Caroline von Schelling, Band 2


An Schelling.

Braunschweig 1801, Februar?.

Anfang fehlt.

... einmal sicher nicht. Um ihm etwas zu schreiben, das Dich mit angeht, dazu erwart ich erst Deine Erlaubniß. Dann wird sich alles ganz ins Klare setzen. Nur darauf verlasse Dich: den Sommer bring ich in Deiner Nähe zu. Was ich mit Schlegel einzugehn habe um meine Lage zu sichern – gegen mein Gefühl, dessen Du ein paarmal dabey erwähnt hast, wird es nichts seyn – so gut ich hier mit ihm unter Einem Dach gewohnt habe, können wir uns auch künftig einverstehn, wenn er gut mit mir bleibt.

Eigentlich wär mir es doch jetzt sehr gelegen, wenn ich entsezlich reich wäre. Aber reich oder nicht, ich will nichts thun, wobey ich meinen Freund aufopfern müßte, das ist nun seit kurzem wie ein heller Stern vor mir aufgegangen, da ich bisher im Nebel lebte.

Gern möcht ich Dir auf viel wichtiges in Deinem Brief noch antworten, nur fehlt mit manches dazu, fast auch Zeit. Ich konnte die Erklärung von Fichte nicht zu sehn bekommen. Meine Divination sagt mir indessen, daß Du nicht unrecht haben magst mit der Bittersüßigkeit. Ob F. sich über das Bewußtseyn und die Reflexion erhoben hat, möcht ich so genau nicht entscheiden können – über sein Ich, das weiß ich gewiß, kann er nicht so weit hinaus, daß er nicht ein anderes Ich gern an die Seite schieben sollte, wenn es solche Andungen in ihm erweckt wie Du. Sehr bin ich auch der Meynung: laß Dich nicht wegschieben. Das Entgegensetzen, denk ich, könnte wohl so abgehn, daß es nur die wahrhaft Eingeweiheten gewahr würden – denn Du kannst fortbauen ohne Dich um ihn zu kümmern, er ist an Kenntnissen und Poesie so gewaltig zurück, daß er mit aller Denkkraft Dir doch Deine Natur nicht nachmachen kann, also hast Du Dich nicht so sehr dagegen zu verwahren, daß er Dir das Deinige raube, und eine offenbare Spaltung würde eine ungeheure Verwirrung nach sich ziehn. Die Philosophie der Natur ist es ja doch, durch welche Dein Idealismus etwas anders geworden ist als der seinige, und die er eben muß stehn lassen. – Ich muß nur noch versuchen, ob denn das Blatt hier gar nicht hergekommen ist; Schlegel ist dreymal vergeblich auf den Leseclubb danach gegangen.

Versäum es nicht an Fichte zu schreiben, was Du Dir vorgesetzt hast. Es soll mich wundern, ob er gegen Schlegel über Dich spricht. Ich weis nicht, wie ers macht bey seiner Rechtschaffenheit um falsch zu seyn, aber es ist doch manchmal so was bey ihm vorhanden. Verwunden sollte es Dich nicht – diese Falschheit ist auch oft nur eine gewisse Vielseitigkeit, ein Mangel an einer recht tüchtigen Partheylichkeit für den Freund die wenigstens jede Mittheilung des Urtheils über ihn verhinderte. – Wenn jemand rein in diesem Stück ist, so ist es Schlegel, und es dauert mich zu sehn, daß es ihm so wenig gelohnt wird. Bey seiner Eitelkeit ist es sehr viel, daß es ihn nicht mehr aufbringt, wenn er zuweilen erfährt, wie Leute über ihn absprechen, die seinen Ruhm nie erreichen werden; er ist so gebildet sich auch darin zu fügen. Vielleicht nähm er selbst Ritter in Schutz. Er macht sich gar nichts aus der Falschheit, und ist der redlichste von euch allen.

Was Berentano so! angeht, so kanst Du Dich überzeugt halten, daß ihm im...

Bogenende.