Ich begrüße Dich aus dieser fernen und friedlichen Gegend, liebe Luise, wo ich glücklich, ohne den kleinsten Zufall, angekommen und über alle Beschreibung wohl und herrlich empfangen worden bin. Ich bin nur 9 Tage unterwegs gewesen, ob ich gleich in Bamberg zwey volle Tage und einen in Würzburg blieb. Vom letzten Ort ist es nur zwey Tagreisen bis hieher. Der Ort liegt am Fuß der nicht wilden Gebirge, welche Franken und Schwaben trennen, ungleich lieblicher, als wir es uns dachten, und nicht allein lieblicher, sondern schlechtweg sehr anmuthig in einem weiten Thal zwischen mannichfachen Hügeln und Bächen. Das Städtchen ist neu aufgebaut nach einem Brande, die Prälatur ist außerhalb der Stadt, das Haus ist wohl gebaut, hat einen großen freundlichen Vorhof, und Gärten, Seen und Wald hinter sich auf einem kleinen Hügel liegt jenseit des Sees eine Wallfahrtskirche aus alten Zeiten. Nimm nun zu diesen leblosen, obschon sehr lebendigen Ansichten die guten Bewohner, Schellings ehrwürdigen Vater und seine herzlich gute Mutter, die Schwester, die beyden Brüder Carl und August, in welchen allen doch Schellingischer Geist in verschiedenen Nuancen sich regt, und jeder sein ganz bestimmtes Wesen und Charakter an sich hat. Beate würde sehr hübsch seyn, wenn sie nicht zu stark wäre, was aber bey dieser
Fülle von allen Gaben Gottes und der gleichmäßigen gesunden Thätigkeit nicht zu vermeiden gewesen seyn mag. Ich bin nun schon 8 Tage hier und völlig eingewöhnt. Noch kann ich mich nicht recht über die Lage der Dinge außerhalb dieses geweiheten Bezirkes besinnen. Der entschiedne Ausbruch des Kriegs vereitelt höchst wahrscheinlich die Reise nach Italien, und damit geht freylich viel verlohren, da ich sie nicht allein als einen irdischen Gewinn betrachtet habe, sondern besonders für Schelling diese Maaßregel für ganz unschätzbar hielt. Aber ergeben bin ich natürlich in alles, was sich zutragen mag. Auch ist doch wohl nicht alle Hoffnung irgend einer baldigen Endigung vergeblich. Ihr werdet aber in Euren Gegenden mit erneuten Kriegsgerüchten heimgesucht werden, und die Hannoveraner vielleicht mit mehr als Gerüchten, obwohl ich auch an diesem noch zweifle. Schreibe mir ja darüber, was Du weißt; ich sehne mich überhaupt sehr nach Nachricht von Euch. Du adressirt, wie ich Dir schrieb, an Hrn. Prof. Schelling zu Murrhardt, über Studtgardt, dem Murrhardter Boten mitzugeben. Ich werde diese Woche nach Studtgard fahren, die Ungelmann ist dort und spielt, ich muß die Kleine sehn und sprechen. Was mögt ihr treiben? Ich habe die Geschichte mit dem Baron schon aus dem Gedächtniß verlohren, jedoch noch glücklich 2 Bouteillen Tokeyer für den Prälaten mit anhero gebracht.
Bamberg ist mir der liebste Ort, der Lage nach, den ich kenne, dort möchte ich wohnen, wo auch Auguste noch so unbeschreiblich froh gewesen ist. Marcus ist ganz Thätigkeit und voll Ernst etwas rechtes für die Medicin im Lande zu gründen. Kilian ist als zweiter Arzt des Krankenhauses in Bamberg berufen, und als Besitzer des Medicinalkollegiums. Für Würzburg scheint aber das Bedeutendste geschehen zu sollen, wegen
der dortigen großen fonds. Die Lage ist eingeschränkter wie die von Bamberg, aber immer, zwischen Weinbergen und am Mayn, noch schön genug. Übrigens sind diese Länder alle im Umgestalten begriffen unter der neuen Regierung, und Zufriedenheit wie Unzufriedenheit reiht sich dichter auf einander. Grüße die Mutter. Der alte Schelling hat mir schon mehrere Briefe von unserm Vater gezeigt, der viel auf ihn gehalten haben muß. Ich küsse die Kinder. Emmas Puppe habe ich hier mit her gebracht.
Mit Carl haben wir unendlich viel Spaß. Die Buben (wie sie hier sagen) kamen uns Meilen weit entgegen zu Pferd, das ganze Städtchen lief zu Thür und Fenster, wie wir auf die Prälatur führen.