Caroline von Schelling, Band 2


An Schelling.

Braunschweig Mittwoch Ende Febr.? 1801.

Wenn ich nur zu Dir kommen könnte diesen Abend und liebreich mit Dir schwazen! Die Sonne und der blaue Himmel lockten mich heute unwiederstehlich an und mahnten mich an meinen Freund; ich wünschte zuletzt nur, es möchte recht schlecht Wetter seyn und bleiben bis zum wahren Frühling, dann ist doch alles rund herum zu und man weiß, daß man nicht hinaus kann. Ich bin vor dem Thore gewesen in einem protestantischen Jungfrauenkloster, wo Jerusalems Tochter Domina ist. Es ist da noch einige Freundlichkeit der Aussicht und vor allen Fenstern herrliche Pflanzungen, Reseda, Heliotropium und was es liebes in der Art giebt, dessen Gemüth in Duft besteht. – Süßer Freund, Dein Brief hat diese Nacht mit mir geruhet; ich bekam ihn gestern sehr spät; halb mit Schmerz habe ich alle seine Liebe in mich gesogen. Wenn Du es nun sehr gewaltsam nimst, was ich Dir gestern geschickt habe – ach wie wirst Du mich noch bekümmern. Es ist doch gar nicht gewaltsam – im Anfang war in erschüttert, aber alles hatte sich gelegt, und die Seele meiner Entschließung wurde von dem Anfang ganz abhängig. Im Grunde haben wir uns oft gedacht, daß es so mit uns werden sollte, Du hast es mir auch geschrieben. Glaube nur, ich werde nie etwas eingehen, wo ich nicht ganz Deine Freundinn bleiben kann.


Den Freund will ich nicht lassen,
Noch läßt er auch von mir.

Tausendmal hab ich mir heut schon dieses einfältig liebe Lied vorgesagt. Freund ist ein allgemeines Wort gegen das, was ich meyne, Liebling, Du, den ich wie ein theures Kind an mein Herz drücke und verehre als Mann. Du weißt, ich thue beydes, muß ich gleich Dich zuweilen hart tadeln. Mein lieber Joseph, ob ich mich freuen werde Dich wieder zu sehn? Ja wahrlich mehr, wie ich Die sagen kann, eilt meine Freude schon der Zeit voraus, die uns noch trennt, und ich überlasse mich ihr jetzt ohne Furcht; ich bin so sicher in mir selber geworden, weil ich weiß, was ich will.


Mit Wonn werd ich Dich sehn,
O nimm mich auch so auf.

Gott führe Dir ein Herz zu, das Dir seine Treue reiner beweisen darf, aber ein treueres – nein, Du kannst es nicht finden, und darum leg ich auch einigen Werth darauf, daß Du dieses aus dem Sturme dennoch davon bringst. Stoß es zurück im Augenblick des Unmuths – es hoft auf die Stunde der rückkehrenden Liebe und bleibt Dir. Sag, hab ich Dich nicht immer geliebt, und wenn ich mich gegen Dich auflehnte, weil ich nicht anders konnte, dennoch geliebt? Habe ich Dich nicht stets mit inniger Zärtlichkeit wieder an meine Brust gezogen und die Stirn Dir geküßt, die finster gesehen hatte?

Wenn nur die Sorge erst ein wenig gemildert wäre in mir, daß ich Dich störe in Deinen Gedanken und Worten durch das, was ich Dir geschrieben habe. – Erst mit Ungewißheit, nun vielleicht durch Gewißheit, – denn Du wirst sie Dir viel schneidender denken, als sie ist – nehmlich gewiß ist sie, aber was ist den so sehr bittres daran? Wir wollen uns blos unabhängig wissen von uns selber und der Welt. Übrigens...

Bogenende.