Weil am Ende Ihres lezten Briefs stand: nächstens mehr, so bildete ich mir nach meiner Weise ein, es würde auch mehr kommen, und wartete bis nun, wo ich nicht länger anstehn will Ihnen für Ihre unendliche Artigkeit mit den Loosen und dem Stilling zu danken. Dem Überbringer habe ich so viel liebes erzeigt, als er sich en effigie erzeigen lassen wollte, ich habe seine Karte einen Tag lang an den Spiegel gesteckt. Meinen Sie, der junge Mann habe hier nichts bessers zu thun als uns zu besuchen? – Sturz scheinen Sie nicht gesehn zu haben, er dachte Sie auf einer großen Fête zu treffen, nachdem er den Mittag bey Puzelot gegessen. Ich habe auch eine große Fête gegeben am Sonntag als am 27 Jan., wo Schellings Geburtstag war – eine recht hübsche Gesellschaft an großer table ronde, Sie würden sich gut unterhalten haben. Nach Mitternacht wurde alles Volk toll, die Sturz ging um 2 Uhr, ich machte es wie Mad. Recamer und begab mich ins Schlafgemach, die Anstrengung des Tages erlaubte mir nicht aufzubleiben bis zwischen 4 und 5 Uhr, wo die lezten mit der Morgenglocke gingen und Schelling sich zu Bett verfügte. Sie hatten eine Art von Bank gemacht, nur um sich zu fixiren. Am folgenden Tag waren wir bei der Sturz, mein erster Ausgang. Mit dieser trägt sich narisches Zeug zu – elle a le diable au corps cette femme, Golimbra ist auf Reisen und sie desoeuvrirt, denn die Kinder, das Gut, die Strickereien und die Karten geben ihr noch lange nicht genug zu schaffen. Vor 4 Wochen war sie einmal bey mir, und sieht da einen jungen Menschen, der mit Köhler jetzt zusammen wohnt, und den mir dieser jetzt zum erstenmal brachte, er ist guter Leute Kind, kommt aus Paris, wo er seine Studien angefangen, ist hübsch und schlank und lang, aber von so zarter Natur in allen Dingen, auch von zarten Ingenium, daß er sich mit dem Golimbra verglichen so verhält wie ein Prinzensohn in den Feenmärchen, der in einer Höle versteckt ist, und nun kommt der Oger nach Haus und richt um sich, sagt: ich wittre Menschenfleisch und zieht den jungen Helden hervor und frißt ihn mit einem Zahn auf. So wird es auch kommen. Sie sieht ihn und erkieset ihn gleich für sich, was ich weiter nicht merkte, denn wer kommt auf so verruchte Gedanken? Ich gab auch gar nicht auf den Menschen acht, der um und um nichts wie eine liebliche Unbedeutendheit ist. Aber sie und ihn ein, sie auch zu besuchen, und ehe wir uns versehen, ist der Handel fertig. Nun hätten Sie die komische Art sehn sollen, wie Köhler auf der einen Seite den jungen Mann (höchstens 20) mahnte, sich doch nicht in die Gefahr zu setzen von Riesen gespeißt zu werden, und ich von der andern ihr die tugendhaftesten Vorstellungen machte, von wegen einer Untreue gegen Golimbra, mit dessen Pferden sie mit dem andren spatzieren fuhr – welche perfidie! – und daß der Riese doch solider sey, sich im Lande ankaufe, mit ihren Kindern in einigen Verhältniß stehe usw.
Sie mit der ungemessensten Offenheit alles beichtend, er wäre gar so liebenswürdig, es thäte ihr so wohl diese Sanftmuth nach dem rauhen Wesen des eifersüchtigen Stockbritten, Dieser muß nun in diesen Tagen kommen, und mich soll wundern, wie es abläuft. Schelling amüsirt sich königlich damit und sagt ihr ungeheure Dinge. Ich habe es auch zu Ihrem Spaß gemeldet, aber – bouche close!
Wenn Sie nach Ulm gehen, so melden Sie es mir, versteht sich. Können Sie es einrichten, so wird es gewiß ein reeller Bestand für Therese und ihre Geschäfte seyn. Ich habe viel von dorther gehört, von verschiedenen Seiten, besonders was den Schwiegersohn betrifft, und mich innig erfreut hat.
Therese findet vor der Hand bey ihm die glücklichste Herberge; er ist ein einfacher gesunder braver Forstmann, jezt als Oberförster angestellt zu Steffanried, wo sich die ganze Familie im Frühling hin begeben wird, und er Clairen heirathet. Unser Prof. Medicus war sein Freund und Lehrer zu Heidelberg und hat mir das erzählt und auch seine Idee mitgetheilt dem jungen Greiers die ihm jetzt angewiesene Stelle in Ebrach als Aufseher einer Forstschule – wenige Meilen von hier – zu cediren. – Wie wunderbar! Deutschland ist nicht groß genug, um sich auszuweichen, ja die Erde nicht, und darum wäre es auch thöricht von den Menschen es zu wollen. Ich habe den Medicus sehr darin bestärkt – obwohl die Lage in und von Steffanried vielleicht Allem angemeßner ist, selbst angenehmer. Auf die Länge macht sich vielleicht das Zusammenseyn nicht, es sey den, daß zwischen Mutter und Tochter die Liebe geworden ist, welche nicht war. Aber für jetzt ist es doch wahrhaft trostbringend.
Von meiner Schwester, die mit Forsters Schwester Antonie in einem Hause wohnt, hörte ich, daß Antoniens erstes Wort war: wird Therese nicht eine rächende Nacht erkennen? –
Sie hatte 3 Stunden nach dem Tode an Forsters und Heynens sehr standhaft geschrieben, aber so, als wenn sie auch nicht einmal eine Pension zu erwarten hätte. Warum das? – Nun muß ich Ihnen noch einen Traum erzählen. Ich ging auf einer Gasse an einem Fenster vorben, wo Huber stand; ich sah ihn nur halb, der Hut, der mir tief in den Augen saß, hinderte mich das Gesicht zu sehen, aber ich erkannte die Gestalt, den Schnitt der Kleider und eine Weste, die er zu tragen pflegte. Indem ich mich bemühe ihn zu sehn, verwandelt sich das Fenster in diejenige Glasthür, welche aus meinem blauen Zimmer in das kleinere führt. Er stand dahinter und kam herein. Unser Eßtisch steht da jetzt, da ich im Winter das kleinere Zimmer bewohne; es war für 3 oder 4 wie gewöhnlich gedeckt, er sezte sich aus der Thür herein mir gegenüber, wir erwarteten, daß Schelling herunter käme, und sprachen indes ruhig mit einander, aber er und ich wohl wissend, daß er todt wäre. Von Freundschaft war nicht die Rede. Ich frug ihn, warum er uns so betrübt hätte, und ich würde gern mit ihm getäuscht haben, denn, Huber, sagte ich, ich habe doch noch mehr im Himmel zu suchen wie Sie. Mir lag Auguste im Sinn, wie sie mir immer gegenwärtig ist. Er sagte – ist das Ihr Ernst, so geben Sie mir Ihre Handich gab sie ihm über den Tisch, die seinige war ganz warm, das fiel mir auf, da er doch nicht lebte, und hierüber wachte ☉ ich auf, aber ich hatte ihn so wahr, so natürlich gesehn, es war in mir alles genau so, wie es gewesen seyn würde, daß ich es nicht vergessen konnte, und ihn immer vor Augen hatte. Die Worte: ich habe mehr im Himmel zu suchen, kamen mir recht aus der tiefsten Seele. Seitdem ist er mit wieder gänzlich befreundet. Feindlich habe ich ihn mir nun nie denken können. Was er feindliches übte, war aus Meinung und Ansicht außer uns liegender Dinge. Das Beste in seiner Natur war gewiß dazu bestimmt sowohl Schelling als mit freundlich verbunden zu seyn. Von der Idee mit Ebrach lassen Sie sich nichts merken, indem es mir Medikus, mit dem ich gut bin, im Vertraun mittheilte.
... Ich gehe noch immer nicht aus, nicht aus Sorge für meine Gesundheit, nicht aus Trägheit, sondern aus reiner Neigung nur da zu seyn, wo ich wirklich bin, sowie Sie sich in der Luft erholen, weil Sie die Luft lieben. Leben Sie wohl, schreiben Sie, sobald Ihre Reise oder Nichtreise entschieden ist.
NB. Mit Schelling verhält es sich so, daß er mehr Zuhörer und eifrigere hat wie jemals und daß er das Kollegium, was nicht zu stand gekommen seyn soll, auf besonders Ersuchen einer Anzahl, die sich unterschrieben hatte, lesen muß ohne es gewollt zu haben, weil jene zu Ostern abgehn.