Was Du mir für allerliebste Sachen schreibst! Und mehr wie allerliebst, denn, mein Freund, über Deine neuesten Offenbarungen bin ich entzückt, und wenn ich sie je ganz fassen könnte, so würde es mich ordentlich glücklich machen. Aber ich vermuthe sehr, Du wirst noch über meine jetzigen Anstrengungen lachen, wenn es zur Untersuchung kommt und Du Wunder denkt, wie viel sich von Deinen Ideen auf meine Kenntnisse wird fortbauen lassen – und dann fällt die ganze Herrlichkeit wie ein Kartenhaus zusammen! Vors erste bring ich es gewiß allein weiter als wie mit Dir, denn da giebts immer Zerstreuungen. Ich lobe mir einen Lehrer, den ich nicht sehe und nicht höre, der nicht ungeduldig wird, wenn ich ihn nicht gleich verstehe, vor dem ich mich auch deswegen nicht schäme. Du scheinst es ebenfalls ohne mich weiter zu bringen.
Im Schreiben werd ich es heut nicht weit bringen, denn das Kindermädchen im Hause ist krank, der kleine Junge auch, und so hab ich die kleine unruhige krause Emma bey mir, die sitzt mir im buchstäblichsten Verstand auf den Nacken. Was willst Du doch mit Deinem erneuerten Edikt keinen Postag vorüber gehn zu lassen? Ich schnitte mir ja lieber den kleinen Finger ab, ehe ich das thäte. Das Ausbleiben des einen Briefs ist nicht meine Schuld, er ist Mittags zwischen 1 und 2 Uhr wie alle andern auf die Post geschickt. Höchst entrüstet würde ich seyn, wenn Friedrich der einliegenden Anweisung noch kein Genüge geleistet hätte. Ich habe ihn schon jetzt bey Wilhelm verklagt. Denk Dir, daß Wilhelm folgendes Epigramm, das in einem Taschenbuch steht, was Dir wahrscheinlich nicht zu Gesicht kommen wird, gut gefunden hat, ganz von selben und zuerst.
Der Pedantismus bat die Fantasie
Um einen Kuß; sie wieß ihn an die Sünde.
Frech, ohne Kraft, umarmt er die,
Und sie genaß von einem todten Kinde,
Genannt Lucinde.
Dreiviertel Seite weggeschnitten.