Deinen zweyten Brief habe ich auch, Du Bester, und hätte wohl auf der Stelle wieder geschrieben, wenn ich mich nicht schämte, nämlich vor Dir selber, es so gar oft zu thun. Nicht ohne Herzklopfen erbreche ich die Deinigen, aber ich weiß gewiß, es bezieht sich mehr auf Dich wie auf die Situation, die mir nur durch den guten oder schlechten Eindruck auf Dich wichtig werden kann. Daß es sich sehr schnell entschiede, habe ich nie geglaubt, wenn es nicht etwa schon entschieden wäre; es liegt ja auch nichts daran und wird eher besser wie schlechter darum ausfallen. Du schreibst mir nicht, wie denn die clementen Gesinnungen des Clemens beschaffen sind – nicht, ob Du Jacobi sehn wirst. Mache Dich nur recht einheimisch dort. Je freyer sich mein Schelling zeigt, um so mehr muß er Gute und Böse, der Sonne gleich, gewinnen.
Ich richte alles so, liebes Herz, daß ich in den möglichst kurzen Zeitraum nach Deinem Befehl abreisen kann – sollte sich nun noch sehr lange verzögern, so sehe ich doch nicht ein, warum Du mir nicht erlauben wolltest hier der Sache ein Ende zu machen, und lieber, wenn es noch seyn muß, in Ansbach zu warten. Im ersten Brief hast Du mir geschrieben, ich soll die Liebeskind mir vorläufig versichern mich nach München zu begleiten – im zweyten, ich soll über Augsburg gehn, was mit dem ersten nicht compatibel ist. Auch gefällt mir jenes besser, ich will auch Eichstädt sehn. Das wird sich den schon finden.
Mit der bestimmtesten Gewißheit kann ich Dir sagen, daß ein gutes Theil Geld mehr, als die Schulden betragen, aus den Mobilien erhalten werden wird, und das Geld von Krüll nicht nöthig gewesen wäre.
Morgen kommt der Churfürst, il n’y a plus de remêde. Ich war einen Augenblick bey Seufferts, denn da ich über der Thür ein vortreffliches Medaillon mit einem ungeheuren F. anheften sah zu den übrigen Lattenwerk, so dacht ich, es müste siche Botschaft da seyn, welche denn der Hr. v. Hennebritt ihnen auch diesen Morgen um 8 Uhr ins Haus geschickt hatte. Der Präsident war nicht da, aber so viel Würzburger Volk, daß ich bald wegelte; sie sagte, sie habe nicht bey mir vorfahren wollen, weil sie gesonnen wäre in Person zu mir zu kommen, wie sie in die Messe zu laufen pflegt.
Die Beleuchtung wird Morgen noch nicht statt haben, sondern in der nächsten Woche am Geburtstag. Ich habe heut die Anstalten vor dem Rathhause gesehn – horribler und ge schmakloser ist selbst noch kein Heiliger der Kirche bedient worden. Auch ist das Ding in Form eines Hochhaltars und einige Duzend breiterner Tugenden sind daran aufgepflanzt. Billig sollten sie eine recht colossale Hoffnung vor dem Einzugsthore aufstellen. Die Stadt sieht jetzt mit allen den Anstalten wie ein schlechtes Theater bey Tage aus.
Hr. v. Hügel hat dem Präsidenten geschrieben, daß das Vernehmen zwischen Österreich und Frankreich das allerbeste sey. An eine andre Bestimmung Würzburgs sey nicht zu denken. – Glaub aber nur, daß, wenn nun der Herr und die Diener alle da sind, man es denn doch nicht zum besten haben wird. Ich möchte nicht allzulange auf die Gefälligkeit dieser Machthaber hin in der Wohnung bleiben. Es sind verruchte Gesichter.
Sturz glaubt noch immer nicht, daß der Churfürst kommt, und schlägt ein sardonisches Gelächter auf, wenn er davon hört. Hieraus siehst Du, daß er noch lebt und in die alte Weise zurückkehrt, wie die Reconvaleszenten zu thun pflegen.... Wir sind alle ernstlich überzeugt, daß, wenn Sturz hier bleibt, es bald mit ihm zum Wahnsinn reif ist; die Eine Leidenschaft reichte schon dazu hin, welche ihn ordentlich geißelt, daß er sich nämlich an den Würzburgern rächen möchte. Diese ist nun sehr reciproque, sie müssen etwas bestimmtes gegen ihn brauen, davon hab ich eine Spur – zu weitläuftig zum referiren...
Artig, daß ich par le moyen de Klebe die neuesten Nachrichten von Dir habe. Er hat an Sturz geschrieben ungefähr: „ich habe Prof. Schelling im Hahn gesprochen. Obschon seine Philosophie noch viel Feinde hat, so hat doch seine persönliche Erscheinung allgemeine Aufmerksamkeit erregt, und es interessirt sich alles für ihn oder um ihn. So viel ich erfahren kann, steht er von oben her gut. Bereits soll ihm der Minister den Genuß seines bisherigen Gehalts einstweilen zugesichert haben. So müssen doch Genie und Talent immer durchdringen“.
So wie ich meine edle Feder nun nicht zu hoch, noch für eine Knechtschaft geachtet habe, dieß niederzuschreiben, habe lich Dir auch auf beyliegenden Blättchen das Neueste aus dem Freinmüthigen abgeschrieben, worüber es denn weiter nichts bedarf. Dieses haben der Klein und ich eben beschlossen: Dir die Blätter über Fichte (heut kam das zweyte) zu senden, Du mußt sie nur wieder zurückschicken. Es ist mir gar zu anschaulich gewesen, wie verdrießlich Dir so ein Gang aufs Musem ist. Daß Schleiermacher der Recensent ist, daran bleibt mir kein Zweifel. Der Schluß ist vortrefflich. Gegen Dich ist keine Tücke, aber eben wieder gegen August Wilhelm. Und wie dreist und kräftig ist der Fichte behandelt. Bey solchen Rec. hat der Eichstädt von Glück zu sagen. (Àpropos heut ist mir ein Brief dieser Redaction an Prof. Fi– zufällig durch die Hand gegangen. Das Siegel ist doch Eule, ein Helm darunter, ein Schlangenstab und Lorbeer? oder ist es das von der Hallischen? Schleyermacher macht sich mit großer Aktivität um das Vaterland verdient – größer ist auf diesem Felde der kleine Mann als in seinem kleinen christlichen Taschenbuch – da ist wirklich innerlich und äußerlich alles nach gar miniaturen Dimensionen ausgefallen. Noch ist kein Rückschrei im Freimüthigen von wegen Kotzebue, aber die Leidensgeschichte des Chevenix mit Nebenerwähnungen hochfahrender und höchst anmaßlicher LZ. Das klingt schon gut. Wenn das Gezücht nur erst anfängt zu klagen.
Weist Du denn, wie wunderlich es Gott gefügt und dem Marcus ein neues Rélief gegeben? Thürheims wohnen bey ihm; der Herzog kam so schnell, daß der Graf plötzlich zu räumen gezwungen war. Ganz Bamberg wundert sich, denn es hat den Marcus mit dem Grafen für brouillirt oder gespannt gehalten. Man soll von hier aus dem Marcus die Zahlung seines hiesigen Gehalts verweigert haben, er solle ihn hier verzehren – jedoch glaube ich es nicht, denn wenn ich nicht irre, wurde es ihm ja in Bamberg ausgezahlt. Die Döllinger sagte es mir, welche gestern von ihrem Mann zu mir geschickt wurde, um mir Gesellschaft zu leisten, weil er Unpäßlichkeit halber nicht selbst es konnte. Aber das ist gewiß, daß drey Landes Direktionsräthe in Bamberg närrisch geworden sind, und zwar namentlich der Röschlaubische Freund Geyer, rein toll. Wenn das nur kein Vorzeichen ist. Das neueste Heft der Heilunde soll bereits deklarirt apokalyptisch seyn....
Schlaf wohl, mein süßer Freund, ich lege mich jetzt nieder, das ist also eine gute Nacht, die ich mir selbst wünsche. Du schläfft vielleicht schon recht sanft, oder schwärmst, und ich bin auch das zufrieden.
Und hier – und ohne Dich. Möge das Ende des Mondes mich nicht mehr von Dir getrennt sehen. Mit andern Frühlingsbetrachtungen will ich mich nicht aufhalten. Es ist ein ungeheurer Lärm in der Stadt, der mit Tagesanbruch mich schon weckte, denn die Menge der Trommeln und Querpfeifer kanst Du Dir nicht vorstellen. Mit dem Schall der Trommel wollen sie, glaub ich, den Donner der Kanonen ersetzen, denn darüber blutet nun heute jedes Herz, daß ihnen keine gelassen worden ist diesen Tag zu verkündigen. Die Nachbarin sagte mir, diesen Umstand habe selbst der Pactod höchst atroce gefunden, woraus ich den sah, daß selbst der Pactod, der nicht zu den feinsten seiner Nation gehört, Franzos genug war, um ihnen zu sagen, was sie gern hören. Die 100 Louis kommen freilich auch in Betracht. Nachmittags bey guter Zeit wird der Fürst erwartet, ich werde sehn, was ich davon auf eine sichre und anständige Weise erblicken kann. Das Wetter ist günstig.
Der Gazetier hatte auch noch gemeldet, daß Graf Thürheim sich aufs lebhafteste für Dich verwendet habe. – Hast Du Bayard nicht besucht, er muß noch in München seyn. Man behauptet kürzlich, daß weder er noch Schilcher in Ansbach placirt würden.
Zu den sichern Ereignissen gehört, daß Mannert bestimmt angehalten hat, hier bleiben zu können, und es ihm bereits zugesagt ist. Aber nun soll es mit den Collegien gar schlecht gehn, er hat sich zwey Zettel, für solvente und insolvente, gemacht, und wollte nur lesen, wenn sich von den ersten 18 fänden, die sich nicht fanden, dann meynte er nur 15 – und vermuthlich mußte er weiter nachlassen, wie Noch mit dem Engel dingte, wenn sich auch nur 5 Gerechte finden! Ich hab ihn heute wieder im alten Lesecostum gesehn. Den Wagner hat Metz noch um die besten Hoffnungen gebracht, aller verstärkten Lockungen am schwarzen Brett ungeachtet. Döllinger hat 8 und 10. Wenn ich so von Professoren schreibe, so finde ich doch, daß in diesem Amt die Extremen des Höchstachtungswerthen und Ridiculen sich gar leise und behende berühren.
Eben wird der Generalmarsch geschlagen.
Es ist eine Menge Bauervolk in der Stadt, sie führen die Kinder an der Hand und bleiben vor allen Häusern stehn, wo es was buntes giebt. Die Universität wird ganz einfach beleuchtet, auch der Thurm nicht, diese kluge Jungfrau sparet ihr Öhl.
Dich würde der Spektakel entsetzlich amüsiren.
Indem es mir eben einfällt, daß ich in großer Verlegenheit bin, indem Köhler krank ist und Klein bey der Comödie seyn muß, nebst den Schulbuben, schreibt mir Köhler Beyliegendes, was ich angenommen habe. Ich komme nun wohl kaum vor Abgang der Post zurück und will also vorläufig siegeln. Ich höre den Lärm vom Residenzplatz in meinem Zimmer, Frank, sagt man, könne schon nicht mehr durch.
Ich habe den Brief mit zu Schotts genommen und siegle nun, nachdem eben um halb 5 Uhr der Churfürst gekommen ist, und wirklich hier vorbey die Semmelgasse heraus. Von dieser Volksmenge hast Du keinen Begriff, Kopf an Kopf ganz Würzburg in diese Gassen gedrängt.
Von dem Churfürsten habe ich von oben herab, da er auf unserer Seite saß, grade die Hände gesehn, die er gleichsam in der Stille rang, und dann rieb er sie sich – man sieht von hier aus den Residenzplatz, der mit Köpfen gepflastert ist. Das wird nun noch einen unruhigen Abend geben. Die Bürger sind alle entgegen gezogen und stellen sich nun wieder auf dem Platz. Lebe wohl, lieber, lieber Freund. Die Frau ist ganz artig, das heißt des Schott seine – Deine? – nun das weißt Du.