von den Catholischen Ständen für Bischoffen
430und Praelaten gehalten werden, denselben auch Ihre Session und Stimmen313 bey den Reichs-
431tagen nicht verstatt314 noch auch die Regalia315
und Lehen verliehen werden. Da entgegen auff
432der Catholischen seiten Inhalts deß Geistlichen Vorbehalts und nach dessen undisputirlichen316
433Buchstaben diese offenbare gravamina nicht unbillich geklagt werden, daß solche von der
434Catholischen Religion abgewichene Geistliche Bischoff und Praelaten nichts destoweniger
435bey Ihren Bistumben und Praelaturen verharren und aller Rechten und Privilegien, die
436Sy bey der Catholischen Religion gehabt, continuiren317 und für Reichsständt solcher
437Bistumber und Praelaturn halber gehalten werden sollen, daß auch die Jenige, so der Catholischen
438Religion nicht seyn, vil weniger sonsten zu Geistlichen Standt qualificirt, nichts desto weni-
439ger zu solchen Bistumben unnd Praelaturn sich eingetrungen unnd noch weiter eintringen unnd
440dardurch den gantzen Catholischen Geistlichen Stand neben der Religion entlichen, so vil an
441Ihnen ist, auff zuheben vermainen.
442[Art. 2.3] Als dann auch bey dem dritten Puncten etlicher Protestirender Stände ange-
443zogene gravamina gantz unerheblich befinden, sambt318 den Catholischen Ständen verweigert
444sein solte, in Ihren gebiet Ihre Underthanen zu Ihrer Religion anzuhalten, auch da Sy
445sich hierinnen nicht accommodirn319 wollen, gegen daß gebürlich Abzug Gelt und Nachsteur320
446Ihrem gefallen nach dieselben außzuschaffen321 oder auch denselben an frembde Oerther auß
447zulauffen322 und andere Predig unnd Exercitia zusuchen zuverbieten, da Sy doch dieselben
448gäntzlich abzuschaffen wolbefugt weren; hingegen aber ist nach obgesetzter Außführung gantz
449Augenscheinlich, daß die Catholischen sich billich beschwert befunden, daß Ihnen in solchen
450Ihren reformationibus von dem anderten Theil Ziel und Maß gegeben worden, auch die
451Underthanen zu gäntzlicher defection323 und abfahl von Ihrer Obrigkeit durch diesen fundt324
452sollicitirt325 und bewegt werden wollen; und ist dises gravamen auff dieser, der Catholischen
453seiten, desto stärcker, weil solcher Reformation halber die Augspurgische Confessions verwand-
454ten vermeinen wolten, samb dißfahls die Catholischen mit Ihnen nit in gleichem Recht begrif-
455fen wären, sondern daß Ihnen zwar Ihre Underthanen zu reformiren und die widerspensti-
456ge außzuschaffen erlaubt, auch diß im Werck offentlich erzeigen, Entgegen aber den Catho-
457lischen solches nicht gut sein lassen wollen.
458[Art. 3] Wann nun hiemit die Vornembste und Vortringende gravamina, an welchen
459vomemblich der Allgemeine Friden hafftet, Als obgemelt, auß den klaren Worten deß Reli-
460gionfridens, Reichs Constitutionen und offnen Reichs Acten uberflüssig326 und gnugsamb er-
461klärt und, welcher Theil hierinnen sich zubeschweren oder nicht Ursach gehabt, außfündig ge-
462macht, Als Befehlen hiemit Unserm Cammergericht (wie Sy dann in allen Puncten
463in erörterung der Rechtssachen uber den schon hiebevor auß ebenmässigem
464grunde deß klaren , was durch diß Unser offentlich Edict erklärt und
465erörtert haben, gleichsfahls solches alles für Recht befunden) auff diese Unsere erklärung
466auch ins künfftig ohne weiter disputirn, wann dergleichen fähl vorfallen, so in dieser Un-
467serer Resolution327 begriffen328, zuiudiciren und Urtheil zusprechen; und weil die Spolia329 und
468turbationes330, als auch occupirung331 der Stiffter und Praelaturn gegen den Inhalt deß
469 vieler örther gantz notori332 und nicht zuwidersprechen, dagegen auch daß Ius333,
470wie obgemelt, auß den Worten deß und andern Reichs Abschieden ebenfahls
471undisputirlich, das also nunmehr in solchen fählen anderst nicht vonnöthen, als durch
472würckliche Execution334 dem betrangten Theil zu assistiren335 und zu dem seinigen zuverhelffen.
473Als sein zu würcklicher handthabung336 beides deß entlich
474entschlossen, Unsere Kay[serliche] Commissarios337 fürderlich in daß abzuordnen, solche abge-
475wichene als auch mit gewalt oder in ander weeg eingezogene Ertz- und Bistumber, Praela-
476turn, Clöster und andere Geistliche Gütter, Hospitalien338 und Stifftungen, deren die Catho-
477lische zu zeit deß 339 oder seithero in possess340 gewesen und unrechtmäs-
478sig destituirt341 worden, von den unrechtmässigen detentatoribus342 abzufordern und mit taug-
479lichen, den fundationen und Stifftungen gemäß ordentlich beruffenen und qualificirten
480Personen besetzen zulassen und also einem jedwedern343 zu dem jenigen, was Ihme gebürt
481und darzu Er nach außweisung vielangezogenen344 befugt, ohne unnothwen-
482dige umbschweiff und auffhalt zuverhelffen.
483 wollen auch hierbey nachmahln nach Inhalt offtgedachten
484 und deren auff denselben besagenden Reichs Abschieden, vornemblich deme de Anno
485 Sechs und Sechtzig345, hiemit offentlich declarirt346 und erkendt347 haben, Declariren auch hie-
486mit und erkennen, daß solcher allein die der Uhralten Catholischen Religion
487und dero Unserm geliebten Vorfahren Kayser Anno Fünffzehenhundert und
488Dreyssig den Fünff und Zwaintzigisten Junii ubergebener, ungeänderten Augspurgischen Con-
489fessions verwandte348 angehe undc
begreiffe, alle andere widrige Lehren und Secten aber, wie
490dieselben auch genandt und entweder bereits auffkommen oder noch auffkommen möchten,
491als unzulässig, davon außgeschlossen, verbotten, auch nicht geduldet oder gelitten349 werden
492sollen.
493Gebieten Demnach E[uer] L[iebden] A[chtbarn] und Euch sambt und sonderlich bey Pöen350 deß
494, Sy wollen sich dieser Unser entlichen351 Verordnung nicht wider-
495setzen, sonder dieselbe in Ihren Landen und Gebieten unverzogentlich352 befürdern und zu Werck
496richten helffen, wie nicht weniger Unsern Commissariis353 auff dero anruffen die hülffliche
497Handt bieten, den Jenigen aber, so dergleichen Ertz- und Bistumber, Praelaturn, Clöster,
498Hospitalia354, Pfründen355 und andere Geistliche Gütter, Stifftung inhaben, daß Sy sich als-
499bald von insinuation356 dieses Unsers Kayserlichen Edicts zu abtrettung und Restituirung357
500solcher Bistumb, Praelaturn und anderer Geistlichen Gütter gefast halten und auff anhal-
501ten Unserer Kay[serlichen] Commissarien dieselbe unauffhältlich sambt allen dero an- und zugehör
502einraumen358 und restituiren, dann da Sy solchem nicht nachkommen oder hierinn sich säu-
503mig erzeigen wurden, Sy nicht allein in obangezogene359 Pöen deß
504, daß ist der Aacht und Oberaacht360, auch verliehrung aller Ihrer Privilegien, Recht und
505Gerechtigkeitend, ipso facto361 ohne einige weittere Condemnation362 und Urtheil dieses Ihren
506notorischen Ungehorsambs halber gefallen, sonder werden auch hierauff unaußbleiblich363
507die würckliche Execution364 alsbald vornehmen und vollstrecken lassen.
Befehlen auch,
508Ordnen und wollen, daß dieses Unser Kayserlich Edict, Resolution und Erklärung von
509eins jedwedern Crayß Außschreibenden Fürsten in seinem Craiß offentlich publicirt und zu
510Jedermänniglichs wissenschafft365 gebracht werde, daß auch denen von Ihnen den Craiß Außschrei-
511benden hin und wider geschickten Copiis nicht weniger als dem Original selbsten vollkom-
512mener Glauben zugestellt werde. Daß Meinen Ernstlich. Geben in Unserer Statt
513, den Sechsten Monats Tag Martii Anno Sechzehenhundert Neun und Zwaintzig,
514Unserer Reiche deß im Zehenden, deß im Eylfften und deß
515 im Zwölfften.
516
517V[idi]t
518
519V[ice] M[oguntini]
520Ad Mandatum Sacrae Caesareae
521Majestatis proprium.
522
Sachliche Anmerkungen