Fr. von Reck kan uns nicht entgehn. Die Jung erzählte mir, daß sie mit ihrem Mann einen Briefwechsel geführt — den ich gern sehn möchte, und wenn ich ein paar heuchlerische Worte darum verschwende, wohl sehn werde. Jungs erwarten, daß sie hier durch kommen wird. Du hast sie alsdann schon kennen lernen.
Besuche. Ich habe eben Wezels Gefahren der Empfindsamkeit wiedergelesen. Es ist mir aufgefallen, daß Deutschlands zwey Haupt Schriftsteller im Comischen Fach ihre größte Stärke in schwermüthigen Schildrungen haben — Wezel und Müller. Vorzüglich hat Wezel etwas languißantes, das sogar im Herrmann fühlbar ist, ohngeachtet einiger unnachahmlichen wahrhaftig lächerlichen Züge. Und Müller ist zu gedehnt und moralisch um Lachen zu erregen, dem sich weit weniger gebieten läßt wie den Thränen. Lachen zu können ist ein angebohrnes Talent — der Ernst läßt sich allenthalben hinpfropfen. Wezel ist doch sehr zweckmäßig in seiner Wilhelmine Arend verfahren, nur für den Kranken, den er curiren will, sind seine Krankheitsgeschichten zu detaillirt. Eine zerrüttete Einbildungskraft schöpft neuen Gift aus dem Hülfsmittel. Aber er hat sehr gut den größten Schaden der Empfindsamkeit gezeigt — wie sie in Lagen, aus denen Entschloßenheit uns retten würde, die Hände bindet und unaufhaltsam den Unglücklichen versinken läßt — wie die zu oft angeregte Fibration der Nerven diese zu fürchterlichen Peinigern macht — wie man nie fühlen wollen muß, und was für ein schreckliches Ding einem schuldlosen Herzen Gewißensbiße sind, die nur Eingeschränktheit der Denkungsart erzeugte.
Vergieb mir, daß ich Dir nichts beßers schreibe. Hier schick ich Dir auch noch ein merkwürdig Gedicht von Jung auf den jungen Selchow. Seine ästhetische Schönheiten abgerechnet, hat es auch noch sehr naive — oder ist das keine, daß er in einem Gedicht, von Studenten unterschrieben, eine in der Asche glimmende Herzensverbindung des Verstorbnen dem Publikum aufstellt mit einer Unbefangenheit, als wenn wir schon im Paradiese wären? Laura soll Fr. von Malsburg seyn, die ihr Herz mit dem jungen Mann aus Mangel beßerer Gegenstände beschäfigte. Zeigs doch Tattern und bey Gelegenhel Blumenbach, den Du dabey grüßen magst.
Ich werde nun der Reck schreiben, liebe Lotte, und mich nur erst bey Jung erkundigen, ob er etwas näheres von ihrem Kommen weiß. Die Roche erwartete sie sicher in Offenbach.