... Du kenst doch gewiß, Dank seys der Göttin des Ruhms! unsre göttingische Muse Mlle Gatterer, und ihre Gedichte. Wie wahr ist doch das Sprichwort: Kein Prophet gilt in seinen Vaterlande, und wie sehr recht hat Miss G., wenn sie sagt, man weiß mich hier nicht zu schäzen. Hier redt man nicht von ihr, man bewundert sie nicht, ohngeachtet ihres lebhaften Verstands, ihres feurigen Wizes, der lezte hat im Gegentheil sie schon manchen Unannehmlichkeiten bloß gestellt, und kaum läst sie sich auswärts blicken, so ist alles voll von ihr. Sie hat kürzlich eine Reise nach Caßel gemacht, und hat so viel Beyfall gefunden, daß man fürchtet, sie werde ganz betäubt davon werden. Tischbein hat sie gemahlt als Muse in einem himmelblauen Gewand, auf die Leyer gestüzt und einen Kranz von Lorbeern und Rosen im Haar. Ein Bild hat er ihr im schönen Rahmen hieher geschickt, das zweyte hat er behalten, das dritte ist in der Caßelschen Bilder Gallerie aufgestellt worden. Sie ist nichts wenger als schön, das Portrait soll ähnlich seyn und doch hübsch. Das ist das schöne der Kunst. Aber was würde nicht Tischbeins Pinsel verschönern? Kurz ihr ist so viel Ehre wiederfahren, daß es kein Wunder ist, wenn ihr der Kopf schwindelt. Vor den Leipziger Almanach wird sie in Kupfer gestochen werden.
Zu diesem allen sezt nun noch die leidige Medisance so sehr viel zu, waß sie alles von sich selbst bey diesen Gelegenheiten gesagt haben soll, daß ichs nicht wiederholen will, weil vermuthlich der gröste Theil falsch ist. Wenn die Gatterer aber mehr Bescheidenheit hätte, so würde sie noch sehr viel liebenswürdiger. Ihr Herz ist gewiß gut, ihr Verstand untadelhaft, aber für ein Frauenzimmer hat sie zu viel Muth, denkt und redt zu frey, hat überhaupt so wenig vom sanften weiblichen Charakter, als daß sie aus dem Gesichtspunkt betrachtet gefallen würde. Ich habe Briefe von ihr, denn ich habe hier mit ihr correspondirt, die ihr immer Ehre machen.