Caroline von Schelling, Band 2


An Luise Wiedemann.

München 2 Aprill 1808.

Dein Brief vom 9ten März ist gestern erst bei mir angekommen, von Philipp hatte ich zugleich einen vom 21sten mit einigen bereits von Dir unterschriebenen Vollmachten. Gottlob, daß Ihr alle wohl seyd und nur wenig von den jezigen Kriegesbewegungen in eurer Gegend angerührt werden könnt. Ich kann mir genugsam vorstellen, daß der Tod der Mutter mehr tröstliches für die, welche sie umgaben, hatte als ihr Leben, das so verkümmert war, auch mich betrübt das Andenken an dieses mehr wie jenes, und was mich so sehr dabei angriff, das ging nur mich an – was Dich dabei angeht, so ist es mir vielmehr beruhigend, daß jetzt mehr Harmonie in Deine häusliche Existenz kommen muß, da Du allein mit Mann und Kindern bist. Laß das auch Deine ganze Sorge seyn, liebe Luise. – Wie wohlthätig ist doch aber das Einschlummern der Fähigkeiten und Sinne im Alter gegen den Zustand der Mutter, wo alles in höhere Empfindung übergegangen war. Erbtheilung.

Freilich bin ich jetzt ganz die unbekannte Tante geworden, und wie werden wir wieder zusammenkommen? Ein neues Beispiel zwar, wie die Menschen jetzt in der Welt hin und hergeschickt werden, ist Hufeland. Du scheinst noch nicht zu wißen, daß er in seine Vaterstadt Danzig als erster Burgermeister und Regierungs- (so lange General Rapp da ist) Vicepräsident gerufen worden ist mit einer Einnahme von 5000 rh. Sie haben es gern angenommen, und es ist entschieden, daß sie im Anfang des Sommers dahin abgehen. In Landshut konnten sie freilich nicht gern seyn, und die Vaterstadt und Familienverhältnisse lockten ihn doch auch, obschon Danzig so manches erlitten. General Rapp war mit diesem Rufe ganz einverstanden (es wäre möglich, daß er ihn vormals in der Schweiz kennen gelernt hätte), doch ist, so viel ich weiß, das definitive Dekret noch nicht angelangt. Mathilde, nach der Du fragt, soll recht gut seyn, weniger eigensinnig, wie sie immer aussteht. Ein sehr großer Mund und ganz verdorbene Zähne (die arme Mutter trägt jetzt fast eine ganze Reihe von Wachszähnen) entstellen sie etwas, auch ist ihre Haltung ohne alle Grazie bey ihrer Länge Therese hat viel zusagendes, wäre aber, sagt die Mutter, eine gottlose Person.

Wenn ihr noch diesen Winter habt, so glaube nur nicht, daß etwa bei uns kein Schnee mehr läge, und zwar ganz frischer – wir wissen gar nicht, wie der Frühling es anfangen wird Eingang zu finden.

Wären wir nur um die Hälfte näher, so könnte ich mir doch Emma jetzt ausbitten, die mir nun selber schon Beistand zu leisten im Stande wäre. Es ist alles so zerstückt jetzt, mit fällt es oft so schwer fertig zu werden ohne eine Nièce, und auch Schelling würde sie erfreuen, aber mit dem todten Hamster würde er Emma oft necken. Übrigens lebe ich nicht eben einsam, bin aber gar nicht in meiner Einrichtung auf solche Gesellschaften bedacht gewesen, wie die Fremden sie jetzt hier...

Schluß fehlt.