Caroline von Schelling, Band 2


An Beate Groß.

Würzburg d. 4. Aug. 1805.

Recht leid sollte es mir seyn, liebste Schwägerin, wenn Du von unserm langen Schweigen irgend eine üble Meynung gefaßt hättest, als dachten wir der Unsrigen nicht mit der herzlichsten Theilnahme, oder als ginge es uns nicht wohl. In der That befinden wir uns beyde dem unfreundlichen Sommer zum Trotz so gesund wie möglich, so heiter und einträchtig, daß das gute Wetter und der Sonnenschein, die draußen nicht sind, unter unserm Dache Rastag zu halten scheinen. Was uns am Schreiben verhindert, ist das viele andre Schreiben, nicht an gute Freunde, sondern in die weite Welt hinein. Fast alles, was bey Cotta jetzt unter der Presse ist, ist von meiner Hand, worüber mir denn Zeit und Lust zu Briefen vergangen ist. Wie aber kommt es, daß ich von Mütterchen gar nichts seit so langer Zeit erhalten? Und daß August nicht kommt? den ich hiemit nochmals ernstlich einlade.

Mit Adelberg muß noch nichts entschieden seyn. Hat mir kürzlich etwas am Herzen gelegen, so ist es, daß ich die lieben Eltern dorthin wünsche. Es waren vor einigen Wochen ein paar Geistliche aus dem Würtembergschen hier, der Special von Neustadt und einer aus Lücke, die meynten doch, der Vater hätte ziemlich viel Aussicht dazu. Die beyden haben sich hier recht gut divertirt und werden gewiß ihre Landsleute loben. Einen andern Besuch von einem Landsmann hat Fritz gehabt, nämlich den Prinz Paul, der ihm über alle Erwartung wohlgefallen; er muß auch nach seiner Erzählung recht sehr liebenswürdig und geistreich seyn. Es war spashaft, daß Paulus, an den er sich zuerst addressirt hatte, ihn herbringen mußte; dieser kam zu mir herein, weil er eben niemand fand, und sagte, es wäre ein Fremder bey ihm, der gern Schelling

kennen lernen wollte; ich schickte die Magd also mit ihnen hinauf ohne zu wissen, wer es sey. Der Prinz fragte Schelling – kennen Sie mich nicht? ich bin in Tübingen vor 2 Jahren an Ihnen vorbeygegangen und ich kenne Sie noch wohl. Fritz erkannte ihn auch wirklich, was ihn denn sehr freute; er war wohl eine Stunde nebst dem schleichenden Apostel bey ihm. Wie ich höre, reisen Paulus in diesen Tagen nach Schwaben; sie sind beyde in schlechten Gesundheitsumständen.

Man sagt, daß sich Malle förmlich in Schlechtbach etablirt hat, und mit der Professorsform und den Pulvern des Schwiegervaters Wunder thut.

Was den Hoven betrifft, so werden wir nächstens erleben, daß er ganz närrisch vor Übermuth wird, und seine Künste öffentlich auf dem Residenzplatze macht. Es fehlt hieran wahrhaftig nicht viel, er erzählt wirklich auf der Straße den Studenten seine Anekdoten und macht ihnen die bekannten Späße vor. Als Lehrer ist er nach der Stimme aller so schlecht, daß die Mediciner sich gleich von hier wegsehnen; die Inländer bleiben gezwungen, und die Ausländer nur so lange, als sie bei Schelling hören.

Bogenende.