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Pace di Cavour (5. Juni 1561)

Pace di Cavour (5. Juni 1561)

1Es sollten von öffentliche Ausschreiben verfertigt
2werden, vermög welcher dieselbe jedermann zu wissen macht,
3daß denen von den Thälern , ,
4, , , , von
51, so benachbart, , ,
6a, , und allen, so ihnen beygestanden,
7wegen des Fehlers, so sie begangen, indem sie die Waffen wi-
8der so wol als auch wider die absonderliche Herren
9und Edelleute, so Lehenträger und in Dero
10Schutz und Schirm sind, ergriffen, verziehen und sie wider
11begnädigt.

12[Art. 1] Es sollte denen von , , , -
13, / (Gemeinen des ) wie auch
14denen von , , und (Ge-
15meinden des ) zugelassen und vergönstigt
16seyn, ihre Versammlungen zu halten, zu predigen und an-
17dere Ceremonien ihrer Religion zu verrichten an denen ge-
18wöhnlichen
Orten.

19[Art. 2] Auch soll denen zu , einer Gemein,
20nicht verwehret werden, ein gleiches zu thun, jedoch nur so
21lang, bis daselbst eine Vestung aufführen lässt.
22Wann nun selbige Vestung daselbst angelegt, so soll die Frey-
23heit, daselbst zu predigen, ein End haben, und in der gantzen
24umligenden Gegend kein Waldensischer Gottes-Dienst ge-
25halten werden. Doch könnten sie sich einen andern, in der
26Nähe gelegenen, Ort aussehen, absonderlich gegen , wo
27hin sie eine andere Kirche erbauen möchten. Jedoch soll denen
28Geistlichen vergönstigt seyn, die Krancke in gedachter Ge-
29gend um zu besuchen und andere zu ihrem Gottes-
30Dienst
benötigte Sachen zu verrichten, nur daß alle Ver-
31sammlungen
und Predigten dort herum unterlassen wür-
32den
.

33[Art. 3] Zu , auf der 2, so la
34benachbart, dörfften sie gleichfalls an gewöhnlichen Oertern
35sich versammeln und Predigt hören, doch solle man sich nicht
36unterstehen, in der andern Gegend und Grentzen von
37solches zu verrichten.

38[Art. 4] Es soll aber denen Gliedern der Thäler / und
39 / nicht vergönnet seyn, in die anligende Gräntzen
40sich auszubreiten / oder in andern unter des Gewalt
41stehenden Flecken, so ausser ihrem District, sich zu versammeln /
42und daselbst zu predigen, oder auch mit andern, die nicht ih-
43res Glaubens, zu disputiren, indem alle ihnen ertheilte Frey-
44heiten sich nur auf ihre Landschafften erstrecken. Falls aber
45sie wegen ihres Glaubens befragt würden, möchte ihnen
46frey stehen, ihres Glaubens Rechenschafft zu geben, und soll-
47ten
sich deswegen keiner Straffe weder an Leben noch Gütern
48zu besorgen haben.

49[Art. 5] Denen Einwohnern der Pfarre sollte ein glei-
50ches zugelassen seyn, welche fürjetzo wegen ihrer Religion
51flüchtigen Fuß gesetzet, und welche an einem Ort
52 genannt, ihre Versammlungen, Predigten
53und andere Ubungen ihres Glaubens angestellt, so daß sie
54aber ja nicht in andere Oerter und Gräntzen gedachter Pfar-
55re sich verfügen.

56[Art. 6] Die aus der Pfarr im , so gleich-
57falls für jetzo wegen der Religion in der Flucht, sollen gleiches
58Recht als die Obigen haben, doch mit diesem beygefügten Be-
59ding, daß solches nirgends anderst, als an einem gewissen
60Ort, genannt, geschehe.

61[Art. 7] Die zu , so zum ingleichen
62gehören / und auch zu sammt denen andern wegen der Rel[igion].
63in der Flucht, mögen nebst denen zu nur einen
64Geistlichen halten, welcher einen Tag an dem Ort zu
65, genannt , und den andern zu
66 an dem Ort sein Predig-Amt versehen mag.

67[Art. 8] Allen denen, so sich aus genennten Städtlein, Flecken /
68und Dörffern angezogener Thäler auf die Flucht begeben /
69und fürohin bey ihrer Religion zu verharren gesonnen, soll
70ungehindert alles Versprechens und Abschwörung ihrer Re-
71ligion, so sie währenden Kriegs gethan, dannoch zugelassen
72seyn, wieder in ihr Vatterland und Thäler zu kehren, denen
73Predigten, so von denen Geistlichen in obbezeichneten Oer-
74tern gehalten werden, beyzuwohnen, doch mit diesem beyge-
75fügten
Beding, daß sie sich mit dem, was ihnen zugelassen,
76begnügen / und nicht weiter um sich zu greiffen unterstehen
77sollten.

78Weil auch viel Waldenser / ausserhalb denen Oertern,
79wo die Predigten zugelassen, wohnen / und dannoch der Kir-
80chen-Besuchung
und anderer Nothwendigkeit ihrer Reli-
81gion / nicht entbähren können, als vergönnt der de-
82nen auf selbigen Gräntzen wohnenden Geistlichen, ohne Gefahr
83sie zu besuchen / und mit aller Nothdurfft zu versehen, nur daß
84sie sich nicht gelüsten lassen, daselbst öffentliche Predigten oder
85verdächtige Versammlungen zu pflegen.

86[Art. 9] Es vergönnt auch / aus son-
87derlicher
Gnade / allen denen, so aus den Thälern von
88und ausb der Nachbarschafft
89flüchtig / und in der Waldensischen Lehre zu verharren wil-
90lens, daß sie sich aller derer Begnadigungen, so die Andern ge-
91niessen
, auch zu getrösten haben sollen;, falls sie alles zu beob-
92achten versprechen, was von dem bedungen worden.

93[Art. 10] Allen vorgedacht- und benennten Thälern / und geflüch-
94teten
Unterthanen, die in dem Waldensischen Glauben zu
95sterben gesonnen, wie auch denen von ,
96 und , sollen alle eingezogene Güter wieder
97ausgeliefert werden, die man ihnen wegen der Religion und
98des letzt vorgelauffnen, nunmehr aber geendigten Kriegs / ab-
99genommen. [Art. 11] Ingleichen ist ihnen vergönnt, sich / durch den
100Weg der Rechten / alles Haußraths und Viehes von ihren
101Nachbarn wieder zu bemeistern - wovon aber die Soldaten
102ausgenommen - und soll es ihnen um den Preiß, wie es ver-
103kaufft worden, wider gerichtlich zugesprochen / und überlassen
104werden; doch soll auch ihren Nachbarn erlaubt seyn, eben-
105mässiges
Rechts sich wider sie im gleichförmigen Fall zu be-
106dienen.

107[Art. 12] Es sollen auch ihnen alle Freyheiten und Privilegien,
108so wol allgemeine als absonderliche, die ihnen von denen
109Hertzoglichen Vorfahren, als selbst verliehen,
110und von ihren andern Eigenherren erkaufft worden, so viel sie
111deren mit schriftlichen Urkunden belegen können, bestättigt
112werden. [Art. 13] Gedachte Unterthanen sollen mit aufrichtigen
113und gewissenhafften Richtern und Amt-Leuten versehen
114werden, die steif und fest über der Gerechtigkeit halten / und
115mit der That darlegen, daß diese Unterthanen so wol als die
116andere in dem Gnaden-Schutz em-
117pfohlen. [Art. 14] Denen Thalleuten soll auch obliegen ein Verzeich-
118nus der Namen und Zunahmen aller der jenigen, so wegen
119der Religion noch flüchtig seyn, so wol der Meinaydigen als
120der Andern, zu dem End, daß sie zusammt ihren Familien
121und Angehörigen wieder in den vorigen Stand gesetzt, bey
122Haab und Gütern erhalten / und alle Gutthaten und Be-
123gnadigungen, derer die andern Hertzoglichen Unterthanen
124fähig, mit geniessen mögen.

125[Art. 15] Weil auch niemand unbekannt und verborgen, daß
126einem Printzen zugelassen, in seinem Land, wo es ihm gefällig,
127Vestungen aufzubauen, ohne daß jemand ihm deswegen ein-
128zureden befügt; doch damit der die Gemüter der Wal-
129denser
von allem Argwohn befreyen möge, hat der sich
130erklärt, in kurtzer und bestimmter Zeit eine Vestung zu
131zwar aufzurichten, jedannoch die dazu erfoderende Unkosten
132mit nichten von denen Unterthanen zu erpressen, sondern es
133dem guten Willen seiner Unterthanen, was ihnen selbst bey-
134zutragen beliebig, anheim zu stellen. Wann aber diese Vestung
135mit der Hülffe Gottes aufgeführt, sollte sie mit einem solchen
136Gouverneur oder Capitain versehen werden, der einig und
137allein auf den Dienst seines gefliessen, und nichts
138auf die Güter und Gewissens-Freyheit der Innwohner zu
139sprechen habe.

140[Art. 16] Denen Thalleuten wird auch zugestanden, daß, ehbevor
141sie die dem nicht gefällige Geistliche ihrer Dienst ent-
142lassen
, andere gewehlet werden / und die Abgeschaffte so lang
143verbleiben, bis die andere die Stelle angetretten; nur sollten
144sie sich nicht gelüsten lassen, von zu einem
145Geistlichen zu beruffen, oder die Abgeschaffte in andere Plätze
146zu setzen / und also nur zu verwechseln. [Art. 17] In allen Pfarren ge-
147dachter Thäler, da man zu predigen befugt, soll auch erlaubt
148seyn denen Catholischen, die Meß / und anders nach den
149Römischen Kirchen-Gebräuchen zu halten; mit nichten aber
150die Waldenser in die Meß zu gehen / oder die Geistliche zu un-
151terhalten gezwungen werden; hingegen aber sollten sie auch
152nicht Macht haben, wann jemand von den Ihrigen Belieben
153trüge, sich dabey einzufinden, selbigen abzuhalten / oder auf
154einigerley Weiß davon zu verhindern.

155[Art. 18] Alle Unkosten, so auf den Krieg wider sie ver-
156wendet, zusammt denen 8000. Thalern, so die Thalleute im
157vergangenen Krieg versprochen und annoch zu zahlen schul-
158dig
, sollen ihnen geschencket / und der deswegen aufgerichtete
159Vergleich vernichtet werden. [Art. 19] Alle Gefangene, so sich bey de-
160nen Soldaten befänden, sollten freygelassen werden, doch daß
161sie zuvor nach ihrem Vermögen ein weniges Lößgeld bezahlen;
162Und soll diese Loßlassung und dabey sich ereignende Schwü-
163rigkeiten
dem Ausspruch des / und
164 / heimgestellt werden. Auch sollen wieder ihre
165Freyheiten erhalten, und zwar ohne Bezahlung einiges Löß-
166Gelds
, die jenige, so nicht gebührlich / oder auf Kriegs-Ma-
167nier, sondern durch falsche Anklage / oder heimlich in Ver-
168hafft gekommen. Ingleichen möchten alle Thalleute wieder
169ihrer Freyheit geniessen, die um der Religion / und nicht um
170anderer Ubelthaten halber / auf die Galeern geschmiedet wor-
171den.

172[Art. 20] Endlich sollte allen Thalleutene, wie auch denen von
173, f, und , sie mögen seyn was
174Stands, Würde und Beschaffenheit (ausgenommen die
175Geistlichen), frey und zugelassen seyn, mit denen andern Un-
176terthanen zu handeln und zu wandeln, über
177hin und herreisen, zu kauffen und zu verkauffen, auch aller-
178hand Kaufwahren zu verschliessen an allen Enden und Or-
179ten, die zuständig, jedoch mit diesem Vorbehalt,
180daß sie sich nirgends unterstehen zu predigen, Versammlun-
181gen
anzustellen, zu disputieren, wie schon oben gemeldet wor-
182den, und daß sie sich ausserhalb ihren Gräntzen, so ihnen be-
183nennet worden, nicht anderwärts Haußsässig niederlassen
184und an andere Ort begeben. Wann sie diesem allen treulichst
185und ohn gefährde nachkämen, sollten sie weder an Leib und
186Gut angefochten / oder im geringsten das Versprochene ge-
187kräncket
werden, sondern unter des Beschützen,
188gleich denen andern Unterthanen, in süsser Ruh und Frieden
189blühen und leben. [Art. 21] Wie dann über dieses alles
190Verordnung thun / und offentlich ausruffen wird, daß nie-
191mand sich sollte gelüsten lassen mit einiger Ungebühr, Un-
192rath / und bösen Zusamm-Rottungen denen Waldensern bey
193hoher Straff belästigt zu fallen, so daß also die Waldenser, gleich
194denen andern Hertzoglichen Unterthanen, auf das friedsam-
195ste
ihr Leben hinbringen können.

196Zu Festhaltung alles jetzt besagten, so versprechen
197, Kirchen Vorsteher von und Verordne-
198ter aus selbigen Thälern, , sonst Ram-
199bold genannt, Kirchen-Vorsteher zu ,
200, Abgeordneter von der Gemein zu ,
201, Abgeordneter von der Gemein zu /
202und von der an denen Gräntzen von
203, , Abgeordneter etlicher Privat-Per-
204sonen
von , , Abgeordneter der
205Gemein aus dem ,
206von , Abgeordneter von der Gemein selbiges
207Orts und des gantzen , für sich und ihre
208Gemeinden ins besondere, daß, was in diesen Articuln enthal-
209ten, unzerbrüchlich sollte gehalten werden. Falls man aber dar-
210wider handeln würde, wären sie erbötig, allen Straffen, so
211 ihnen zuerkennen würde, sich zu unterwerffen. Dar-
212neben thun sie auch die Zusag / und versprechen, daß alle
213Hauß-Vätter der obgedachten Thäler hierein in alles verwil-
214ligen und zu halten menschmöglichst befleissigen sollten. Da-
215gegen verheißt der , daß die-
216sen
Vergleich und alle diese Articul insgemein und beson-
217ders
, durch Vorbitt der Durchleuchtigsten , Se[iner].
218Gemahlin, und aus sonderlicher Gnad bekräfftigen und
219gutheissen soll. Zu dessen Befestigung hat vorgedachterg
220 diese gegenwärtige Vertrags-Articul unter-
221zeichnet, welches auch die Geistliche gedachter Thäler / und
222die Andere, so schreiben können, im Namen ihrer Gemein-
223den gethan. Geschehen zu h, den 5. Junii des 1561.
224Jahrs.


225

226
227.
228, Prediger
229von .
230, Pred[iger].
231von .
232.
233.


Textapparat

a Korrigiert aus: Roccacasiata.
b Korrigiert aus: auf.
c Korrigiert aus: Rocca capiata.
d Korrigiert aus: Rocca capiata.
e Korrigiert aus: Thallenten.
f Korrigiert aus: Roccacapiata.
g Korrigiert aus: vordedachter.
h Korrigiert aus: Caours.

Sachliche Anmerkungen

1 Ein Teil des Ortsnamens (Ruà) wurde ins Deutsche übersetzt.
2 Ein Teil des Ortsnamens (Ruà) wurde ins Deutsche übersetzt.