Caroline von Schelling, Band 2


An Schelling.

Würzburg 12. May Montag 1806.

Du theuerster Freund, ich schreibe Dir nur, mitten unter tausendfachen Besorgungen und Geschäften, ein Wort, um Dir Nachricht und mir Trost zu geben, denn fast überwältigt mich nun Sensucht und Ungeduld. Ich habe keinen Schlaf mehr und die Unnatürlichkeit meines bisherigen Zustandes bricht über mich herein und drückt mir das Herz zusammen. Dabey muß sich das äußerste thun um mich zu schonen, was leider eine Anstrengung mehr ist. Aber es wird nun bald gut werden, habe ich doch diesen Morgen alle Kutscher der Stadt bey mir gehabt um mich wegzuführen; immer wollte ich dem Meistbietenden die Fuhr geben, weil ich bloß im Sinn hatte, wie viel ich darum gabe, um bald bey Dir zu seyn – weist Du aber, daß der Wenigstnehmende von hier bis München in Einen Strich 7 Carolin ist? Du sprichst von 5, und also muß Dir die zusammengesetzte Fuhr wohlfeiler gekommen seyn. Berechnung. Du siehst, daß ich also heute noch nichts festsetzen kann. Aber in so weit verlaß Dich auf mich, ich werde sichere Maaßregeln treffen und Du sollst allerspätestens am 20sten, als am muthmaßlichen Tag meiner Abreise von hier, die lezte genaue Bestimmung erhalten, ob und wie und wo und wann Du mich abholen sollst. In Ansbach bleibe ich auf jeden Fall nur Eine Nacht. Besorgungen.

Es soll irgendwo gedruckt stehn, daß Du mit Alexander Humbold nach Rom reisest.

Diesen Morgen ist auch jemand bey mir gewesen, der mich um eine Feder vom Engel Gabriel gebeten hat, oder gar vom heiligen Geist, denn dieser hat doch die heiligen Schriften diktirt, und man hat die Wahl, wer von den beyden die schönsten und besten Federn gehabt hat. Des Gabriel seine waren gewiß bunt, aber die vom h. Geist gewährten bessern Schatten. Es wäre schlimm, wenn dieser Handel ohne Ironie abginge; ich als eine gute sanfte liebende Frau habe die Feder zugesagt, aber eine gewisse andre kleine boshafte Person wird sie schon zuschneiden. Es war der Sorg, der eine Feder von Dir begehrte.

5 Uhr.

Ey wie freut mich das – gestern stand im Briefe, ich sollte keinen mehr haben, und heute kommt doch noch einer!

Glaube nur, Lieber, daß ich mich nicht um die Verzögerung des Definitiven ängstige, obschon Zögern den flüchtigen guten Willen dieser Menschen verfliegen machen könnte – an wenigsten hat es Einfluß auf die Beschleunigung meines Kommens, das ich schon genug beschleunigt habe nach den 100 tausend kleinen Umständen, die in Ordnung gebracht seyn wollten.

Eben bringt mir Frank Nachricht von einem Kutscher, der für 5½ Carolin fahren will, auch ein Mädchen will sich melden.

Auch hier ist Krieg und theure Zeit und besonders böse Gerüchte. Denn nichts ist gewisser, als daß die schöne Prinzessin schon wieder in München ist, weil sie es mit Eugene nicht aushalten konnte, und die Düsseldorfer Gallerie dagegen geht von München weg, ist schon gepackt. In Ansbach glauben sie, daß die Franzosen nie wieder weggehn. Adieu, unsäglich liebstes Herz, ich muß dieß wegschicken.