Da nun schon Pfingsten, das liebliche Fest, ins Land gekommen ist, so muß ich endlich wohl danken für die Briefe, die ich um Ostern empfangen, für die Bemühungen, die Du Dir gegeben, liebe Freundinn, ja ich habe noch eine Schuld von Weinachten her auf mir, indem ich München noch nicht geantwortet habe. Aber der weite Raum zwischen uns zieht auch immer eine lange Zeit nach sich. Indessen werden die andern Gothaner wohl fleißiger gewesen seyn, so daß ich Dir, Du Liebe, über einen Punkt, der Dich übrigens gewiß interressirt, kaum etwas Neues zu melden haben werde – daß nemlich meines Mannes hiesige Lage um ein Ansehnliches dadurch verbessert worden ist, daß ihn der König neben seiner Stelle als Mitglied der Akademie der Wissenschaften zum Generalsekretair der Akademie der bildenden Künste, welche so eben eingesetzt worden, ernannt hat, mit dem Charakter und Rang eines Kollegiendirektors und einer Gehaltszulage, durch die er sich nun auf 2700 bis 3000 fl. (15‒1600 rh.) fixum steht. Es ist hiedurch in der That nichts Außerordentliches geschehn, indem Schelling, der nur seinen Würzburger Gehalt hier beibehalten hatte, gegen andre höchst unbedeutende Menschen bisher zurückstehn mußte und wirklich auch nicht dabei zu bestehn war; in Würzburg wurde jener Gehalt durch die Kollegiengelder um das doppelte vermehrt. Auch war ihm gleich anfangs eine Verbesserung zugesagt; angenehmer indessen hätte er sie durchaus nicht bekommen können, als sie ihm nun, und zwar durch die allgemeine Zustimmung aller obern Behörden, vom König und Minister an, geworden ist. Denn die Stelle ist leicht zu versehn, das ganze Geschäft höchst interressant, seine Lage dabei sehr unabhängig, und sie bietet noch sonst eine Menge erfreulicher Aussichten dar. Niemand hat von dem Plan etwas gewußt außer die, welche ihn unmittelbar ins Werk zu setzen hatten; sie hatten sich ordentlich das Wort gegeben, besonders über Schellings Anstellung dabei, das vollkommenste Geheimniß zu beobachten, so daß es keine kleine Überraschung gegeben hat, wie die Sache an den Tag kam. Was Schelling außerdem noch freut, ist, daß die Baiern hier ganz ungemein damit zufrieden sind, und ihm die Stelle gönnen, da sie den meisten andern Fremden ihre errungnen Vortheile weder gönnen noch sie deswegen achten.
Die Rede, welche er am Namenstag des Königs hielt und die von bildender Kunst handelte, ohne daß er damals etwas besonders damit meynte, hat denn doch die Veranlassung gegeben, daß man ihn eben auf diese Art in mehrere Thätigkeit gesetzt hat. Ich werde versuchen die Konstitution der neuen Akademie diesem Blatt beizulegen, damit ihr daraus sein ganzes Verhältniß erkennt. Es wird freilich sehr verschieden von dem des andern Generalsekretairs seyn, der sich ganz in die Bedientenrolle begeben hat, die Uniform will ihm nicht vornehmer ansten wie eine Livrée, ja selbst der Orden hilft ihm nicht auf. Denn daß wir nun auch eine Legion d’honneur haben, wißt Ihr doch? Gotha hat dazu 2 kleine Ritter geliefert, die gar nicht recht wissen, wie sie dazu kommen. Auch Schelling hat den Orden erhalten, er schickt sich gut darein und ist eben, als hätte er ihn schon immer gehabt. Mir macht es indeß einiges Vergnügen, daß mein Mann es so weit wie mein Vater gebracht hat. Es ist eine festliche Zeit hier; erst hatten wir die neue Konstitution des ganzen Reichs zu besprechen, dann die von der Akademie der Künste, dann den Orden, dann eine Fete, welche der Minister dem ganzen Orden gab, sammt seinen Frauen, jetzt die Vermählung der Prinzessin mit dem Kronprinzen von Würtemberg, eine Luftfarth des Garnerin, unterirdische Jllumination und italiänische Oper, so Brizzi und die Bertinotti singen. Möge ins der Himmel bei Freuden erhalten! Wahrlich, wir sind so ziemlich das einzige Land, wo nicht Verwirrung und Noth an der Tagsordnung ist, wo Regent und Volk noch Eins sind, und ich war in diesem Betracht allein schon gern hier, so wie mein Mann, auch da wir uns noch keines besondern Wohlseyns zu rühmen hatten.
Woher kommt den nur die Ungenügsamkeit eurer Landsleite, die ja ohne wunderliche Zufälle nie auf so viel Gutes rechnen konnten, als ihnen hier wird, und immer la petite bouche dabei machen, als hätten sies besser gehabt. Manchmal sieht es auch aus, als getrauten sie sich nicht recht ihres Glückes – wenn Du sie ZB. den Orden tragen sähest, so solltest Du meynen, sie hätten immer die gröste Angst, er möchte ihnen einmal über Nacht zu Mispeln und Nüssen werden wie dem Prinzen bei der Frau Beaumont.
Mit Schlichtegroll ist nun zwar alles Verstellung, nach einer Notiz, die man hier über ihn hat, sucht er wirklich einen Zurückkruf nach Gotha zu erlangen, allein es geschieht nur um sich hier noch eine Zulage zu erschleichen.
Jakobs spricht ganz vernünftig, aber übrigens doch, wo er geht und steht, von der Unbehäglichkeit, die er empfindet. Zurück könne er nicht, er habe seine Unschuld verloren, es würde ihm in Gotha nicht mehr gefallen, meynt er, könnte er sich aber in jenes Paradies wiederum so versetzen, daß er auch das Bewußtseyn nicht hätte herausgegangen zu seyn, so möchte er das wohl. Personalia.
Den lieben Töchtern zu lieb muß ich melden, daß der Hr. von Rumohr sich wieder hier eingefunden hat – beim Lichte besehn rumort es aber in diesem jungen Mann ziemlich ohne Zweck und Ziel, und er kann mit seinen schwankenden Hin- und Hertreiben eine gar lästige Gegenwart seyn. Für mich giebt es wenigstens nichts trostlosers als so ein haltungsloser Baron. Seine Absicht war sich hier anzusiedeln, seine irdischen Güter dahinten zu lassen und Christo nachzufolgen – aber ich denke, er macht sich nächstens wieder davon, weil es keine Seefische hier giebt und er keinen Tisch oder Küche nach seinem Geschmack finden kann.
Wenn Du, liebe Cäcilie, Deine Kunstbestrebungen nicht bei Seit gelegt hättest, so könnte ich Dir nun einmal förderlich und dienstlich seyn. Wir haben einige treffliche Künstler hier an den beiden Langer aus Düsseldorf, und der Generalsekretair würde Dich gern unter seine besondere Protektion nehmen. Aber ich will Dich nicht mahnen an den freundlichen Jugendtraum.
Weg Du Traum, so hold Du bist,
Hier auch Lieb’ und Leben ist.
Was mich vielleicht abhält Constitution und Rede beizulegen, ist, daß ich nicht gewiß bin sie ganz bis Gotha frankiren zu können – es findet sich wohl eine Gelegenheit. Die Niethammer ist jetzt in Jena.