Daß Sie in Ihrem Wittwenstand, wenn auch nicht froh und seelig, dennoch gesund leben, wünschen und hoffen wir. Möge unser geliebte Schelling eine baldige glükliche Wiederkehr haben und Ihm und Ihnen stets so wohlgehen, als ich es Ihnen beiden im Herzen gönne. Es können wahrlich wenige so innig, wie ich, Ihr Wohlergehen wünschen: denn meine Liebe und Anhänglichkeit wächßt täglich mehr und keine grösere Seeligkeit könnte ich mir denken, als mit Ihnen zusammen an einem Orte zu leben. Wie leicht und gerne wolte ich dann aller andern Gesellschaft entsagen. Nur dies aber, wünsche ich, möge mir vorerst vergönnt seyn, Sie vor dem gänzlichen Aufbruch noch einmal zu sehen – dann vielleicht für lange Zeit das leztemal! Mir wird es fast unmöglich seyn zu kommen, Ihnen vielleicht leichter: kommen Sie doch ja, wenn’s nur irgend thunlich ist; wir sehnen uns darnach so recht tief in der Seele. Sie, o Freundin, können dazu das beste thun und ich weiß auch, wenn Schelling einmal im Reisen begriffen ist, so kommt es ihm auf wenige Stunden nicht an, ob er gleich aus der Ruhe schwer zu bringen ist.
Ich hätte Schelling noch recht vieles zu sagen, was ich nicht gerne in Briefen thue. Nur dies theilen Sie Ihm einsweilen mit, wenn er zurük gekommen: meine hiesige Lage wird mir täglich unerträglichen. Ich habe Kraft genug der Gemeinheit und dem Unwesen unsrer hiesigen Scholarchen zu wiederstehen und bin auch, eben weil man diese Kraft scheüet, überall unangetastet. Aber seitdem mein Onkel (Kolborn) mit dem Kurfürsten in München war, haben ihm die dortigen Pfaffen (wahrscheinlich Weiler rc.) eine sehr üble Meinung gegen die Philosophie mitgetheilt, haben ihm die Leipziger Rezension gegen meine Ideen in die Hände gespielt und müßen überhaupt teuflisch geschürt haben. Ich habe derweil mit ihm, der mit in vorigem Sommer noch so viele Achtung bewiesen, einige Erklärungen gehabt – von seiner Seite allzubesorgt um mein irdisches Wohlergehen, bis ins Kleine politisch und ängstlich, fast untersagend inquisitionsmäßig alle weitere Grillen und vor dem unglükseeligen Schellingianismus warnend – von meiner Seite sowohl gegen ihn unmittelbar als gegen einen seiner Freunde, den er um seinen Einfluß auf mich gebeten: bestimmt und rund, daß diese Sache mir heilig und nicht gleich Gewandte zu vertauschen sey, daß ich mir alle fernere Zumuthungen von der Art verbitte und alle Mühe zu bekehren fruchtlos ist, daß ich dergleichen von einem sonst so liberalen Manne nie erwartet hätte rc., alles im bescheidenen Ton, wie er sich gegen den Onkel und Wohlthäter gebührt, denn dies ist er und war er immer, und gerade dies drükt mich eben. Er verwechselt allzuleicht männliche Erklärungen mit undankbarer Gesinnung und unter solchen Verhältnissen ist es hart, länger die Wohlthaten eines also denkenden Mannes nöthig zu haben. Ich sehe voraus, daß er, was ich ihm auch ferner sagen mögte, unverändert bleiben wird, weswegen dann auch mit meiner jüngsten Erklärung (vor einem Monat) das lezte Wort gesagt ist. Mein ernstliches Streben geht darum dahin, eine Stelle zu erhalten, an der ich, ganz von eignem Verdienst lebend, wenigstens nicht fortgesezter Unterstützung bedarf und mit ihm nur in dem Verhältniß alter Dankbarkeit zwar, doch gröserer Entfernung stehe. Dann wäre ich des Einzigen los, was mich drükt, um die übrige Sippschaft der Gönner und Freunde kümmere ich mich nicht. Vielleicht daß Schelling in der Folge ein Wort für mich sprechen kann. Daß er es mag und wird, wenn er kann, traue sich auf die ewige Freundschaft. Dies komme Ihnen ja nicht als Zudringlichkeit vor, es ist aufrichtige und offene Empfelung in Ihr freundliches Andenken.
Die noch in meinen Handen befindlichen Bücher erhalten Sie in wenigen Tagen durch ein hiesiges Mädchen, das nach Würzburg geht. Meinen besten Dank dafür. Aber wo bleiben die Jahrbücher, wo die Weltseele? Ich beschwöre Sie, verehrte Frau, mir diese Sachen nicht einen Augenblik vorzuenthalten. – Meine Frau grüßt Sie von Herzen, die Kinder, die eben die Rötheln zum theil gehabt, zum theil noch haben, freuen sich nun der neuen Kleider und Ihnen darin persönlich zu danken. Mit meinen Augen gehts erträglich. Mit wahrer Verehrung stets der