- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Die Vorgeschichte des Augsburger Religionsfriedens
- 1.2. Die Beratungen auf dem Augsburger Reichstag
- 1.2.1 Die Verhandlungen der Reichsstände über den Religionsfrieden
- 1.2.2 Die Verhandlungen zwischen Ferdinand und den Ständen
- 1.3 Verabschiedung und Rezeption von Declaratio Ferdinandea und Augsburger Religionsfrieden
- 2. Unterzeichner und Unterhändler
- 2.1. Augsburger Religionsfrieden
- 2.1.1 Unterzeichner
- 2.1.2 Unterhändler
- 2.2. Declaratio Ferdinandea
- 2.2.1 Unterzeichner
- 2.2.2 Unterhändler
- 3. Inhalt
- 3.1 Augsburger Religionsfrieden
- 3.2 Declaratio Ferdinandea
- 4. Überlieferung und Textvorlage
- 4.1. Augsburger Religionsfrieden
- 4.1.1 Handschriften
- 4.1.2 Drucke
- 4.1.3 Textvorlage
- 4.2. Declaratio Ferdinandea
- 4.2.1 Handschriften
- 4.2.2 Drucke
- 4.2.3 Textvorlage
- 5. Literatur
- 5.1. Edition
- 5.1.1 Augsburger Religionsfrieden
- 5.1.2 Declaratio Ferdinandea
- 5.2 Forschungsliteratur (Auswahl)
Historischer Kontext↑
Die Vorgeschichte des Augsburger Religionsfriedens
Der Passauer Vertrag vom 2. August 1552 zwischen den aufständischen evangelischen Fürsten und dem ebnete den Weg zum Augsburger Religionsfrieden.1
Artikel 6 des Vertrags sah vor, dass innerhalb eines halben Jahres der Reichstag zusammentreten sollte, um ein National- oder Generalkonzil, ein Kolloquium bzw. Religionsgespräch oder eine allgemeine Reichsversammlung zu organisieren und so die Einheit der Religion wiederherzustellen.2
Die Einberufung des Reichstags, die auf Geheiß seines übernahm,3
verzögerte sich aus verschiedenen Gründen: Auf Reichsebene sollte vor Beginn des Reichstags der zweite Markgrafenkrieg4
und der Konflikt zwischen und , der im für Unruhe sorgte, beigelegt werden. Auf diese Weise wollte sicherstellen, dass die Kurfürsten und Fürsten in größerer Zahl auf dem Augsburger Reichstag persönlich erschienen.5
Außenpolitisch musste der Bedrohung seiner Königreiche sowie der österreichischen durch die Osmanen begegnen.6
Die zögerliche Haltung der römischen Kurie stellte einen weiteren Grund dafür dar, zunächst abzuwarten. Bis zur geplanten Eröffnung des Reichstags war trotz wiederholter Anfragen und kein Legat der Kurie eingetroffen.7
Die Kurie hegte Bedenken, ob sie durch die Entsendung eines Legaten nach den Anschein gebe, die ständischen Verhandlungen in der Religionsfrage zu billigen.8
Der Tod von Papst 9 und das kurze Pontifikat von 10 verhinderten zunächst, dass die römische Kurie gegenüber den Augsburger Verhandlungen eine klare Position einnehmen konnte.11
Außerdem herrschte zwischen und Uneinigkeit über die nächsten Schritte in der Reichspolitik, besonders in der Behandlung der Religionsfrage. Der sah sich nicht an den Passauer Vertrag gebunden und verhielt sich abwartend, während , der in die Einhaltung des Vertrags garantiert hatte, für die Einberufung eines Reichstags eintrat.12
Die inhaltlichen Schwerpunkte des Reichstags handelten die beiden Habsburger, die ein je eigenes politisches Programm verfolgten,13
untereinander aus: Kaiser strebte, da er in der Religionsfrage auf ein Generalkonzil hoffte, im nur ein Provisorium an,14
während einen Religionsvergleich durch ein Religionsgespräch auf dem Augsburger Reichstag wünschte.15
Mit Verweis auf seine Gesundheit bat im Dezember 1553 seinen Bruder , die Eröffnung des Reichstags zu übernehmen.16
Hiernach verhandelten die Brüder über die Tagesordnung (Proposition) für den Reichstag. legte seinen Entwurf der Proposition am 20. März 1554 vor, woraufhin Präzisierungen und Änderungswünsche einbrachte. Als erste Aufgabe des Reichstags wurde die Religionsfrage benannt und als zweites, für wichtiges Anliegen, die Landfriedensexekutionsordnung aufgeführt.17
In einem Schreiben vom 9. Juni 1554 übertrug seinem Bruder die alleinige Verantwortung für die Leitung des Reichstags. Darüberhinaus wollte erreichen, dass als römischer König den Reichstag eigenverantwortlich leitete (sog. »vollmächtige Anheimstellung«).18
Dies stand jedoch dem Reichsrecht entgegen: Der römische König konnte zu Lebzeiten des Kaisers einen Reichstag nur im Namen und mit Vollmacht des Kaisers abhalten. Ohne Rückbezug auf den stand die reichsrechtliche Gültigkeit und Verbindlichkeit des in zu erlangenden Reichsabschieds infrage.19
Im unmittelbaren Vorfeld der Eröffnung des Reichstags verhandelte daher mit bzw. den in anwesenden kaiserlichen Kommissaren20
über die kaiserliche Vollmacht und die Frage, wer letztlich die Verantwortung für den Reichsabschied trage.21
Dieser Punkt blieb bis zum Reichsabschied im September 1555 zwischen den Brüdern umstritten.22
Am 3. Februar, kurz vor der Eröffnung des Reichstags, forderte der kaiserliche Kommissar überraschend die Streichung der Religionsfrage aus der Proposition. Ob dies auf kaiserliche Anordnung hin oder aus Eigeninitative geschah, ist ungeklärt. Hierauf entschloss sich zu einem Zugeständnis: In dem erläuternden Vortrag, den sein Rat und Vizekanzler bei der Reichstagseröffnung zu den in der Proposition genannten Beratungsgegenständen hielt, wurde deren Reihenfolge und Gewichtung geändert. Die Bereitschaft , die Verabschiedung der Exekutionsordnung über das Erreichen eines Religionsvergleichs zu stellen, hing wohl damit zusammen, dass ihm die Abhaltung eines Religionsgesprächs auf dem Augsburger Reichstag inzwischen nicht mehr realistisch erschien, weil nur wenige Reichsfürsten persönlich in erschienen waren.23
In der Proposition selbst blieb der Religionsvergleich an erster Stelle stehen.24
Am 5. Februar 1555 wurde nach insgesamt vier Fristverlängerungen bzw. Verschiebungen der Reichstag mit dem Verlesen der Proposition eröffnet.25
versicherte, den Reichstag mit kaiserlicher Vollmacht und im Namen des abzuhalten.26
Die Beratungen auf dem Augsburger Reichstag
Die Verhandlungen der Reichsstände über den Religionsfrieden
Als Erstes mussten sich die Stände über die beiden Vorschläge, die zur Reihenfolge der Beratungsgegenstände in der Proposition einerseits und deren Erläuterung andererseits dargelegt worden waren, verständigen.27
Die sächsischen Gesandten setzten in durch, was die weltlichen Kurfürsten Anfang des Jahres und die regierenden Fürsten von Sachsen, Brandenburg und Hessen beim Naumburger Fürstenkonvent (März 1555) beraten hatten.28
Erstens konnten die sächsischen Gesandten erreichen, dass kein gemeinsamer Ausschuss des Kurfürsten- und Fürstenrats gebildet wurde, wie dies im Passauer Vertrag vorgesehen war.29
So konnte das Gewicht der weltlichen Kurfürsten, die alle Anhänger der Confessio Augustana waren, stärker geltend gemacht werden. Zweitens erreichten sie, dass zuerst die Religionsfrage behandelt wurde, von deren Lösung sie die Beratung des Landfriedens und die Gewährung einer »Türkenhilfe« für abhängig machten, so dass die Evangelischen ein Druckmittel gegenüber in der Hand hatten.30
Drittens beharrten die sächsischen Gesandten darauf, dass über einen immerwährenden Religionsfrieden, aber nicht über einen Religionsvergleich in beraten werden sollte.31
Die beiden höheren Kurien, die Kurfürsten und die Fürsten, ließen zunächst in Ausschüssen Friedensentwürfe erarbeiten, die dann in Plenarsitzungen diskutiert wurden.32
Beide Kurien orientierten sich dabei an dem Passauer Vertrag und der Passauer Abrede (1552).33
Auch die vorangegangenen Reichsabschiede, insbesondere der Speyerer Reichsabschied (1544), wurden herangezogen.34
Innerhalb des Kurfürstenrats standen sich die weltlichen evangelischen Fürsten und die altgläubigen geistlichen Fürsten von und gegenüber, zwischen denen der Kanzler vermittelte.35
Hier wurde vor allem die Verteilung der Kirchengüter und die geistliche Jurisdiktion in Territorien, die evangelisch geworden waren, kontrovers diskutiert.36
Auch das Recht der freien Religionswahl war umstritten: Die geistlichen Kurfürsten lehnten künftige Beitritte zur Confessio Augustana und die freie Religionswahl der Untertanen ab, wie sie die Gesandten von und forderten.37
Daher einigte sich der Kurfürstenrat auf ein in einigen Punkten dissimulierend gehaltenes Gutachten zum Religionsfrieden, das am 24. April, wie es dem üblichen Vorgehen des Reichstags entsprach, schriftlich dem Fürstenrat übergeben wurde.38
Parallel zur ersten Kurie beriet der Fürstenrat, in dem die Altgläubigen die Mehrheit hatten, über einen Religionsfriedensentwurf. Eine scharfe Konfrontation altgläubig-geistlicher und evangelisch-weltlicher Fürsten und zugleich heterogene Interessen innerhalb der beiden Lager prägten hier die Verhandlungen.39
Zentraler Streitpunkt war wie im Kurfürstenrat die Frage, inwieweit den Ständen der unbeschränkte Religionswechsel zukünftig gestattet und den Untertanen die Gewissensfreiheit sowie freie Religionsausübung gewährt werden sollten.40
Am 24. April wurde das fürstliche Gutachten dem Kurfürstenrat übergeben.41
Nach dem üblichen Verfahren der Reichstage versuchten die höheren Kurien nach Übergabe der Gutachten die beiden vorliegenden Schriftstücke miteinander in Einklang zu bringen. Bei der Bearbeitung des kurfürstlichen Entwurfs gelang im Fürstenrat kein Kompromiss, insbesondere die Frage der freien Religionswahl und der geistlichen Jurisdiktion blieben umstritten.42
Im Kurfürstenrat mussten daraufhin zwei Gutachten des Fürstenrats (21. Mai 1555) verhandelt werden.43
Im kurfürstlichen Entwurf vom 3. Juni 1555 wurde das Recht der Untertanen auszuwandern, wenn sie einer anderen Religion als ihre Obrigkeit angehörten, festgeschrieben. Eine neu formulierte Regelung bestimmte, dass die geistliche Jurisdiktion gegenüber den Augsburger Konfessionsverwandten bis zum Religionsvergleich ausgesetzt werden sollte. Die Verteilung der von evangelischen Reichsständen eingezogenen geistlichen Güter sollte sich nach dem Passauer Vertrag als Stichdatum richten. Zudem schlug der Entwurf eine unbefristete Gültigkeit des Religionsfriedens vor.44
Über die Zulassung von Religionswechseln geistlicher Fürsten war bereits seit Anfang April im Fürstenrat diskutiert worden,45
einen Entwurf für einen »geistlichen Vorbehalt« (reservatum ecclesiasticum) legten dann Anfang Juni die österreichischen Räte nach Beratungen mit vor: Geistliche Fürsten, d.h. Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte und Prälaten, sollten zwar als Privatpersonen die Confessio Augustana annehmen können, dann aber ihre Ämter und Einkünfte abtreten müssen.46
Dieser Vorschlag spaltete die altgläubigen und evangelischen Stände sowohl im Fürsten- als auch im Kurfürstenrat.47
Ein von altgläubiger Seite erstelltes Sondervotum plädierte dafür, diesen »geistlichen Vorbehalt« der Entscheidung anheimzustellen.48
Auch die Augsburger Konfessionsverwandten brachten ein Sondervotum ein, das forderte, dass die Ritterschaft, Hansestädte und weitere Städte in den Religionsfrieden miteinzubeziehen seien.49
Die Kurie der Reichsstädte wurde am 19. Juni 1555 mündlich über die Ergebnisse der Beratungen der höheren Kurien informiert und schloss sich an.50
Im Beisein von Vertretern aller drei Kurien wurde am 21. Juni 1555 das Gutachten über den Religionsfrieden, einschließlich der zwei genannten unvermittelten Artikel, an König übergeben.51
Die Verhandlungen zwischen und den Ständen
Am 21. und 23. Juni überarbeitete mit den österreichischen Räten in Anwesenheit des kaiserlichen Kommissars das gesamte Ständegutachten und die in den beiden Sondervoten vorgebrachten Punkte. Die Beratungsergebnisse wurden aber nicht sofort den Ständen übergeben, sondern zunächst von zurückgehalten.52
Anfang Juli schlug dann vor, den Reichstag und damit auch die Entscheidung in der Religionsfrage zu vertagen. Dieser Vorschlag dürfte einerseits verhandlungstaktische Gründe gehabt haben und andererseits als Reaktion auf außenpolitische Entwicklungen zu verstehen sein.53
In strategischer Hinsicht strebte danach, seine Verhandlungsposition auf dem Reichstag zu stärken, indem er dazu bewegen wollte, die Verantwortung für den Reichstag zu übernehmen. Daher sandte seinem Bruder Entwürfe des Religionsfriedens mit Bitte um Stellungnahme zu.54
Mit der Ankündigung einer Verschiebung des Reichstags erhielt mehr Zeit, um die Antwort auf das Ständegutachten abzuwarten.55
betonte jedoch in seinem Schreiben vom 7. Juli, dass er sich nicht mit dem ständischen Entwurf beschäftigen werde.56
Außerdem versuchte , seine Verhandlungsposition gegenüber den evangelischen Fürsten auszubauen. Denn es wurde deutlich, dass die Augsburger Konfessionsverwandten auf die Bestimmungen des Passauer Vertrags zurückfallen würden, sollte der Reichstag ohne Verhandlungsergebnisse geschlossen werden.57
In außenpolitischer Hinsicht wartete ab, wie die parallel geführten Friedensverhandlungen mit Frankreich und dem Osmanischen Reich ausgehen würden58
und wie sich der am 23. Mai 1555 neu gewählte Papst zu den Augsburger Verhandlungen stellen würde. Der päpstliche Nuntius in , der sich vom 26. Juli bis 7. September 1555 in aufhielt, war mit einer am 3. Juli ausgestellten päpstlichen Instruktion erschienen, die auf einen Abbruch der Gespräche drängte. sicherte zu, von dem nun erreichten Stand in seiner Überarbeitung der Ständegutachten in den weiteren Beratungen nicht abzuweichen.59
Mit einer päpstlichen Unterstützung der Friedenspolitik im war unter jedenfalls nicht zu rechnen.60
Die altgläubigen Stände hofften dennoch auf eine nachträgliche Billigung des Religionsfriedens durch den .61
Zur Verschiebung des Reichstags und der Verhandlungen über den Religionsfrieden kam es letztlich nicht.
Während seine Überarbeitung des Ständegutachtens zurückhielt, bis die Beratungen über den Landfrieden erfolgt waren,62
knüpften die evangelischen Kurfürsten und Fürsten die Übergabe ihrer Beratungsergebnisse zu den weiteren Punkten der Proposition an das Zustandekommen des Religionsfriedens.63
Sollte der Religionsfrieden in scheitern, würde man dafür verantwortlich machen.64
Trotz Ankündigung einer Verschiebung des Reichstags setzten die Reichsstände die Beratungen fort. Die Friedensartikel machten die Umarbeitung einiger Artikel der Reichskammergerichtsordnung notwendig. Bereits im Passauer Vertrag war die Überarbeitung der Reichskammergerichtsordnung als Aufgabe für den nächsten Reichstag angekündigt worden.65
Im Passauer Vertrag wurde die Zulassung von Anhängern der Confessio Augustana am Reichskammergericht in Aussicht gestellt.66
In wurde dieser Artikel in die Reichskammergerichtsordnung aufgenommen.67
Während im Passauer Vertrag den Richtern, Beisitzern und sonstigen Personen am Reichskammergericht die Wahl zwischen zwei Eidesformeln, entweder auf Gott und das Evangelium oder auf Gott und die Heiligen, ermöglicht wurde,68
einigten sich die Stände nun ausschließlich auf den Eid auf Gott und das Evangelium.69
Am 30. August 1555 übergab König schließlich seine bereits seit Langem vorliegende Überarbeitung des Ständegutachtens zum Religionsfrieden und gleichzeitig überreichten die Stände ihre Gutachten zur Landfriedenssicherung und der Kammergerichtsordnung.70
In seiner Überarbeitung des Ständegutachtens vereindeutigte bewusst zweideutige, dissimulierende Formulierungen der Stände, die trotz gegensätzlicher Positionen eine Einigung ermöglichen sollten.71
Mit Bezug auf die Sondervoten schloss sich der altgläubigen Position an: Ritterschaft, Hansestädte und weitere Städte sollten sich oder ihm, selbst, den Kurfürsten oder Fürsten als ihren Landesherrn unterordnen. Den »geistlichen Vorbehalt« fügte in seine Überarbeitung ein.72
Entwurf enthielt aber auch neue Punkte, über die weiterer Streit entstand: So nahm u.a. die habsburgischen Untertanen von dem Frieden aus und koppelte die ewige Gültigkeit des Friedens an den Religionsvergleich. Er betonte, dass der Frieden sich nur auf die Reichsstände erstrecke, und ließ einen Artikel zur Sicherung des Status quo für die Reichsstädte formulieren, in denen sowohl die altgläubige als auch die evangelische Religionsausübung bestand.73
Der Städteartikel sollte dem Schutz der altgläubigen Gemeinden dienen, die zur Zeit des Interims (1548) in mehrheitlich evangelischen Städten eingerichtet worden waren.74
Weder der Kurfürstenrat noch der Fürstenrat konnten sich in sämtlichen Punkten einigen. Daher übergaben die Reichsstände am 6. September zwar eine Antwort, aber stellten in dem Dokument deutlich heraus, bei welchen Artikeln noch kein Einvernehmen bestand.75
Am 6. September formulierten und die österreichischen Räte in Anwesenheit des kaiserlichen Kommissars, auf der Antwort der Stände aufbauend, die einzelnen Artikel des Religionsfriedens im Wortlaut aus.76
Um das Zustandekommen des Friedens zu beschleunigen, begann die weiteren Beratungen, entgegen dem üblichen Vorgehen des Reichstags, mündlich zu führen.77
Zwischen dem 7. und 9. September verhandelten und der königliche Vizekanzler mit den Augsburger Konfessionsverwandten aus den beiden oberen Kurien über die einzelnen Artikel und in Einzelfragen auch mit den Reichsstädten. Einige Punkte von Entwurf wurden nochmals umgearbeitet.78
Die Bezeichnung als »ewiger« Religionsfrieden wurde auf Wunsch der Augsburger Konfessionsverwandten ergänzt.79 Dies stand im Spannungsverhältnis zu der Befristung des Religionsfriedens bis zu einem Religionsvergleich.80
Über den »geistlichen Vorbehalt« konnte keine Einigung erzielt werden. stellte daher in Aussicht, diesen aus eigener Machtvollkommenheit zu erlassen.81
Er setzte eine zehntätige Frist bis zum 19. September an, so dass Stellungnahmen der evangelischen Fürsten und Kurfürsten eingeholt werden konnten.82
Während die Frist lief, verhandelte mit den altgläubigen Ständen über deren Zustimmung zu den Ergebnissen, die mit der evangelischen Seite bisher erreicht worden waren.83
Mit Ablauf der Frist am 19. September brachte der kursächsische Gesandte in den Verhandlungen mit neue Forderungen vor: Die evangelischen nicht-reichsunmittelbaren Ritter und Städte in geistlichen Fürstentümern sollten bei ihrer Religion bleiben können und nicht der geistlichen Gerichtsbarkeit unterworfen sein.84
In den folgenden Verhandlungen, die am 20. September einerseits mit evangelischen, andererseits mit altgläubigen Vertretern der beiden oberen Kurien führte, ging es zunächst um den Wortlaut des »geistlichen Vorbehalts«, der modifiziert wurde.85
Aufgrund der Uneinigkeit unter den Ständen erließ diese Bestimmung als Mandat im Namen und mit Vollmacht des Kaisers. Auf den damit verbundenen juristischen Sonderstatus wird im Text des »geistlichen Vorbehalts« ausdrücklich hingewiesen.86
Da sich die Stände auch über den von geforderten Sonderartikel zum Schutz evangelischer Untertanen in geistlichen Territorien nicht einigen konnten, folgte dem Vorschlag der geistlichen Kurfürsten, diese Bestimmung in einer gesonderten Erklärung zu erlassen, der sog. »Declaratio Ferdinandea«. Sie wurde, anders als der »geistliche Vorbehalt«, nicht in den Reichsabschied aufgenommen87
und es sollte keine öffentliche Verbreitung im Druck erfolgen.88
Da eine Derogationsklausel im Religionsfrieden enthalten war, welche die Gültigkeit einer gesonderten Erklärung infrage stellte,89 fügten die österreichischen Räte der »Declaratio Ferdinandea« noch am 23. September, d.h. kurz vor Beschluss des Reichstags, eine eigene Derogationsklausel an,90
in welcher festhielt, dass die geistlichen Reichsstände hinsichtlich der Geltung dieser gesonderten Erklärung übereinstimmten.91
Verabschiedung und Rezeption von »Declaratio Ferdinandea« und Augsburger Religionsfrieden
Die »Declaratio Ferdinandea« wurde am 24. September 1555 in zwei Originalen, eines davon für die Reichskanzlei, das andere für , ausgefertigt.92 Ihre entstehungsbedingte Sonderstellung barg nachhaltiges Konfliktpotential: Da die »Declaratio Ferdinandea« zu Lebzeiten nicht verbreitet wurde, ihr die reichsrechtliche Legitimation durch die Reichsstände bzw. das Reichskammergericht fehlte und sie einen uneindeutigen Status aufgrund der Derogationsklausel des Augsburger Reichsabschieds vom Folgetag besaß, wurde ihre rechtliche Verbindlichkeit nach 1555 bestritten.93 In den 1570er Jahren zweifelte die altgläubige Seite sogar die Echtheit des Dokuments an.94
Am 25. September 1555 ließ den im Namen des erlassenen Reichsabschied im Augsburger Rathaus öffentlich machen.95 Als Teil des Reichsabschieds wurde der Augsburger Religionsfrieden von dem offiziell beauftragten und privilegierten Drucker aus noch im selben Jahr gedruckt.96
In wurde eine politische Regelung der Religionsfrage gefunden, welche den theologischen Streit nicht beendete, aber reichsrechtlich einhegte. Die überkommene Einheitsvorstellung von römischer Kirche und wurde durch den Augsburger Religionsfrieden aufgebrochen.97
An dem Fernziel einer Einigung in der Religionsfrage hielt aber insbesondere der römische König fest: Für den nächsten Reichstag, den ohne Rücksprache mit eigenmächtig zum 1. März 1556 nach anberaumte, war die Überwindung der kirchlichen und theologischen Spaltung vorgesehen.98
Dieses Vorhaben scheiterte jedoch. Die in Augsburg verabschiedeten Beschlüsse steckten daher bis auf Weiteres die reichsrechtlichen Rahmenbedingungen für das Nebeneinander von Altgläubigen und Augsburger Konfessionsverwandten ab.99
Die bewusst offen gehaltenen Formulierungen in strittigen Punkten und teils widersprüchlichen Regelungen ermöglichten es sowie den evangelischen und altgläubigen Reichsständen, sich auf den Augsburger Religionsfrieden einzulassen, stellten jedoch zugleich den Ausgangspunkt für spätere Konflikte dar:100
Zwar wurden im Augsburger Religionsfrieden die Stände der Augsburger Konfessionsverwandten den altgläubigen Ständen reichsrechtlich gleichgestellt, doch ein geregeltes Verfahren, um den Frieden zu vollziehen, fehlte.101
Ebenso war strittig, wer genau als Stände der Confessio Augustana anzusehen war und damit unter dem Schutz des Augsburger Religionsfriedens stand.102
Auch über die Befristung des Friedens herrschte Uneinigkeit: Der Augsburger Religionsfrieden sollte eine Übergangsregelung bis zur endgültigen Überwindung der religiösen und kirchlichen Spaltung sein. Ab den 1570er Jahren wurde die altgläubige Sicht, dass der Religionsvergleich auf dem Trienter Konzil erfolgt war, mit Nachdruck vertreten.103 Dagegen betonten die Anhänger der Confessio Augustana, dass der Augsburger Religionsfrieden ein unumstößliches Fundamentalgesetz des sei.104
Erst der Westfälische Frieden105 ersetzte den Augsburger Religionsfrieden als Friedensordnung des .
Unterzeichner und Unterhändler↑
Augsburger Religionsfrieden
Unterzeichner
Der römische König unterzeichnete unter Berufung auf die Vollmacht gemeinsam mit seinem Vizekanzler den Reichsabschied, dem das königliche Siegel anhängt wurde.
Für die Reichsstände siegelten im Namen des Erzbischofs und im Namen des Pfalzgrafen für die Kurfürsten, Erzbischof und Herzog für die geistlichen und weltlichen Fürsten, für die Prälaten, für die Grafen und Herren und Bürgermeister und Rat von für die Frei- und Reichsstädte.
Unterhändler
verhandelte unter Berufung auf die Vollmacht
Die Reichsstände, die den Reichsabschied aushandelten und annahmen, sind in einem Verzeichnis am Ende des Reichsabschieds, das größtenteils von der Hand des österreichischen Rats stammt, aufgelistet.106
Die Gesandten der Kurfürsten: für Erzbischof : , , , , , Burggraf von Friedberg, , , , , , ; für Erzbischof : , , , , ; für Erzbischof : , , , ; für Pfalzgraf : , , , , ; für Herzog : , , , ; für Markgraf : , , , .
Die Gesandten Österreichs: , , .
Die geistlichen Fürsten: Erzbischof ; Bischof ; Bischof ; Bischof ; Fürstabt .
Die Gesandten der geistlichen Fürsten: für Erzbischof : , ; für den Administrator des Hochmeistertums in Preußen und Deutschmeister : , , ; für Bischof : , ; für Bischof : , ; für Bischof : , ; für Bischof : ; für Bischof : ; für Bischof : , ; für Bischof : ; für Bischof : ; für die Bischöfe , und : ; für Bischof : , ; für Bischof : ; für die Bischöfe und : ; für Bischof : ; für den Dekan und das Kapitel von : ; für Bischof : ; für Fürstabt : ; für Abt : , ; für Johannitermeister : , ; für den Hochmeister des Deutschen Ordens in Livland : ; für Bischof , zugleich Probst zu : , .
Die weltlichen Fürsten: Herzog ; Herzog ; Markgraf ; Markgraf ; Herzog ; Graf , mit Vollmacht für seinen Bruder Graf .
Die Gesandten der weltlichen Fürsten: für Pfalzgraf : , ; für Pfalzgraf : ; für Pfalzgraf : , , , ; für die Herzöge , , und Graf : , ; für Markgraf : , ; für Markgraf : , , ; für Herzog : ; für Herzog : , , ; für Herzog : ; für Herzog : , , ; für Landgraf : , ; für Fürst , Fürst und dessen unmündige Vettern: .
Die Prälaten: Abt ; Abt ; Landkomtur der Ballei Elsass-Burgund des Deutschen Ordens ; Abt .
Die Gesandten der Prälaten: für die Äbte , , , , , , und : ; für Abt : , ; für Abt : ; für Abt : ; für die Abtei Waldsassen und den Propst des Kollegiatstifts Selz im Elsass: , , , , ; für Abt : ; für Propst : ; für Abt : .
Die Gesandten der Äbtissinnen: für Äbtissin : , , ; für Äbtissin : ; für die Äbtissinnen und : .
Die Grafen und Herren: die Grafen , und ; Graf ; Graf , auch für seine Brüder und und; Freiherr , mit Vollmacht für und ; und , Freiherrn von Hohenschwangau-Erbach.
Die Gesandten der Grafen und Herren: für die Grafen , , , , , , , , , , , die Äbtissin und die Freiherrn , , , , und : , ; für die Grafen , , , , , , , , , , , und für die Grafen , , , , auch als Vormünder der Söhne , die Grafen , , , : ; für die Grafen und : ; für Graf : ; für die Grafen und : ; für die Grafen und : ; für Graf : ; für Graf : ; für Graf : ; für Freiherr : ; für : , .
Die Frei- und Reichsstädte der Rheinischen Bank: für : ; für : , , , ; für : , ; für : ; für : , , mit Vollmacht für ; für , , , , in der Pfalz, , , im Elsass, und : , ; für : , , , , ; für : ; für : ; für : , Burggraf von Friedberg.
Die Frei- und Reichsstädte der Schwäbischen Bank: für : , , ; für : , , , , mit Vollmacht für und ; für : , , , , mit Vollmacht für , , , , , , , ; für : ; für : , mit Vollmacht für ; für : , ; für : ; für : ; für : ; für : , ; für : , ; für : ; für im Allgäu: ; für : , , ; für im Allgäu: ; für : ; für : , ; für : , ; für : , ; für : , ; für : , , , , mit Vollmacht für , und .
Declaratio Ferdinandea
Unterzeichner
Neben König unterzeichneten dessen Vizekanzler und der königliche Rat die »Declaratio Ferdinandea«.
Unterhändler
König handelte die Deklaration mit Vertretern der evangelischen Stände aus. Die Interessen der Anhänger der Confessio Augustana vertraten die Gesandten der weltlichen Kurfürsten , und sowie die Gesandten der Fürsten , , , , , , , und der Gesandte der Grafen.107 Die Verhandlungsergebnisse stimmte mit Vertretern der altgläubigen Stände ab. Auf altgläubiger Seite waren die Gesandten der geistlichen Kurfürsten , und neben namentlich nicht benannten Vertretern des Fürstenrats beteiligt.108
Inhalt↑
Augsburger Religionsfrieden
Der Augsburger Religionsfrieden ist in den Reichsabschied von 1555 eingebettet. Nach einem ausführlichen Druckprivileg, einer Einleitung und allgemeinen Hinführung (Art. 1-13) folgen die einzelnen Religionsfriedensartikel (Art. 14-32). Wegen der Friedensbestimmungen und bekannter Gravamina wurde die Ordnung des Reichskammergerichts geändert (Art. 104-114). Am Ende des Reichsabschieds erfolgt die Einberufung des nächsten Reichstags sowie die Besiegelung durch den und die Reichsstände (Art. 139-144).
Ein königliches Druckprivileg gewährt dem Mainzer Drucker gemeinschaftlich mit dem Mainzer Verleger , dass nur sie für die Dauer von sechs Jahren den Augsburger Religionsfrieden drucken und vertreiben dürfen.
Einführend wird wegen der Unruhen im die Notwendigkeit eines Reichstags, der schon im Passauer Vertrag vorgesehen war, herausgestellt. Mehrfach musste der Termin wegen kriegerischer Unruhen (Art. 1, 2) und dringender Regierungsgeschäfte (Art. 6) verschoben werden. Der kann wegen seines Gesundheitszustandes und anderer Ungelegenheiten nicht persönlich erscheinen (Art. 3).
Der römische König vertritt mit einer absoluten Vollmacht den auf dem Reichstag, wobei ihm die kaiserlichen Kommissare Beistand leisten (Art. 4, 5).
Die Proposition sieht vor, dass die notwendige Beratung über den Religionsartikel zuerst erfolgt (Art. 7, 8). Da der Religionsvergleich einen zu umfangreichen Punkt darstellt, wird er auf Wunsch der Stände verschoben (Art. 9, 10), um zuerst über den Landfrieden zu beraten (Art. 11). Insbesondere die Landfriedensexekutionsordnung ist ein zentrales Anliegen (Art. 12). Bisher konnte in der seit nun mehr als 30 Jahren verhandelten Frage der gespaltenen Religion kein Frieden erreicht werden.
Nun einigen sich , die Kurfürsten und Fürsten sowie ihre Gesandten und die städtischen Botschaften auf einen Frieden, der auf die Religionsfrage ausgedehnt wird (Art. 13).
Auf das allgemeine Friedensgebot (Art. 14) folgt die Einbeziehung der Stände der Augsburger Konfessionsverwandten (Art. 15) und derjenigen der alten Religion in den Frieden (Art. 16). Fürsten und Landesherren kommt das Recht auf freie Religionswahl zu. Sie haben somit das ius reformationis. Gewalt, Gewissenszwang, rechtliche und tatsächliche Behinderungen aufgrund der Religion werden beiden Seiten verboten. Bekenntnis, Kultus und kirchliche Ordnungen dürfen ebensowenig wie Güter, Länder, Leute und Herrschaftsrechte angetastet werden, auch nicht die Kircheneinkünfte der Altgläubigen. Der Religionsvergleich soll ausschließlich einhellig und friedlich betrieben werden (Art. 15, 16). Andere Religionen als die unter Art. 15 und 16 genannten sind nicht in den Frieden eingeschlossen (Art. 17).
Den Artikel zum sog. »geistlichen Vorbehalt« (reservatum ecclesiasticum) erklärt mit kaiserlicher Vollmacht, da die Stände keine Einigung erzielten. Wenn ein geistlicher Reichsfürst von der alten Religion abtritt, muss er sofort, ohne Weigerung von dem Erzbistum, Bistum oder der Prälatur, von den Benefizien sowie allem Einkommen zurücktreten, so dass ein altgläubiger Nachfolger gewählt werden kann, ohne dass die Kapitel, Wahlverfahren, Güter und Rechte beeinträchtigt werden (Art. 18).
Für die reichsmittelbaren Stifte, Klöster und andere geistliche Güter, die vom (evangelischen) Landesherrn eingezogen wurden, wird der Besitzstand zum Zeitpunkt des Passauer Vertrags oder seitdem bestätigt.109 Weder rechtliche noch tatsächliche Anfechtungen des Besitzstandes sind erlaubt und vor dem Reichskammergericht dürfen keine Verfahren wegen dieser Güter geführt werden (Art. 19). Bis zum endgültigen Religionsvergleich soll die geistliche Jurisdiktion, wo sie sich gegen Anhänger der Confessio Augustana wendet, ausgesetzt werden, ohne jedoch Einkünfte, weltliche Lehen und Rechte der Geistlichen einzuschränken (Art. 20).
Die Kirchenabgaben zur Finanzierung der Stellen in Kirchen, Pfarreien und an Schulen sowie der Almosen und Krankenhäuser in einer Landesherrschaft sollen weiterhin hierfür ohne Unterscheidung der Religion verwendet werden. Abzüglich dieser Kirchen- und Pfarrkosten sollen die Altgläubigen die ihnen zustehenden geistlichen Einkünfte erhalten. Ihre (evangelischen) Landesherrn dürfen aber nicht in ihrer weltlichen Obrigkeit und ihren Rechten, wie sie zu Beginn der Auseinandersetzung in der Religionsfrage bestanden, eingeschränkt werden (Art. 21). Bei Streit über die geistlichen Einkünfte sollen beide Seiten ihre Schiedspersonen ernennen. Wenn diese keine Einigung erzielen, soll ein unabhängiger Obmann innerhalb von sechs Monaten über die Abgaben entscheiden. Bis dahin bleibt die örtlich übliche Regelung bestehen (Art. 22).
Es ist verboten, Stände und deren Untertanen zu zwingen, ihre Religion zu verlassen. Schirmherrschaften sind nur zulässig, wo sie traditionell bestehen (Art. 23). Untertanen und der Reichsstände dürfen mit Frau und Kind auswandern, wenn sie die Religion des Landesherrn nicht teilen. Ihnen wird das ius emigrandi zugestanden. Ehre und Eigentum der Untertanen stehen hierbei unter Schutz. Sie müssen der Obrigkeit aber das ortsübliche Abzugsgeld (sog. »Nachsteuer«) bzw. den Ausfall ihrer Leibeigenschaft auszahlen (Art. 24).
Auch die Reichsritter sind in den Religionsfrieden eingeschlossen (Art. 26). In den Frei- und Reichsstädten, in denen sowohl Anhänger der alten Religion als auch der Confessio Augustana leben, soll der Status quo gewahrt werden (Art. 27).
Der Religionsfrieden bleibt solange in Kraft, bis der Religionsvergleich durch ein Generalkonzil, eine Nationalversammlung, ein Religionsgespräch oder eine Reichsversammlung erreicht worden ist. Kommt der Religionsvergleich nicht zustande, besteht dennoch der auf ewige Dauer beschlossene Frieden fort (Art. 25). Nach dem Derogationsartikel, der Änderungen oder Beschränkungen des Friedens durch frühere oder nachfolgende Regelungen ausschließt (Art. 28), verpflichtet sich stellvertretend für den , für sich selbst als römischer König sowie für ihre Nachkommen auf den Frieden (Art. 29).
Hieran schließt sich die Verpflichtung der Kurfürsten, Fürsten, Prälaten, Grafen und Herren, ihrer Gesandten und der reichsstädtischen Botschaften, einschließlich ihrer jeweiligen Nachkommen und Erben an (Art. 30). Gegen jeglichen Bruch des Friedens sollen der Kaiser, der römische König und die Stände bzw. ihre Nachkommen gemeinschaftlich vorgehen (Art. 31). Die Richter und Beisitzer am Reichskammergericht werden auf den Frieden verpflichtet. Die Rechtssprechung ist unabhängig von der Religion zu üben (Art. 32).
Wegen des Passauer Vertrags, der Friedensartikel und Änderungen, die und die Stände gemeinsam beschlossen haben, muss die Reichskammergerichtsordnung überarbeitet und neu gedruckt werden (Art. 104, 105, 108, 109). Kammerrichter und Beisitzer sowie andere Reichskammergerichtsangehörige sollen aus Anhängern sowohl der alten Religion als auch der Confessio Augustana bestimmt werden (Art. 106). Der Eid am Reichskammergericht ist auf Gott und das Evangelium zu leisten (Art. 107, 114). Die ordentliche Visitation des Reichskammergerichts am 1. Mai 1556 durch die kaiserlichen Kommissare und die Ständevertreter wird eine Gruppe zugeordneter Ständevertreter begleiten (Art. 110), um die Beratung über den in verfassten Memorialzettel (Art. 111) und die schriftlichen Bedenken der Kammerrichter und Beisitzer zu unterstützen. Änderungen, welche die Kommissare und Visitatoren nicht selbst anordnen wollen, werden vom beim nächsten Reichstag vorgelegt werden (Art. 112). Ein Artikel zur Finanzierung des Reichskammergerichts schließt sich an (Art. 113).
Der notwendige Religionsvergleich soll von den Fürsten und Theologen vorbereitet und auf dem nächsten Reichstag möglichst in persönlicher Anwesenheit des oder des sowie der Kurfürsten und Fürsten beraten werden, wobei der Passauer Vertrag als Grundlage dient (Art. 139, 140). Der Reichstag, der zuvorderst über einen Religionsvergleich beraten soll, wird von auf den 1. März 1556 nach einberufen (Art. 141). Nach dem Artikel zur Sessionsfrage (Art. 142) verpflichtet sich für den und sich selbst zur Einhaltung des Reichsabschieds (Art. 143). Danach bestätigen Kurfürsten, Fürsten, Prälaten, Grafen und Herren sowie ihre Gesandten und die reichsstädtischen Botschaften den Reichsabschied und verpflichten sich, diesen einzuhalten (Art. 144).
Declaratio Ferdinandea
Der römische König stellt zuerst die Hintergründe dar, warum eine königliche Deklaration mit einem Sonderartikel neben dem allgemeinen Religionsfrieden erstellt wurde. Danach erlässt er mit kaiserlicher Vollmacht den Artikel für die der Confessio Augustana anhängenden Untertanen in geistlichen Territorien. Die Ausnehmung vom Derogationsartikel des Religionsfriedens und die Beglaubigung durch beschließen die Deklaration.
Einleitend berichtet über den Hinweis der Stände der Augsburger Konfessionsverwandten und ihrer Gesandten während der Religionsfriedensverhandlungen, dass ein Konflikt zwischen Obrigkeit und Untertanen entstehen werde, sollten die Ritter, Städte und Gemeinden, die seit Jahren der Confessio Augustana anhängen und diese Religion praktizieren, in erzbischöflichen, bischöflichen und anderen geistlichen Territorien ihre Religion verlassen müssen.
Um dies zu vermeiden, sollen die geistlichen Stände dazu verpflichtet werden, ihre Untertanen, die Anhänger des Augsburger Bekenntnisses sind, ungehindert bei ihrer Religion zu belassen. Die Stände und Gesandten der alten Religion konnten sich mit den Anhängern der Confessio Augustana darüber jedoch nicht einigen.
Daher erklärt in der Deklaration den umstrittenen Artikel kraft kaiserlicher Vollmacht: Bis zum endgültigen Religionsvergleich dürfen die Ritter, Städte und Kommunen in geistlichen Territorien, die seit Jahren der Confessio Augustana anhängen, nicht in ihrem Glauben und ihren religiösen Praktiken behindert oder durch Zwang von diesen abgebracht werden.
Die geistlichen Stände und deren Gesandte haben zugestimmt, dass die Deklaration vom Derogationsartikel im allgemeinen Religionsfrieden, der jegliche Änderungen des Religionsfriedens verbietet, ausgenommen wird. Abschließend erfolgt die Beglaubigung durch .
Überlieferung und Textvorlage↑
Augsburger Religionsfrieden
Handschriften
- 1) Wien, ÖStA HHStA, Allgemeine Urkundenreihe (AUR), 1555 IX 25 [Ausfertigung mit Siegeln, unterschrieben von König und dessen Vizekanzler ].
- 2) Wien, ÖStA HHStA, Reichskanzlei Reichstagsakten (RK RTA) 31, fol. 1r-76v [Kopie].
Drucke
- 1) Abſchiedt || Der Roͤmiſchen Koͤniglichen || Maieſtat / vnd gemeiner Stendt / auff || dem Reichßtag zu Augſpurg / Anno Do||mini M. D. LV. auffgericht.|| Sampt /|| Der Keyſerlichen Maieſtat Cam̃ergerichts Ordnung /|| wie die auff dieſem Reichßtag / durch die Koͤnigliche || Maieſtat / vnd gemeine Stendt / widerumb erſehen /|| ernewert / vnd an vilen orten geendert.|| Mit Roͤm. Koͤniglicher Maieſtat gnad vnd || Priuilegio, inn ſechs Jaren nicht nach zůtrucken.|| Getruckt inn der Chůrfuͤrſtlichen Stadt || Meyntz / durch Franciſcum Behem / Anno || Domini M. D. LV.
Mainz: Franz Behem, 1555, [2],51,[13],163 Bl., 2° (VD16 R 801).
Benutztes Exemplar: München, Bayerische Staatsbibliothek, Sign. 2 J. publ.g. 10 Beibd. 1 [Digitalisat]. - 2) Abſchiedt || Der Roͤmiſchen Koͤniglichen || Maieſtatt / vnd gemeiner Staͤndt / auff || dem Reichßtag zů Augſpurg / Anno Do||mini M. D. LV. auffgericht.|| Mit Roͤm. Koͤniglicher Maieſtatt Gnad vnd || Priuilegio, in ſechs Jaren nit nach zůtrucken.|| Getruckt inn der Chůrfuͤrſtlichen Stadt || Meyntz / durch Franciſcum Behem / Anno || Domini M. D. LV.
Mainz: Franz Behem, 1555, [2],51 Bl., 2° (VD16 R 800).
Benutztes Exemplar: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Sign. A: 87 Quod. 2° (3). - 3) Abſchiedt || Der Roͤmiſchen Koͤniglichen || Maieſtatt / vud gemeiner Staͤndt / auff || dem Reichßtag zůAugſpurg / Anno Do||mini M. D. LV. auffgericht.|| Mit Roͤm. Koͤniglicher Maieſtatt Gnad vnd || Priuilegio, in ſechs Jaren nit nach zůtrucken.|| Getruckt inn der Chůrfuͤrſtlichen Stadt || Meyntz / durch Franciſcum Behem / Anno || Domini M. D. LV.
Mainz: Franz Behem, 1555, [2],51 Bl., 2° (VD16 ZV 13028).
Benutztes Exemplar: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, Sign. 4 Gv 4663 [Digitalisat].
Textvorlage
Druck 1 liegt der Edition zugrunde. Der erhielt mit ein gemeinschaftliches kaiserliches Privileg zum Druck des Reichsabschieds, das auf den 23. September 1555 datiert ist.
druckte drei Fassungen des Augsburger Religionsfriedens. Die für die Edition gewählte Vorlage, Druck 1, ist die umfänglichste Ausgabe, da sie zusätzlich die revidierte Reichskammergerichtsordnung umfasst.110
Die handschriftliche Überlieferung wird in der vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in kollationiert wurde. Dieser Edition liegt die oben genannte Handschrift 2 zugrunde.
Im Quellentext wurde der genannten Edition in DRTA.JR folgend die Zählung der Artikel ergänzt.
Declaratio Ferdinandea
Handschriften
- 1) Dresden, Hauptstaatsarchiv, 10001 Ältere Urkunden, Nr. 11549a [24. September 1555].
- 2) Dresden, Hauptstaatsarchiv, 10001 Ältere Urkunden, Nr. 11549b [beglaubigte Kopie durch Bischof , 2. November 1555].
- 3) Wien, ÖStA HHStA, Allgemeine Urkundenreihe (AUR), 1555 IX 24 [Ausfertigung mit Siegel, eigenhändig unterschrieben von König und von dessen Vizekanzler ].
- 4) Wien, ÖStA HHStA, Reichskanzlei Reichstagsakten (RK RTA) 29b, Konv. 40, fol. 80r-81r [Kopie ohne den Absatz zur Derogation].
Drucke
- 1) ABdruck || Der Roͤmiſch. zu Hungern vnd || Behemen / Koͤn. Maieſt. vnſers || aller gnedigiſten Herrn Declaration || vnd Erklerung / Wie es mit der Geiſt||lichen eigen Ritterſchafften / Stet / || vnd Communen / Welche biſanhero || der Augſpurgiſchen Confeſſion Religion / anhen||gig geweſen / vnd nach ſeindt / der Religion halben || hinfuro gehalten werden ſolle / den Stenden || der Augſpurgiſchen Confeſſion / auff || dem Reichſtag zu Augſpurg || Anno 1555. den xxiiij. || Septembris zuge||ſtalt vnnd || gegeben. || M. D. LV.
[Leipzig: Valentin Bapst, 1555]111, [4] Bl., 4° (VD16 D 1188).
Benutztes Exemplar: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Sign. Yv 1602.8 Helmst [Digitalisat]. - 2) ABdruck || Der Roͤmiſch. zu Hungern vnd || Behemen / Koͤn. Maieſt. vnſers || aller gnedigiſten Herrn Declaration || vnd Erklerung / Wie es mit der Geiſt||lichen eigen Ritterſchafften / Stet / || vnd Communen / Welche biſanhero || der Augſpurgiſchen Confeſſion Religion / anhen||gig geweſen / vnd nach ſeindt / der Religion halben || hinfuro gehalten werden ſolle / den Stenden || der Augſpurgiſchen Confeſſion / auff || dem Reichſtag zu Augſpurg || Anno 1555. den xxiiij. || Septembris zuge||ſtalt vnnd || gegeben. || M. D. LV.112
[s.l. 1555], [4] Bl., 4°.
Benutztes Exemplar: Coburg, Landesbibiliothek, Sign. Cas A 2476#8. - 3) Abdruck || Der Roͤmiſchen zu || Hungern vnd Behmen Koͤn. Maieſt. || vnſers aller gnedigſten Herrn Declaration vn̄ || erklerung / wie es mit der Geiſtlichen eigen Rit||terſchafften / Stett / vnd Communen / welche || biß anhero der Augſpurgiſchen Confeſſion Re||ligion anhengig geweſen / vnd noch ſeind / der || Religion halben hinfuͤro gehalten werden ſol||le: den Stenden der Augſpurgiſchen Confeſ||ſion auff dem Reichstag zu Augſpurg Anno || M. D. LV. den XXIIII. Septem. zugestalt vnd || gegeben / dero wares vnd rechtes Original / bey || der Churfuͤrſtlichen Saͤchſiſchen Cantz||ley / in trewer guter verwarung || zubefinden.
[Magdeburg: Augustin Kolbe, 1574]113, [4] Bl., 4° (VD16 D 1189).
Benutztes Exemplar: Wolfenbüttel, Herzog August Bibliothek, Sign. Gt 58(2).
Textvorlage
Für die Edition wurde Druck 1 gewählt, der 1555 entstanden sein soll.
Der auf 1555 datierte Druck der »Declaratio Ferdinandea« soll im Auftrag von Kurfürst von in gefertigt worden sein,114
wurde zunächst aber nicht verbreitet, weil gegenüber den altgläubigen Reichsständen zugesichert worden war, die Verbreitung der »Declaratio Ferdinandea« im Druck zu unterlassen.115
Die handschriftliche Überlieferung wird in der vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in kollationiert wurde. Dieser Edition liegt die oben genannte Handschrift 1 zugrunde.
Literatur↑
Edition
Augsburger Religionsfrieden
- 1) Aulinger, Rosemarie / Eltz, Erwein H. / Machoczek, Ursula (Hg.), DRTA.JR, Bd. 20: Der
Reichstag zu Augsburg 1555, Teilbd. 4, München 2009, S. (3102)3103-3158, Nr. 390 (Reichsabschied von 1555).
- 2) Brandi, Karl (Hg.), Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555. Kritische Ausgabe
des Textes mit den Entwürfen und der königlichen Deklaration,
2. Aufl., Göttingen 1927, S. (32)33-52 (Augsburger Religionsfrieden).
Declaratio Ferdinandea
- 1) Aulinger, Rosemarie / Eltz, Erwein H. / Machoczek, Ursula (Hg.), DRTA.JR, Bd. 20: Der
Reichstag zu Augsburg 1555, Teilbd. 3, München 2009, S. (2132)2133f., Nr. 231.
- 2) Brandi, Karl (Hg.), Der Augsburger Religionsfriede vom 25. September 1555. Kritische Ausgabe
des Textes mit den Entwürfen und der königlichen Deklaration,
2. Aufl., Göttingen 1927, S. (52)53-54.
Forschungsliteratur (Auswahl)
- Aulinger, Rosemarie, Einleitung, in: Aulinger, Rosemarie / Eltz, Erwein H. / Machoczek, Ursula (Hg.), DRTA.JR, Bd. 20: Der Reichstag zu Augsburg 1555, Teilbd. 1, München 2009, S. 51-109.
- Gotthard, Axel, Der Augsburger Religionsfrieden, Münster 2004 (RST 148).
- Heckel, Martin, Deutschland im konfessionellen Zeitalter, 2. Aufl., Göttingen 2001 (Deutsche Geschichte 5), S. 33-66.
- Lutz, Heinrich, Christianitas afflicta. Europa, das Reich und die päpstliche Politik im Niedergang der Hegemonie Karls V. (1552-1556), Göttingen 1964.
- Lutz, Heinrich / Kohler, Alfred (Hg.), Das Reichstagsprotokoll des kaiserlichen Kommissars Felix Hornung vom Augsburger Reichstag 1555. Mit einem Anhang: Die Denkschrift des Reichsvizekanzlers Georg Sigmund Seld für den Augsburger Reichstag, Wien 1971 (Österreichische Akademie der Wissenschaften, philos.-histor. Klasse, Denkschriften 103).
- Schilling, Heinz / Smolinsky, Heribert (Hg.), Der Augsburger Religionsfrieden 1555. Wissenschaftliches Symposion aus Anlaß des 450. Jahrestages des Friedensschlusses, Augsburg 21. bis 25. September 2005, Münster 2007 (RST 150).
- Wolf, Gustav, Der Augsburger Religionsfriede, Stuttgart 1890.
Vollständige Bibliographie
Fußnoten
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Darstellung
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Zugriff
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Alexandra Schäfer-Griebel , Augsburger Religionsfrieden (25. September 1555) und Declaratio Ferdinandea (24. September 1555) - Einleitung, in: Europäische Religionsfrieden Digital, hg. von Irene Dingel und Thomas Stäcker, URL: https://purl.ulb.tu-darmstadt.de/vp/a000008-0101 (21.11.2024)