Caroline von Schelling, Band 1


An Luise Gotter.

Göttingen d. 17 Jun 1783.

... Seit 4 Wochen haben wir an der Abtischen Schauspielergesellschaft neuen Zeitvertreib bekommen. Unser Theater ist so ganz erträglich eingerichtet, aber freylich für so große Stücke als Agnes, Lanaße und Johann von Schwaben ein gut Theil zu klein; Mad. Abt mehr als die Hälfte zu alt die Heldinnen davon zu spielen. Lustspiele gelingen ihnen bey weiten am besten, denn bey hohen Trauerspielen, von einer herumziehenden Gesellschaft gegeben, kan man sich doch nie erwehren an Bettler Majestät zu denken. Der Eheprokurator ist von einem Hrn. Ratje ganz vortreflich gemacht, von Lanaße schick ich Deinen lieben Mann eigentlich den Zettel; er mag den Wiz des Herrn Abbt daran bewundern. Es ward gegeben, da die Hälfte der Studenten eben in Caßel waren, er muste also die Damen loben, und siehe — sie kamen auch! Es war noch nie so voll von Frauenzimmern gewesen. — War freylich auch da — und kan das Stück doch sonst nicht leiden. Das geht alles im Ton: Lanaßa! lodre! in! Flammen! auf!!! weis wie bange meiner Lunge geworden ist, da ichs vorlaß Und mitunter hohe Sentenzen, damit man nicht vergißt, daß es aus dem französischen übersezt ist. An die Räuber macht sich Abt doch nicht, wird auch wohl den Fiesko nicht einstudieren, den mir Hr. Dieterich eben zuschickt.

Gestern haben wir ein artiges Fest gehabt. Der älteste Böhmer hat sich eine Einsiedeley gebaut und lnd Freunde und Bekannten ein, den lezten Abschied von ihnen und der Welt zu nehmen, den wir ihm denn so sauer wie möglich zu machen suchten...