- 1. Historischer Kontext
- 1.1 Die religionspolitische Situation in Frankreich zu Beginn der 1570er Jahre
- 1.2 Die Bartholomäusnacht und ihre Folgen (August-Oktober 1572)
- 1.3 Der vierte Religionskrieg (November 1572-Juni 1573)
- 1.4 Friedensverhandlungen und Erlass des Edikts (Juni/Juli 1573)
- 1.5 Rezeption und Bedeutung des Edikts von Boulogne
- 2. Unterzeichner und Unterhändler
- 2.1 Unterzeichner
- 2.2 Unterhändler
- 3 Inhalt
- 4. Überlieferung und Textvorlage
- 4.1. Französischer Text
- 4.1.1 Handschrift
- 4.1.2 Drucke
- 4.1.3 Textvorlage
- 4.2. Deutsche Übersetzung
- 4.2.1 Drucke
- 4.2.2 Textvorlage
- 5. Literatur
- 5.1. Editionen
- 5.1.1 Französischer Text
- 5.1.2 Deutsche Übersetzung
- 5.2 Forschungsliteratur (Auswahl)
Historischer Kontext↑
Die religionspolitische Situation in Frankreich zu Beginn der 1570er Jahre
Der dritte Religionskrieg in Frankreich war im August 1570 mit dem Edikt von Saint-Germain beendet worden.1 Manches sprach dafür, dass eine Befriedung des gelingen könnte: ordnete wiederholt die Befolgung des Edikts an2 und richtete Kommissionen für die Umsetzung ein.3 Im königlichen Rat hatten Befürworter dieser Politik großen Einfluss; Mitglieder des Adelshauses Guise, die sich zuvor gegen die Duldung Evangelischer engagiert hatten,4 hatten sich zurückgezogen.5 Die Königinmutter versuchte zudem Hochzeiten zu arrangieren, die den religiösen Ausgleich fördern sollten: Tochter sollte heiraten, den Sohn der reformatorisch gesinnten ; Sohn sollte die englische Königin zur Frau nehmen.6
Die Friedensbemühungen trafen jedoch bei Evangelischen wie Altgläubigen auf Misstrauen: Evangelische zweifelten an den friedlichen Absichten und stellten die Autorität antievangelisch agierender Obrigkeiten in Frage.7 Das wiederum verstärkte auf altgläubiger Seite die Wahrnehmung Evangelischer als Aufrührer.8 Prediger und bewaffnete Laienbruderschaften wandten sich gegen die Duldung Evangelischer in .9 Besonders aufgeladen war die Stimmung in : Anlässlich der geplanten Entfernung des Gastines-Kreuzes, eines altgläubigen Symbols für die Hinrichtung Evangelischer, erhoben sich massive Proteste.10
Insofern stieß es auf Argwohn, als 1571 der evangelisch gesinnte an den Hof zurückkehrte.11 Seinem Einfluss schrieben altgläubige Beobachter ebenso die schließlich erfolgte Versetzung des Gastines-Kreuzes12 zu wie die außenpolitische Entwicklung:13 Zur Absicherung gegen Hegemonialansprüche erwog eine Allianz mit evangelischen Reichsfürsten, schloss ein Verteidigungsabkommen mit und verhandelte mit über ein Bündnis mit niederländischen Evangelischen in deren Kampf gegen die spanische Obrigkeit.14 Als dann im Mai 1572 Truppen französischer Evangelischer in die führte, befürchtete man in einen Krieg gegen .15
Die Bartholomäusnacht und ihre Folgen (August-Oktober 1572)
Die Hochzeit von und am 18. August 1572 war von Friedenssymbolik geprägt.16 Viele evangelische Adlige hielten sich in auf und nahmen an den Festlichkeiten teil, was die örtliche Bevölkerung mit Misstrauen beobachtete. Altgläubige Prediger schilderten die Hochzeit als Verrat am wahren Glauben und kündigten Gottes Rache an.17
Es folgten die als »Bartholomäusnacht« bezeichneten Ereignisse, deren innerer Zusammenhang und deren Hintergründe bis heute umstritten sind:18 Am 22. August wurde ein Attentat auf verübt, das ihn nicht lebensbedrohlich verletzte.19 Am Abend des 23. August beschloss allerdings der königliche Rat, und weitere führende Evangelische umbringen zu lassen. Wie dieser Beschluss zustande kam, ist nicht eindeutig: Wahrscheinlich spielte die Angst vor einer Racheaktion evangelischer Adliger, die Soldaten vor stationiert hatten, eine Rolle, vielleicht auch die Hoffnung, so neue Kriegshandlungen verhindern zu können.20 Jedenfalls stand dahinter wohl allein die Absicht, bestimmte einflussreiche Personen töten zu lassen.21 Als königliche Truppen das in der Nacht zum 24. August, dem Bartholomäustag, umsetzten,22 verbreitete sich in allerdings das Gerücht, der billige die Auslöschung aller Evangelischen. Das löste eine Welle von Morden und Gewalttaten aus.23 erklärte zwar, die Hinrichtung Colignys und seiner Parteigänger sei aufgrund einer Verschwörung erfolgt und ändere nichts an der Geltung des Friedensedikts.24 Dennoch kam es in weiteren Städten zu Massakern an Evangelischen.25
Aus Sicht der Evangelischen erschienen alle diese Ereignisse als konzertierter, vom befohlener Angriff.26 Ihr Vertrauen in die Krone war damit endgültig zerstört. Viele reagierten auf die Bedrohung mit Konversion oder Auswanderung. Andere sahen sich zu Widerstand gegen königliche Anordnungen berechtigt.27
Der vierte Religionskrieg (November 1572-Juni 1573)
Nach der Bartholomäusnacht flüchteten viele Evangelische in Städte, in denen die eigene Religion in der Mehrheit war.28 Besondere Bedeutung als Zufluchtsort hatte , das sich seit 1568 zur Hauptbasis der Evangelischen entwickelt hatte29 und ihnen im Edikt von Saint-Germain als Sicherheitsplatz zuerkannt worden war.30 Als den Gouverneur , aufforderte, eine Garnison in aufzustellen, verweigerte der Stadtrat den Gehorsam.31 Daraufhin erklärte der am 6. November 1572 den Krieg.32
und Admiral begannen eine Belagerung zu organisieren. Das erwies sich allerdings als schwierig, da die Verteidiger Ausfälle machten.33 Die königliche Armee unter traf erst am 11. Februar 1573 ein.34 Nun waren die Verteidiger zwar den Belagerern zahlenmäßig weit unterlegen,35 konnten ihnen aber aus der Befestigung heraus Verluste beibringen. Mehrere erfolglose Eroberungsversuche schwächten die königliche Armee.36 Im April erhielt zudem Unterstützung durch eine Flotte aus .37 Die Belagerer konnten diese zwar abwehren,38 litten aber zunehmend unter Munitionsmangel, Krankheiten und disziplinarischen Problemen.39
Neben verweigerten weitere evangelisch dominierte Städte die Stationierung königlicher Truppen.40 Zu Belagerungen kam es jedoch nur in zwei weiteren Fällen: wurde ab Februar 1573 eingekesselt und kapitulierte im April.41 wurde ab März ausgehungert.42 Im Süden hingegen konnten sich , und eine Reihe weiterer Orte zusammenschließen und militärisch organisieren.43
Friedensverhandlungen und Erlass des Edikts (Juni/Juli 1573)
Im Juni 1573 war nicht nur absehbar, dass die Belagerung von nicht erfolgreich sein würde, sondern auch die Kosten wurden für die Krone zum Problem.44 Zudem war im Mai zum König von gewählt worden.45 Angesichts des dortigen Einflusses protestantischer Adliger war es für ihn wichtig, nicht als prinzipieller Gegner des evangelischen Glaubens zu erscheinen. Daher wollte er den Krieg rasch beenden.46
Mitte Juni begannen die Friedensverhandlungen.47 Der königlichen Kommission unter Leitung von standen Abgeordnete gegenüber, vielleicht auch Vertreter von und ,48 die Kontakte in die unterhielten und gegen Ende der Belagerung bereits Gespräche mit der königlichen Seite geführt hatten.49 Die evangelische Partei strebte eine Restitution des Edikts von Saint-Germain an, die königliche eine Einschränkung der Privilegien, die den Evangelischen damals gewährt worden waren.50 Letztlich einigten sich beide Seiten darauf, die Bestimmungen zur rechtlichen Gleichstellung Evangelischer beizubehalten, deren Recht zur Religionsausübung aber auf nichtöffentliche Gottesdienste in , und sowie auf kleinere Anlässe in den Häusern Adliger zu beschränken.51
Ende Juni wurden die Verhandlungen beendet;52 am 6. Juli wurde die Belagerung von aufgehoben.53 Die Belagerung dauerte bis zum 19. August an.54 Im Juli unterzeichnete der im Schloss das Friedensedikt; am 11. August wurde es im parlement von publiziert.55
Rezeption und Bedeutung des Edikts von Boulogne
Das Edikt wurde durch diverse Drucke im verbreitet56 und fand durchaus Unterstützer: Hatten am Hof während der Belagerungen die Guisen dominiert, gewannen nun wieder um Frieden bemühte Persönlichkeiten wie an Einfluss.57 Auf evangelischer Seite setzte sich bei den Bündnispartnern für eine Annahme des Edikts ein.58
Dennoch erwies sich das Edikt als nicht durchsetzbar: , und - den einzigen Städten, in denen evangelischer Gottesdienst erlaubt blieb - wurde von ihren Verbündeten vorgeworfen, ohne Rücksprache eine für alle anderen Evangelischen nachteilige Regelung akzeptiert zu haben.59 Im August 1573 hielten südfranzösische Evangelische in und Versammlungen ab und formulierten eigene Friedensbedingungen, u.a. die Rehabilitierung der im Zuge der Bartholomäusnacht Getöteten und das Recht, an weiteren Orten Gottesdienste abzuhalten.60 Der lehnte dies ab, sandte aber Delegierte zu weiteren Verhandlungen.61
Eine Einigung zwischen der Krone und dem evangelischen Bündnis in Südfrankreich gelang jedoch nicht. Vielmehr hielt letzteres weitere politische Versammlungen ab und stellte Truppen auf.62 Am Hof gewannen gleichzeitig die Guisen an Einfluss, die jede Verständigung mit den Evangelischen ablehnten. Als deren Gegenspieler unter dem Verdacht der Beteiligung an einer antiköniglichen Verschwörung gefangen genommen wurde,63 setzte der König auch dessen Bruder , als Gouverneur des südfranzösischen ab.64 Daraufhin verbündete sich mit den dortigen Evangelischen.65 Der Konflikt mündete ab 1574 in Kampfhandlungen zwischen diesem Bündnis und königlichen Truppen. Durch das Edikt von Beaulieu, das diesen fünften Religionskrieg im Mai 1576 beendete, wurde das Edikt von Boulogne abgelöst.66
Unterzeichner und Unterhändler↑
Unterzeichner
Als königliches Edikt ist der Friede durch den französischen König unterzeichnet. Für den conseil des Königs zeichnet , für die Verlesung, Publikation und Registrierung im parlement von Paris sowie für die Kollation des Textes mit dem Original .
Unterhändler
Als Gesandte des französischen Königs waren an den Friedensverhandlungen beteiligt: ; ; ; ; ; ; ; ; Staatssekretär .
Seitens der Belagerten waren beteiligt: der Bürgermeister von , , und der städtische Truppenführer , eventuell auch Vertreter von und .67
In der Vorrede des Edikts werden neben , , , , und als im Auftrag am Friedensschluss Beteiligte genannt: der Bruder des und Anführer der Belagerungstruppen vor , ; der jüngere Bruder ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; .
Als Berater des werden dort zudem aufgelistet: die Königinmutter und langjährige Regentin ; ; ; der Kanzler ; ; ; der ; die Präsidenten des parlement von , , und ; ; ; die seigneurs von und .
Inhalt↑
Die Vorrede des Edikts blickt auf die Belagerung von und auf die Friedensverhandlungen zurück. Der Hauptteil regelt die Duldung des durchgängig als »vorgeblich reformierte Religion« (»religion prétendue réformée«) bezeichneten evangelischen Glaubens insbesondere in , und sowie generell im . Abschließend werden Veröffentlichung, Registrierung und Befolgung des Edikts angeordnet.
Der in fünfundzwanzig Artikel gegliederte Hauptteil enthält die folgenden Bestimmungen:
Die Erinnerung an alle Konflikte, die sich seit dem 24. August 1572 zugetragen haben, soll ausgelöscht sein; es ist verboten, deswegen Gerichtsprozesse anzustrengen (Art. 1). Provokationen werden als Störung des öffentlichen Friedens geahndet (Art. 2).
Die »katholische und römische Religion« (»Religion Catholique & Romaine«), wie der alte Glaube im Edikt genannt wird, soll an allen Orten des wieder etabliert werden. Alle, die während des Kriegs Häuser, Güter oder Einnahmen von Geistlichen oder anderen Altgläubigen in Besitz genommen haben, sollen sie zurückerstatten (Art. 3).
In den Städten , und ist die Praxis des evangelischen Glaubens in Häusern und an anderen im Besitz von Gläubigen befindlichen Orten erlaubt, hingegen nicht in der Öffentlichkeit (Art. 4). Anderenorts ansässige Evangelische dürfen in ihre Häuser zurückkehren und sich an allen Orten des aufhalten. Adlige und Personen mit obrigkeitlichen Befugnissen, die seit dem 24. August 1572 auf seiten der genannten Städte gekämpft haben, genießen in ihren Häusern Gewissensfreiheit und dürfen dort Taufen und Hochzeiten abhalten, wenn daran neben Eltern und Paten maximal zehn Personen teilnehmen. Ausgenommen von letzterer Regelung sind der Hof und die im Umkreis von zwei Meilen liegenden Orte, außerdem die Stadt, prévôté et vicomté von und die im Umkreis von zehn Meilen darum herum liegenden Orte (Art. 5).
Begräbnisse von Evangelischen sollen von Amtsträgern des Bezirks angemessen geregelt werden (Art. 6). Falls Evangelische genötigt worden sind, sich zum Glaubenswechsel zu verpflichten, ist dies nichtig (Art. 7). Die Aufnahme in Universitäten, Schulen, Hospitäler und Armenhäuser soll unabhängig von der Religion erfolgen (Art. 8).
Evangelische Untertanen dürfen ihren Besitz verkaufen und sich an einem anderen Ort inner- oder außerhalb des niederlassen, außer in Ländern, mit denen sich im Krieg befindet (Art. 9).
Den Einwohnern von , und und ihren Parteigängern wird die Rückerstattung aller Gelder und Güter erlassen, die sie seit dem 24. August 1572 beschlagnahmt haben (Art. 10). Ihnen und ihren Erben soll wegen der Militäraktionen, Rechtssetzungen und Bündnisverhandlungen keine Rebellion oder Majestätsbeleidigung vorgeworfen werden (Art. 11). Der erklärt sie unter der Bedingung zu getreuen Untertanen, dass sie ihm Treue schwören, von Bündnissen inner- und außerhalb des Abstand nehmen, ohne königliche Erlaubnis keine Truppen oder Gelder mehr sammeln und außer den im Edikt genannten unbewaffneten Versammlungen keine Zusammenkünfte abhalten. Zuwiderhandlungen werden als Verstoß gegen königliche Befehle bestraft (Art. 12).
Kriegsgefangene und anlässlich des Kriegs aus Religionsgründen Festgesetzte sollen ohne Lösegeld freigelassen werden. Bezahlte Lösegelder dürfen jedoch nicht zurückgefordert werden (Art. 13).
Evangelische sollen nicht stärker mit Abgaben belastet werden als Altgläubige (Art. 14).
Alle rechtlichen Festlegungen, die seit dem 24. August 1572 gegen die Evangelischen in , und ergangen und nicht beiden Parteien zugestellt worden sind, werden aufgehoben. Prozesse sollen auf den Stand vor dem 24. August zurückversetzt werden. Betroffene sollen ihre Güter zurückerhalten, ungeachtet zwischenzeitlicher Enteignungen, Verkäufe oder Schenkungen (Art. 15). Die Erben derjenigen, die in den genannten Städten zu Tode gekommen sind oder im Krieg auf deren Seite gekämpft haben, sollen in den Besitz ihres Erbes kommen (Art. 16). Alle Amtsträger in , und , die aufgrund ihrer Religion oder des aktuellen Kriegs abgesetzt worden sind, sollen wieder eingesetzt werden. Die Amtsträger anderer Orte sollen sich gemäß der publizierten königlichen Deklarationen verhalten (Art. 17).
Rechtsstreitigkeiten in Zivil- oder Strafsachen, bei denen die Parteien unterschiedlichen Religionen angehören, sollen in erster Instanz vor den zuständigen Richtern verhandelt werden. Im Falle einer Appellation an das jeweils zuständige Parlament will der König unverdächtige Richter bestellen, jedoch nur ein Jahr lang ab Publikation des vorliegenden Edikts und mit Ausnahme des Parlaments von in Bezug auf . Zu persönlichem Erscheinen ist niemand verpflichtet (Art. 18).
Die Einwohner von , und sollen in den Genuss ihrer alten und der neuen Privilegien kommen; ohne ihre Zustimmung sollen dort keine Garnisonen aufgestellt oder Befestigungen gebaut werden. Sie sollen jedoch zwei Jahre lang jeweils vier vornehme evangelische Einwohner als Bürgen stellen. Diese wird der König unter den durch die Stadt Benannten auswählen und regelmäßig auswechseln. Sie sollen sich an einem vom König benannten Ort aufhalten, der mindestens fünfzig Meilen von den genannten Städten entfernt liegt und bei dem es sich nicht um oder handeln darf. Der König will in den genannten drei Städten unverdächtige Gouverneure einsetzen. Die Bewachung der Befestigungen bleibt Privileg der Einwohner (Art. 19).
Direkt nach Publikation des Edikts im königlichen Heer sollen die Waffen abgelegt werden; nur der und sein sind davon ausgenommen. Alle Truppen sollen von den genannten Städten abziehen; errichtete Befestigungen sollen zerstört werden. Der freie Waren- und Personenverkehr in soll wiederhergestellt werden. Einquartierungen sollen beendet und die requirierten Häuser und Schlösser den vorherigen Besitzern zurückerstattet werden (Art. 20).
Beschlagnahmte Gegenstände sollen den Besitzern zurückgegeben werden. Jedoch soll den Käufern für alle auf offizielle Anordnung verkauften Güter der Kaufpreis erstattet werden (Art. 21). Jeder darf in sein Haus zurückkehren und die Ernte des aktuellen Jahres nutzen, ungeachtet seit dem 24. August 1572 erfolgter Pfändungen. Ebenso soll jeder ausstehende Einkünfte erhalten, die von der Krone oder auf ihre Anweisung hin eingezogen worden sind (Art. 22). Konfiszierte Urkunden und Dokumente sollen den Eigentümern zurückerstattet werden (Art. 23).
Evangelische sollen an Feiertagen nicht arbeiten, nichts verkaufen und keine Läden öffnen. An Tagen, an denen die »katholische und römische Kirche« (»eglise catholique et Romaine«) den Verzehr von Fleisch verbietet, sollen Metzgereien geschlossen sein (Art. 24).
Königliche Amtsträger sollen dafür sorgen, dass die wichtigsten Einwohner der genannten Städte die Einhaltung des Edikts schwören, sich dabei gegenseitig überwachen und sich verpflichten, Übertretungen zu ahnden oder Zuwiderhandelnde der Obrigkeit zu übergeben (Art. 25).
Überlieferung und Textvorlage↑
Französischer Text
Handschrift
- Paris, Archives nationales, X1A 8630, fol. 470r-476r, registre [Archivkatalog]
Drucke
- 1) EDICT DV || ROY SVR
LA || PACIFICATION || des Troubles de
ce || Royaume. || Publié à Paris en Parlement le
vnziéme || iour d’Aoust, 1573.
Paris: Fédéric Morel 1573, 8 Bl., 4° (USTC 46691).
Benutztes Exemplar: Paris, BNF, Sign. F 46845(2) [Digitalisat] - 2) EDICT DV || ROY SVR
LA || PACIFICATION || des Troubles de
ce || Royaume. || Publié à Paris en Parlement le
|| vnziéme iour d’Aoust, 1573.
Paris: Fédéric Morel 1573, 14 Bl., 4° (USTC 1554).
Benutztes Exemplar: Paris, BNF, Sign. F 46845(3) [Digitalisat].
Textvorlage
Der Edition liegt Druck 1 zugrunde; Fehler werden nach Druck 2 korrigiert. Es ist nicht eindeutig, welche Ausgabe den Erstdruck darstellt: Druck 1 und 2 als die zwei eindeutig belegten68 Drucke des königlich privilegierten Druckers 69 sind zwar unterschiedlich gesetzt, stimmen im Textbestand aber bis auf kleinere sprachliche und orthographische Varianten (die keinen Rückschluss auf eine Priorität zulassen) überein.
Die handschriftliche Überlieferung wird in der vorliegenden Edition berücksichtigt, indem die Edition in kollationiert wird. Dieser Edition liegt die oben genannte Handschrift zugrunde.
Deutsche Übersetzung
Drucke
- 1) EDICT || Koͤniglicher Maieſtat || auß Franckreich / den Frieden
vnd Ver||trag ſo newlicher zeit den 11. tag Augusti die-||ſes jetzigen
1573. Jars / zu Pariß im Par-||lament publiciert worden / anlangendt. ||
Jetzundt auß Frantzoͤſischer ſprach || trewlich verteutſchet.
Heidelberg: Johann Mayer 1573, 8 Bl., 4° (VD16 ZV 18837).
Benutztes Exemplar: Halle, ULB, Sign. No 1467 d [Digitalisat]. - 2) EDICT || Koͤniglicher Maieſtat || auß Franckreich / den Friden
vnd ver-||trag / ſo newlicher zeit den 11. tag Auguſti di-||ses jetzigen
1573. Jars / zu Paris im || Parlament publicirt worden / || anlangende.
|| Jetzund auß Frantzoͤſiſcher ſprach || trewlich verteutſchet.
Nürnberg: Johann Koler 1573, 7 Bl., 4° (VD16 F 2394).
Benutztes Exemplar: Wolfenbüttel, HAB, Sign. 218.11 Quod. (7) [Digitalisat]. - 3) EDICT || Koͤniglicher Maieſtat || auß Franckreich / den Frieden
vnd Ver-||trag ſo newlicher zeit den 11. tag Auguſti die-||ſes jetzigen
1573. Jars / zu Pariß im Par-||lament publicirt worden /|| anlangendt. ||
Jtzundt auß Frantzoͤſiſcher ſprach || trewlich verteutſchet.
Frankfurt am Main: Nikolaus Basse 1573, 10 Bl., 4° (VD16 F 2393).
Benutztes Exemplar: Wolfenbüttel, HAB, Sign. Alv Li 200 (7) [Digitalisat]. - 4) Edict || Koͤniglicher Maieſtat || auß Franckreich / den Frieden
vnnd || Vertrag ſo newlicher zeit den 11. tag Auguſti || dieſes jetzigen
1573. Jars / zu Pariß im || Parlament publicirt worden / an-||langendt.
|| Jtzundt auß Frantzoͤſiſcher ſprach || trewlich verteutſchet.
Frankfurt am Main: Nikolaus Basse 1573, 8 Bl., 4° (VD16 ZV 30817).
Benutztes Exemplar: Berlin, SBB PK, Sign. Flugschr. 1573 12a [Digitalisat]. - 5) EDICT || Küniglicher Maiestat || auß Franckreich / den Friden vnd
Ver-||trag / so newlicher zeit den 11. tag Augusti dieses || jetzigen
1573. Jars / zů Pariß im Parlament || publicirt worden / anlangendt. ||
Jetzundt auß Frantzoͤsischer spraach || trewlich verteutschet.
Frankfurt am Main: [o. Dr.] 1573, 8 Bl., 4° (VD16 ZV 6071).
Benutztes Exemplar: Gotha, FB, Sign. Hist. 219/3 (16) R.
Textvorlage70
Der Edition liegt Druck 1 zugrunde. Es ist nicht eindeutig, welcher der fünf im Jahr 1573 erschienenen Drucke die editio princeps darstellt: Alle Drucke bieten die gleiche Übersetzung. Textabweichungen zwischen Druck 1 einerseits, 2-5 andererseits legen nahe, dass es sich bei den letzteren vier um eine Druckfamilie handelt, lassen jedoch keinen Rückschluss auf die Priorität zu.71 Der besonders sorgfältige Druck 1 stammt vom Heidelberger , der oft im Auftrag des kurfürstlichen Hofs agierte,72 also aus einem Umfeld, das Beziehungen nach unterhielt und oft Partei für die dortigen Evangelischen ergriff.73 Druck 3 und 4 hingegen kommen aus der durch Nachrichtenpublikation hervorgetretenen Offizin in Frankfurt.74 Sie sind verschieden gesetzt; der Text stimmt aber bis auf kleinere orthographische Varianten überein. Der unfirmierte Druck 5, ebenfalls aus Frankfurt, folgt auch dieser Fassung, bietet aber spezifische, teils wenig sinnvolle Lesarten75 und stellt wohl nicht den Erstdruck dar. Noch eindeutiger ist letzteres bei dem von dem Nürnberger 76 besorgten Druck 2, der charakteristische Lesarten77, eine gegenüber allen anderen Drucken abweichende Zeichensetzung und eine nur als Korrektur der Version von 3-5 verständliche Variante78 bietet, aber nicht die für 5 spezifischen Lesarten. Das legt eine Abhängigkeit von 3 oder 4 nahe. Ob Druck 3/4 oder Druck 1 Priorität zukommt oder beide Versionen auf die gleiche Vorlage zurückgehen, muss hingegen offen bleiben.
Literatur↑
Editionen
Französischer Text
Deutsche Übersetzung
Editionen der zeitgenössischen deutschen Übersetzung liegen bislang nicht vor.
Forschungsliteratur (Auswahl)
- Crouzet, Denis, La nuit de la Saint-Barthélemy. Un rêve perdu de la Renaissance, [Paris] 1994.
- Holt, Mack P., The French Wars of Religion, 1562-1629, 2. Aufl., Cambridge 2005 (New Approaches to European History), S. 76-98.
- Jouanna, Arlette, Le temps des guerres de religion en France (1559-1598), in: Jouanna, Arlette u.a. (Hg.), Histoire et dictionnaire des guerres de religion, Paris 1998, S. 1-445, hier S. 185-214.
- Le Roux, Nicolas, Les guerres de religion 1559-1629, Paris 2009 (Histoire de France), S. 115-158.
- Sutherland, Nicola Mary, The Massacre of St Bartholomew and the European Conflict 1559-1572, London / Basingstoke 1973.
Vollständige Bibliographie
Fußnoten
-
Darstellung
-
Zugriff
- Download der XML
-
Corinna Ehlers , Edikt von Boulogne (Juli 1573) - Einleitung, in: Europäische Religionsfrieden Digital, hg. von Irene Dingel und Thomas Stäcker, URL: https://purl.ulb.tu-darmstadt.de/vp/a000008-0503 (14.10.2024)